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ARCHIV - 30.06.2023, Berlin: Blick auf eine graue Hausfassade mit vielen Fenstern. Der Druck am Mietmarkt in deutschen Metropolen hat laut einer neuen Studie zugenommen. (zu dpa «Studie: Mietanstieg in Metropolen beschleunigt sich») Foto: Christophe Gateau/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Christophe Gateau

Update

Berliner Wohnungsbündnis in der Kritik: Adler Group verstößt offenbar gegen Begrenzung von Mieterhöhungen

Das Unternehmen Adler hält sich wohl nicht an Vereinbarungen in dem Wohnungsbündnis. Der Senat sieht die Mieter:innen in der Verantwortung.

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Das vor rund einem Jahr geschlossene „Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen“ gerät immer stärker in die Kritik. Dass insbesondere private Wohnungsunternehmen den freiwilligen Zielvorgaben beim Mieterschutz nicht vollständig nachkommen, hatte bereits vor wenigen Wochen ein Bericht des Senats gezeigt. Nun wurde bekannt, dass das Wohnungsunternehmen Adler Group offenbar eine zentrale Vereinbarung des Bündnisses ignoriert: die Begrenzung der Mieterhöhungen.

In dem Bündnis, das auch die Adler Group unterschrieben hat, hatten große Wohnungsunternehmen zugesagt, sich bei der Erhöhung von Mieten an einer geplanten Gesetzesänderung des Bundes zur sogenannten Kappungsgrenze zu orientieren. Demnach sollen Mieterhöhungen in Zukunft nur noch um maximal 11 Prozent über drei Jahre möglich sein und nicht wie aktuell um 15 Prozent.

Aus einer Auswertung des Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbunds (AMV), über die zuerst die „Berliner Zeitung“ berichtete, geht jedoch hervor, dass die Adler Group sich daran offenbar nicht hält und Mieten um 15 Prozent erhöht. Dem Tagesspiegel liegen entsprechende Mieterhöhungsschreiben vor. Darin beruft sich das Unternehmen explizit auf die aktuell geltende Kappungsgrenze von 15 Prozent sowie auf den kürzlich veröffentlichten Mietspiegel für Berlin.

Mieterhöhung über 15 statt über 11 Prozent

„Die Tatsache, dass die Adler Group die reduzierte Kappungsgrenze von 11 Prozent aus der Bündnisvereinbarung nicht einhält, sondern Mieterhöhungen von 15 Prozent von ihren Mieterinnen und Mietern verlangt, ist an Unverfrorenheit nicht zu übertreffen“, sagt Marcel Eupen, Vorsitzender des Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbundes. „Ihr Verhalten stellt eine Respektlosigkeit gegenüber dem Senat, den anderen Bündnispartnerinnen und Bündnispartnern und insbesondere gegenüber ihren Mieterinnen und Mietern dar.“

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Die Adler Group, die rund 18.000 Wohnungen in Berlin vermietet, reagierte bis Donnerstagabend nicht auf Anfragen des Tagesspiegels. Auch Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Martin Pallgen, Sprecher der Stadtentwicklungsverwaltung, teilte dem Tagesspiegel mit: „Wir erwarten von allen Bündnispartnern, dass sie sich an die Vereinbarungen, die sie unterschrieben haben, auch halten. Über Details – und Umfang – der jetzt öffentlich gewordenen Mieterhöhungen liegen uns zurzeit keine Informationen vor. Deswegen ist eine Bewertung von unserer Seite nicht möglich.“

Pallgen weist darauf hin, dass die Umsetzung der Selbstverpflichtungen in der jeweiligen Verantwortung der Bündnispartner liege. „Wir empfehlen Mieterinnen und Mietern, sich bei Zweifeln an der Umsetzung einer vereinbarten Selbstverpflichtung – in diesem Fall Mieterhöhungen – an das Wohnungsunternehmen zu wenden und sich auf die Bündnisvereinbarungen zu berufen“, sagte er.

CDU-Abgeordneter sieht SPD-Bausenator in der Pflicht

Beim Koalitionspartner der SPD erwartet man offenbar etwas mehr Initiative. „Ich gehe jetzt erstmal davon aus, dass die zuständige Senatsverwaltung Kontakt mit der Adler Group aufnimmt, um das zu klären“, sagte der stadtentwicklungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Gräff, dem Tagesspiegel. „Die Adler Group ist gut beraten, sich an die Versprechen, die sie gegeben hat, auch zu halten. Was das Unternehmen mit der Mieterhöhungsankündigung bei seinen Mietern und auch im politischen Berlin bewirkt, kann es an den aktuellen Reaktionen ablesen.“

Auch die mietenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Sevim Aydin erwartet, dass der Senat aktiv wird. Mit dem Mietenbündnis für bezahlbare Mieten sei die Adler Group eine freiwillige Selbstverpflichtung eingegangen und habe Verantwortung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt übernommen, äußerte sie sich gegenüber dem Tagesspiegel: „Es ist unakzeptabel, dass die Adler Group mehr Mieterhöhungen verlangt als die vereinbarten elf Prozent. Hier sollte der Senat klare Kante zeigen. Ein Mietenbündnis ist nichts wert, wenn es nicht eingehalten wird.“

Vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass sich ein anderer Bündnispartner, der Wohnungskonzern Vonovia, zumindest nicht aktiv um die Einhaltung der Vereinbarungen bemüht. Laut Selbstverpflichtung sollen große Wohnungskonzerne Mieterhöhungen für Menschen mit Wohnberechtigungsschein (WBS) auf maximal zwei Prozent bis Ende dieses Jahres beschränken.

Dennoch erhielten auch diese Mieterhöhungen in teilweise zweistelliger Höhe. Vonovia beruft sich darauf, dass sie nicht wüssten, welche ihrer Mieter einen WBS haben. Diese könnten einer Erhöhung widersprechen. Allerdings weist Vonovia in den Erhöhungsschreiben nicht darauf hin, dass eine entsprechende Vereinbarung gilt.

Grüne und Linke sehen das Wohnungsbündnis aufgrund dieser Vorfälle als gescheitert an. „Es vergeht aktuell kaum ein Tag, an dem keine neuen Verstöße gegen das Wohnungsbündnis bekannt werden“, sagte der Linken-Politiker Niklas Schenker dem Tagesspiegel. „Das Schweigen des Senats dazu wird immer lauter. Die Vereinbarungen im Wohnungsbündnis sind das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben wurden.“

Die mietenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Kathrin Schmidberger, sagte dem Tagesspiegel: „Die politische Luftnummer von damals entpuppt sich als saftige Mieterhöhung von heute – das Bündnis des Senats ist nun endgültig gescheitert. Wir erwarten eine öffentliche Erklärung des Senats mit der Zusicherung an die Mieter:innen, dass sie sich auf die Vereinbarung berufen können und bei möglichen Klageverfahren unterstützt werden.“

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