Als sie dann Kopftuch trug, war sie die Fremde. Aber war sie denn nicht die dieselbe? Der Nachruf auf eine, die ihren Gott gefunden hat
Karl Grünberg
Nein sagen, sich streiten, sich mit einem eigenen Willen durchsetzen, dass konnte er nicht, noch nicht. Er lernte es, ein bisschen jedenfalls
Lauter Schicksalsschläge, aber standhaft hielt sie die Ordnung beisammen. Der Nachruf auf eine, die durchkam, irgendwie
Ein Theatermann im roten Porsche und mit Rolex am Arm. Aber eitel? Er war der ruhende Pol zwischen den Exzentrikern
Fehlte ein Klavier, fehlte die Inspiration, riefen sie ihn, und er sagte: Ja. An Bodenhaftung allerdings mangelte es ihm zuweilen.
Lange war sie auf der Suche nach ihrem Platz im Leben, machte eine Yoga-Ausbildung, lernte Hebräisch. Der Nachruf auf eine, die schließlich angekommen schien
Er lieferte sich Kopf-an-Kopf-Rennen bei 44 Grad, startete 17-mal bei der Tour de France und beendete seine Karriere mit einem Weltrekord. Ein Treffen im Grunewald.
Er durchdachte die Dinge gern, ging tief in die Details. Als er sich dem Tod näherte, nahm er sich seinen Sohn zum Vorbild, der ihm vorangegangen war.
Weil sie immer auf die Stühle kletterte, erhielt sie eine Rüge. Drum kaufte sie sich eine Klappleiter. Nachruf auf die kleine Fotografin der jüdischen Gemeinde.
Er dankte den Amerikanern, er ging zur Polizeireserve, er war Beamter in der Innenverwaltung. Vom Leben in einer nervösen Stadt
Er war einer der ganz frühen Fahrradverrückten. Und blieb bis zum Ende bei dem Thema: das Vorwärtskommen in der Stadt
Sie war Hausfrau, sie war stolz darauf, und sie war so viel mehr. Der Nachruf auf eine überzeugende Person
Die Army war nichts für ihn. Schon eher die Jesus-Rolle, wenn auch nur als Ersatz und nie im Einsatz. Spaß hatte er trotzdem.
Wenn die Partei sie brauchte, kam sie mit ihrem roten Fahrrad angedüst. Wenn ein Protokoll zu führen war, sie tat es.
War er auf eine Reinigung besonders stolz, hängte er das frisch leuchtende Textil im Schaufenster aus. Der Nachruf auf einen echten Saubermann.
Er war Koch, Rockgitarrist, Versicherungsagent und Mikrobiologe. Denn wenn er einen Plan gefasst hatte, setzte er ihn auch um.
Ein ewig langes Studium, kein Abschluss. Halb so schlimm; er wusste ja, was er konnte: Musik machen, Chöre leiten.
Die Nazi-Tattoos hat Maik Scheffler übermalen lassen, alte Freunde wurden zu Feinden. Nur seine Schuld lässt er nicht so leicht zurück.
Aufgewachsen in Chile, eingesperrt, verfolgt. Dann Deutschland: kalt im Winter, ernst die Leute. Da war er anders.
Aus dem, was war, mussten doch Schlüsse gezogen werden. Demonstrationen etwa, Sitzblockaden, Friedensfahrten. Und zur Beruhigung: die Mathematik
Die Frage ist nicht, ob ein Rad gestohlen wird, sondern wann. Kann man denn gar nichts tun? Doch: Die Maschen der Diebe und Tipps von Ermittlern.
Schneiderin, Vertreterin, Model, Malerin - sie dachte gar nicht daran, sich festzulegen.
Denn der Geist kann einem die wahnwitzigsten Sachen vorgaukeln.
Er wollte frei sein! Bei der Familienplanung ließ ihm sein Beruf, Kameramann, aber nicht viel Freiraum.