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Polizeibeamte stehen am Silvesterabend hinter explodierendem Feuerwerk.

© dpa/Julius-Christian Schreiner

„Fängt mit Spaß an und hört mit Wut auf“: Böllerverbotszone zu Silvester? Das dürfte vielen in Neukölln egal sein

Bundesinnenministerin Faeser hält erneute Silvesterausschreitungen in Berlin für möglich. Wie schätzen Experten vor Ort die Lage ein?

Die Ausschreitungen in der vergangenen Silvesternacht sind bei den Jugendlichen in Berlin-Neukölln auch kurz vor dem nächsten Jahreswechsel noch ein Thema. Das sagt die zuständige Jugendstadträtin Sarah Nagel (Linke). Vor allem aber auch, weil sich viele Jugendliche in der öffentlichen Debatte stigmatisiert fühlten.

Insgesamt schätzt Nagel das Aggressionspotenzial bei den Jugendlichen in diesem Jahr als geringer ein – nicht zuletzt, weil im vergangenen Jahr viele Projekte und Gespräche stattgefunden hätten.

Im vergangenen Jahr hätten sich viele Probleme gehäuft, sagt auch die Leiterin des Neuköllner Jugendamtes, Katrin Dettmer. Vor allem die Auswirkungen der Corona-Pandemie hätten zu viel Frustration geführt. „Wir haben den Jugendlichen im Grunde zwei Jahre lang verboten, das zu tun, was Jugendliche nun einmal tun müssen: andere Leute treffen“, sagt sie. Andererseits würden auch umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen und Jugendprojekte nie ganz verhindern können, dass es zu Ausschreitungen kommt.

„Die Jugendlichen werden böllern“, sagt Katrin Dettmer. Da sei auch völlig egal, dass die Innensenatorin Iris Spranger (SPD) den Neuköllner Reuterkiez – einen der Hotspots im vergangenen Jahr – zur Böllerverbotszone erklärt hat. „Dann gehen die Jugendlichen halt zwei Straßen weiter“, sagt Dettmer. Dabei zielt sie nicht nur auf junge Menschen ab, die randalieren wollen. „Bundesweit wollen die allermeisten Jugendlichen Silvester böllern“, sagt Dettmer.

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Ähnlich drückt sich auch Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) aus: „An Silvester gilt besonders, dass sich Schwerpunkte nur schwer planen lassen.“ Er erwarte durchaus, dass „einige der Israelhasser versuchen werden, auf den Silvesterzug aufzuspringen“, sagte Hikel dem Tagesspiegel. „Und wer Krawall machen will, wird sich erfahrungsgemäß nicht von Verboten davon abhalten lassen, sondern nur von entschiedenem Durchgreifen der Polizei.“

Das fängt mit Spaß an und hört mit Wut auf.

Katrin Dettmer, Leiterin des Neuköllner Jugendamtes, über Proteste als Events

„Es entschuldigt zwar nichts, aber ist in einem gewissen Ausmaß normal, dass Jugendliche – vor allem männliche – mal über die Stränge schlagen“, sagt Jugendstadträtin Nagel. Silvester sei für viele Jugendliche in Neukölln das zentrale Event im Jahr. „Die bereiten sich oft schon Wochen vorher darauf vor.“

Daran, dass der Nahost-Konflikt die Situation an Silvester verschärfen könnte, glauben Nagel und Dettmer nicht. Klar beschäftige die Situation in Israel und Palästina die Jugendlichen. „Aber unsere Jugendlichen sind nicht politisiert, nicht organisiert“, sagt Dettmer. Es sei viel mehr so, dass die jungen Menschen oft schon vorhandene Proteste spontan aufgreifen und einfach mitmischen würden. „Das fängt mit Spaß an und hört mit Wut auf“, sagt Dettmer.

Hinweise darauf, dass Jugendliche zu Silvester Aktionen mit Bezug auf den Nahost-Konflikt planen würden, habe das Jugendamt auch aus vielen Gesprächen bislang nicht. „Man muss aber auch sagen: Wir erreichen nicht alle Jugendlichen“, sagt Nagel. Dem Bezirksamt würden etwa Hinweise darauf vorliegen, dass für die Teilnahme an pro-palästinensischen Demonstrationen auch gezielt Minderjährige aus Geflüchtetenunterkünften rekrutiert worden seien.

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