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Berlins Warenhäuser, hier das KaDeWe, haben sich bisher nicht auf das veränderte Kaufverhalten der Kundschaft eingestellt.

© dpa/Jens Kalaene

Berlins Wirtschaft ist gespalten: Der Handel ächzt, der Tourismus jubelt

Hohe Preise, teure Energie und Lieferprobleme machen vielen Branchen zu schaffen. Für andere geht es aufwärts. Das zeigt eine aktuelle Umfrage der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg.

Die Pandemie ist weitgehend überstanden, der Schock nach dem Kriegsbeginn in der Ukraine ist mehr als ein Jahr her – und doch sind die Branchen der Wirtschaft in der Region gespalten. Während die einen unter den hohen Preisen, gestiegenen Energiekosten und Lieferschwierigkeiten leiden, freuen sich die anderen, dass es aufwärts geht. So etwa lautet das Ergebnis der jährlichen Konjunkturumfrage der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) unter ihren 60 Mitgliedsverbänden.

Die Chemie klagt, die Metall- und Elektroindustrie ist zufrieden

Besonders in der Industrie gehen die Einschätzungen auseinander: Während die Chemie sowie die Papier- und die Kunststoffbranche unter den hohen Gas- und Strompreisen litten, ähnlich wie nahezu alle energieintensiven Branchen, sind die Pharma- oder die Metall- und Elektroindustrie guter Dinge für das laufende Jahr.

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Auch beim Handwerk sind die Prognosen nicht einheitlich. Zwar ist laut UVB die Lage im Handwerk insgesamt gut, aber die derzeit stoppende Baukonjunktur bremse die Erwartungen, sagte UVB-Hauptgeschäftsführer Christian Amsinck am Dienstag bei der Vorstellung des Berichts.

Geschäftslage und Erwartungen im Dienstleistungssektor in Berlin.

© Quelle: UVB

Während Malerinnen und Lackierer ebenso wie Landschaftsgärtner:innen gelassen auf die derzeitige Entwicklung blicken, sieht es beim Elektrohandwerk nicht so gut aus, auch Tischler- und Dachdecker äußerten sich eher skeptisch.

Guten Grund zum Jubeln hingegen haben die Hotellerie und die Tourismusbranche. Nach einer harten Zeit mit mehreren Lockdowns in der Pandemie, werden die Aussichten sogar als gut bis sehr gut prognostiziert, denn Messen und Konferenzen finden wieder in Präsenz statt und Berlin-Besucher kommen wieder aus der ganzen Welt in die Stadt.

Bei den Dienstleistungen klagt das Gesundheitswesen über Personalmangel und teure Energie; als Verlierer in der aktuellen Lage steht Handel da. Er ächzt unter der „schlechten Konsumlaune“, wie es hieß. Das kann der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen bestätigen: „Der Einzelhandel erreicht bei Weitem nicht die Zahlen von 2019“, sagt er dem Tagesspiegel. Die „toxischen Auswirkungen“ der Pandemie und des Ukraine-Kriegs seien überall sichtbar: „Fast täglich schließen Unternehmen, gehen in Schutzschirm- oder Insolvenzverfahren.“

Freude herrscht bei den UVB über die Ankündigung des künftigen Senats, zehn Milliarden Euro für den Klimaschutz bereitstellen zu wollen. Das Geld müsse dann aber auch in die Transformation der Wirtschaft fließen, beteuerte Amsinck. Seine Vorschläge: eine stärkere Förderung der Industrie bei der Umstellung auf erneuerbare Energien und auf eine klimaschonende Produktion.

Dazu gehöre auch der Einsatz künstlicher Intelligenz oder 3D-Druck für eine ressourcenschonende Fertigung in der Stadt. Man sei längst „auf dem Weg der notwendigen Dekarbonisierung“, mit dem Programm für Klimaschutz könne noch mehr erreicht werden.

Zusätzlich brauche die Hauptstadt einen starken Aufschlag in der Industriepolitik. „Eine leistungsfähigere digitale Infrastruktur, einen besseren Technologietransfer gerade für Mittelständler und eine engere Abstimmung mit Brandenburg stehen für uns ganz oben“, erklärte die UVB.

Die Klimaneutralität bis 2030 ist eine Illusion. Sie ist weder technisch noch finanziell noch politisch erreichbar.

Christian Amsinck, UVB-Hauptgeschäftsführer

Was den Klima-Volksentscheid am kommenden Sonntag angeht, so ist die Meinung des Spitzenverbands sehr klar: strikte Ablehnung. Warum? „Die Klimaneutralität bis 2030 ist eine Illusion. Sie ist weder technisch noch finanziell noch politisch erreichbar“, begründet Amsinck.

Bei der Technik fehlten die Möglichkeiten, das Wärmesystem, die Stromerzeugung und den Verkehr binnen sechseinhalb Jahren zu dekarbonisieren. Finanziell könne Berlin die nötigen Investitionen und Förderprogramme aus eigener Kraft nicht annähernd bereitstellen. Politisch scheitere das 2030er-Ziel daran, dass die Hoheit über viele notwendige Gesetze und Regeln beim Bund und bei der EU liege.

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