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Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) und Burkhard Kieker, Geschäftsführer der Berlin Tourismus & Kongress GmbH (visitBerlin) luden zum diesjährigen „Bestival“.

© Frank Nürnberger

Konferenz im Vintage-Look: Wie Berlin die Business-Reisenden zurückholen will

1000 nationalen und internationalen Vertreter:innen der Veranstaltungs- und Reisebranche wird die Hauptstadt präsentiert. Techno-Partys und Yoga-Workshops sollen dabei helfen.

Seit Franziska Giffey (SPD) nicht mehr Regierende Bürgermeisterin ist, sondern Wirtschaftssenatorin, kann es passieren, dass sie auf Pressekonferenzen in Wohnzimmern spricht. Oder zumindest auf Pressekonferenzen in Zimmern, die aussehen wie Wohnzimmer.

Bei der Auftaktpressekonferenz zum Bestival, einem Branchen-Event der Tourismus- und Kongresswirtschaft, steht Giffey vor einem rustikalen Tisch auf einem knittrigen Vintage-Teppich und spricht zu einer Handvoll Journalist:innen, die ebenfalls an einem rustikalen Tisch auf unterschiedlich zusammen gewürfelten Holzstühlen sitzen.

Das zweitägige Event findet nämlich in der Heeresbäckerei und im Sage Beach in Kreuzberg statt. Veranstaltungsorte, in denen alles genau so dekoriert ist, wie man sich eine hippe Berlin-Konferenz vorstellt: unprätentiös im Wohnzimmer-Style und trotzdem exklusiv, weil man ja erstmal in dieses Wohnzimmer reinkommen muss. Auf dem Programm stehen Yoga-Workshops, Zero-Waste-Seminare und eine Techno-Party in der „Fiesen Remise“.

Das Bestival gibt es zum dritten Mal

Worum also geht es hier genau? Der Pressesprecher von visitBerlin, Christian Tänzler, sagt zu Beginn der Pressekonferenz: „Es geht hier heute um Tourismus, aber um Tourismus, der oft gar nicht so richtig sichtbar ist, es geht nämlich nicht um Gäste, die uns nicht aus Freizeitgründen hier besuchen, sondern um die, die wegen des MICE-Business hier sind.“ Das weltweit in touristischen Fachkreisen genutzte Akronym steht für „Meetings, Incentives, Conventions Exhibitions“. Es geht um Geschäftsreisen – auch solche mit Erlebnis-Charakter als Anreiz oder Belohnung für Mitrabeitende (Incentives), Messen, Kongresse und Ausstellungen, die man in Berlin besuchen kann.

Es geht hier heute um Tourismus, aber um Tourismus, der oft gar nicht so richtig sichtbar ist,

Christian Tänzler, Sprecher von visitBerlin

Dieses touristische Segment ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Die Veranstaltungen und ihre Gäste brachten 2022 etwa 1,3 Milliarden Euro in die Stadt. Daraus ergibt sich eine Bruttowertschöpfung von circa 720 Millionen Euro.

1,3
Milliarden Euro brachten Besucher von Veranstaltungen 2022 nach Berlin.

Das Konzept des „Bestivals“ ist es also, Gäste zu locken. Das will die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe und die Tourismusmarketingagentur Visitberlin tun, indem sie Berlin präsentiert – und zwar vor nationalen und internationalen Vertreter:innen der Veranstaltungs- und Reisebranche. Den rund 1000 Gästen soll gezeigt werden: Seht her, das ist Berlin, das kann man hier alles Tolles machen, deshalb kommt her und haltet eure Messen und Tagungen hier ab!

Das Bestival gibt es bereits zum dritten Mal – und das, das machen Burkhard Kieker, der Chef von visitBerlin und Franziska Giffey unmissverständlich deutlich, mit Erfolg. Denn das Berliner Kongressgeschäft soll sich nach der Pandemie gut erholt haben: 2022 reisten rund 5,9 Millionen Teilnehmer:innen zu Veranstaltungen in die Hauptstadt. Ein Plus von 84 Prozent im Vergleich zu 2021, allerdings noch 37 Prozent unter dem Niveau von 2021.

Bleibt das Bedürfnis nach realen Treffen?

Vielversprechend soll sich auch die Anzahl der Präsenzveranstaltungen in Berlin entwickelt haben: Vergangenes Jahr fanden 64.813 reine Präsenzveranstaltungen statt. Damit hat sich die Zahl gegenüber 2021 mehr als verdreifacht und erreicht nahezu das Vorkrisenniveau von 2019.

Das klingt alles nach einer ziemlich positiven Entwicklung für eine Branche, die während der Pandemie massiv gebeutelt war und von der man annahm, dass sie sich nicht so schnell erholen und vielleicht sogar nie wieder so werden würde, wie sie war. Immerhin haben während der Coronakrise etliche Arbeitsteams Videokonferenzen für sich entdeckt, digitale Chatprogramme und sogar virtuelle Hangouts. Doch Burkhard Kieker ist der Meinung, dass der Mensch das Bedürfnis nach realen Treffen hat. „Das ist tief in unserer DNA verankert“.

Allerdings hatte der Direktor vom Park Inn am Alexanderplatz erst vor wenigen Monaten in dieser Zeitung beklagt, dass noch immer viel weniger Businessreisende als vor Corona kämen. Er berichtete, dass die Kongresse zwar weiterhin stattfänden, jedoch seltener und häufig mit kleinerer Teilnehmerzahl. Im Gegenzug nehme die Anzahl an digitalen Meetings zu.

Das könnte erklären, warum die Zahl der Präsenzveranstaltungen zwar fast wieder auf dem Vorkrisenniveau ist, die Anzahl der Teilnehmer:innen von Veranstaltungen aber noch lange nicht. Aber darum soll es heute nicht gehen, stattdessen soll Berlin an diesem Donnerstag strahlen, nach außen.

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