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Auch wer nicht studiert, kann in der Volkswagen-Universitätsbibliothek kostenlos Medien ausleihen. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt: Das lohnt sich – auch wegen des wachsenden digitalen Angebots. 

© Universität der Künste Berlin (O.A.Se)/Christina Giakoumelou

Zwischen Apfelkunde und alten Noten: Die Bibliothek von TU und UdK steht allen offen

Auch wer nicht studiert, kann in der Volkswagen-Universitätsbibliothek kostenlos Medien ausleihen. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt: Das lohnt sich – auch wegen des wachsenden digitalen Angebots. 

Manchmal wandern nicht nur Bücher, sondern auch zottelige Monster aus Plüsch über den Tisch der Ausleihe. Die Stofftiere nach dem Kinderbuch „Wo die wilden Kerle wohnen“ aus dem Jahr 1985 kann man sich aus dem Magazin bestellen. „Die Medienvielfalt ist bei uns etwas größer als in anderen Bibliotheken“, sagt Yves Hauffe.

Normalerweise kümmert er sich um die Öffentlichkeitsarbeit der Universität der Künste (UdK), einmal die Woche steht er aber auch selbst an der Leihstelle direkt hinter dem Eingang, über dem in großen Buchstaben „Volkswagen-Universitätsbibliothek“ steht.

Wer das quaderförmige Gebäude aus Backsteinen in der Fasanenstraße 88 in Charlottenburg betritt, findet hier auf fünf Etagen das geballte Wissen zweier ganz unterschiedlicher Hochschulen: der Technischen Universität (TU) und der Universität der Künste (UdK).

Bibilotheksausweise auch für Nicht-Studierende

Rund 2,7 Millionen Bücher, Zeitschriften, Filme und Audio-Medien zu Mathematik, Informatik und Naturwissenschaft, aber auch Kunst, Musik und Design sind hier unter einem Dach versammelt. Seit letztem Jahr kann jeder – also auch, wer nicht studiert – kostenlos einen Bibliotheksausweis bekommen. Das lohnt sich auch wegen des wachsenden digitalen Angebots.

2,7
Millionen Bücher, Zeitschriften, Filme und Audio-Medien

Im Kellergeschoss zieht Yves Hauffe eine schwere Stahltür auf. Normale Besucher:innen kommen hier nicht herein, denn in dem kleinen Raum lagern die Schätze der Bibliothek: Bücher aus der Abteilung „Rara“. Wie eine Schatzkammer sieht es hier allerdings nicht aus. Betonboden, keine Fenster, an den Wänden stehen graue Eisenschränke.

Was hinter den Schranktüren aufbewahrt wird, ist dafür umso schöner, darunter zum Beispiel das lateinische Geschichtskompedium „Speculum Historiale“ von Vincenz von Beauvais, das 1494 in der Frühzeit des Buchdruckes entstand oder ein handkoloriertes Bühnenbild, das Karl Friedrich Schinkel 1819 für die Oper „Die Zauberflöte“ anfertigte.

Da wertvolle Bücher nicht mit Wasser gelöscht werden dürfen, gibt es hier eine Argon-Anlage. Bricht Feuer aus, wird innerhalb von Minuten der Sauerstoff aus dem Raum verdrängt, um die Flammen zu ersticken. „Vorher geht natürlich ein lauter Alarm los, so dass man noch zwei Minuten Zeit hat zu verschwinden“, sagt Yves Hauffe.

Er zieht sich Handschuhe an, öffnet behutsam ein über 250 Jahre altes Buch. „Regnum Florae: das Reich der Blumen mit allen seinen Schönheiten“, steht in verschnörkelten Buchstaben auf dem Titel. Vorsichtig blättert er die Seiten um. Im Inneren finden sich handgemalte botanische Illustrationen von Pflanzen, Blüten, Knospen und Blättern, in verschiedenen Ansichten und leuchtenden Farben.

Die größte Spezialbibliothek für Gartenliteratur

Was viele nicht wissen: Die Deutsche Gartenbaubibliothek in der Volkswagen-Universitätsbibliothek ist mit rund 55.000 Titeln die größte Spezialbibliothek für Gartenliteratur in Deutschland. Während im Untergeschoss die ganz wertvollen Exemplare aufbewahrt werden, befindet sich in der ersten Etage ganz hinten der Freihandbereich. Dieser ist auch für Angelika Bruskowski, die seit mehr als 20 Jahren hier als Bibliothekarin arbeitet, schon immer ein Lieblingsort. Wann immer sie eine freie Minute findet, stöbert sie selbst gerne zwischen den Regalen herum, zwischen Büchern über Gemüse- und Zierpflanzenbau, Gartenarchitektur oder Pomologie: Der Lehre von den Obstsorten.

Zum Schmökern empfiehlt Angelika Bruskowski einen Platz an den großen Fenstern, durch die man weit über Charlottenburg blicken kann. Ihr gefällt außerdem die schlichte, schnörkellose Architektur der Bibliothek, die den ein oder anderen an ein Parkhaus erinnert. „Manche finden diesen nackten Beton ja schrecklich, ich mag das“, sagt Angelika Bruskowski.

Eröffnet wurde das Gebäude der Universitätsbibliotheken in der Fasanenstraße im Jahr 2004. Seitdem hat sich viel verändert. 

© Universität der Künste Berlin (O.A.Se)

An einem großen Bildschirm öffnet sie die digitale Version des alten Pflanzenbuchs aus der Schatzkammer im Keller. „Rare Bücher, die wir bereits digitalisiert haben, geben wir nur noch in sehr seltenen Fällen heraus“, sagt Angelika Bruskowski. Wer sie sich für Forschungszwecke im Original ansehen will, muss das schon gut begründen können.

Digitalisiert wird sorgfältiger als bei Google

Mehr als 2400 Bücher sind in den Universitätsbibliotheken von TU und UdK bis jetzt digitalisiert worden. Vorrang haben Titel, die oft nachgefragt werden, zwischendrin werden die raren Objekte digitalisiert. Hinter einer Tür in der vierten Etage legt Artem Bezukladnikov mit Handschuhen ein altes Notenheft auf eine Glasplatte. Auch hier handelt es sich um ein seltenes Exemplar: Choräle für Orgelspieler von Johann Christian Rinck aus dem 19. Jahrhundert. In der Bibliothek der UdK befindet sich der größte und historisch bedeutsamste Bestand unter den deutschen Musikhochschulbibliotheken, darunter Notendrucke aus dem 16. und 17. Jahrhundert oder auch Handschriften – zum Beispiel von Engelbert Humperdinck.

Der Scanner fährt leicht summend über das Heft. Die digitale Version des Notenblatts erscheint auf einem großen Bildschirm. Die Seiten sehen genauso leicht vergilbt aus wie das Original. „Ich mache bei jeder Seite einen Qualitätscheck“, sagt Artem Bezukladnikov. „Die Scans sollen so farbecht wie möglich sein.“

Hinter unserem Chat steckt immerhin kein Bot, sondern noch echte Menschen.

Angelika Bruskowski., Bibliotheksmitarbeiterin

Die sorgfältige Arbeit geht zwar langsamer, unterscheidet sich aber von Massen-Digitalisierungen wie etwa bei Google, das zwar als Unternehmen dafür gesorgt hat, dass innerhalb kürzester Zeit Millionen von Dokumenten im Netz zugänglich waren. Da die Digitalisierung aber automatisiert ablief, ging öfter mal etwas schief, so dass in Dokumenten immer wieder ganze Seiten fehlen. In der vierten Etage findet man aber auch noch die Medien von „gestern“: Tausende Schallplatten, CDs, DVDs und Videos. Dazu die jeweiligen Abspielgeräte.

Eröffnet wurde das Gebäude der Universitätsbibliotheken in der Fasanenstraße im Jahr 2004. Seitdem hat sich viel verändert. „Früher war die typische Bibliothekarin weiblich und stand hinter einer Theke“, erzählt Angelika Bruskowski. „Heute hat sie einen mobilen Laptop, mit dem sie von überall aus arbeiten kann. Ihre Aufgabe besteht darin, die Benutzer:innen zu befähigen so viel wie möglich selbst zu finden und zu recherchieren.“ Fragen kann man ihr auch über das Internet stellen. „Hinter unserem Chat steckt immerhin kein Bot, sondern noch echte Menschen“, sagt Angelika Bruskowski.

Mit einem Bibliotheksausweis kann man vor Ort auf fast das gesamte digitale Angebot zugreifen. Dazu gehört auch die „Teaching Library“ mit verschiedenen Lern-Apps. Die digitalisierten Sammlungen der TU-Bibliothek kann jeder einsehen – auch ohne Ausweis. Wer kann, sollte die Wochen vor den Prüfungen im Juni und Dezember meiden, denn dann ringen die Studierenden hier schon mal um jeden Stuhl.

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