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Ungemütlich, zumindest für Nesträuber: Dieses Krähennest wurde in Rotterdam gefunden.

© Kees Moeliker

Wildwechsel: Wie Rabenvögel die Vogelabwehr für sich entdecken

Um Fassaden und Passanten unter Schlaf- und Nistplätzen zu schützen, werden an Gebäuden stachelige Vogelabwehrstreifen angebracht. Krähen und Elstern schreckt das nicht, im Gegenteil.

Eine Kolumne von Patrick Eickemeier

Es kommt Auke-Florian Hiemstra vor wie ein Witz: „Sogar für mich als Nestforscher sind das die verrücktesten Vogelnester, die ich je gesehen habe“, sagte der Forscher vom Naturalis Biodiversity Center in Leiden in den Niederlanden. Es ist eine geradezu rebellische Anpassung der Vögel an das Leben in der Stadt.

Beim engen Zusammenleben mit Menschen sind es meist die Tiere, die sich einschränken müssen. So wird vor allem Tauben, nach Schätzungen gibt es in Städten weltweit 500 Millionen von ihnen, der Anflug geeigneter Rast- und Nistplätze verwehrt. Gespannte Drähte und vielerorts auch Bänder mit in allen Richtungen abweisenden Stacheln sollen Landungen und die befürchteten Entleerungen vor Ort verhindern.

Von Rabenvögeln ist bekannt, wie geistig flexibel sie mit neuen Herausforderungen umgehen. Die stachelbewehrten Fenstersimse und U-Bahn-Station-Dachbalken müssen ihr Interesse geweckt haben – auf der Suche nach geeignetem Nistmaterial.

Dieses Elsternnest wurde in Antwerpen entdeckt.

© Auke-Florian Hiemstra 

Welche Materialien Vögel zum Nestbau verwenden, ist an ihrer Schnabelform erkennbar, berichtete kürzlich ein Forschungsteam in der Fachzeitschrift „Philosophical Transactions of the Royal Society B“. Manche verflechten kunstvoll Grashalme, andere häufen Steinringe auf. Auch neue Materialien wie Plastiktüten, Drähte oder Zigarettenfilter kommen zum Einsatz. Rabenvögel wie Krähen und Elstern nutzen – normalerweise – vor allem Zweige für ihre teils überdachten Nester.

Auf dem Hof eines Krankenhauses im belgischen Antwerpen entdeckte ein Patient hoch in einem Baum ein ungewöhnliches Elsternnest. Die Vögel hatten es aus rund 1500 der langen Vogelabwehr-Spikes gebaut. Sie mussten dazu etwa 50 Meter der stachelbewehrten Bänder abgeerntet haben. „Eine uneinnehmbare Festung“ kommentierte Hiemstra. Offenbar benutzten die Elstern die Stacheln ganz so wie Menschen: um andere Vögel, vor allem potenzielle Nesträuber, abzuhalten.

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