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Der Einsatz in der Wohnung der syrischen Familie.

© Screenshot Tsp

Update

„Einen solchen Beamten wollen wir in Berlin nicht“: Innenstaatssekretär verurteilt Polizeieinsatz bei syrischer Familie

Der Senat verurteilt das Vorgehen eines Polizisten „aufs Schärfste“. Die Polizei bereitet offenbar ein Dienstverbot vor.

| Update:

Berlins Innenstaatssekretär Torsten Akmann (SPD) hat das Verhalten eines Beamten bei einer syrischen Familie als „absolut inakzeptabel“ bezeichnet und im Namen des Senats „aufs Schärfste“ verurteilt. „Einen solchen Polizeibeamten wollen wir in Berlin nicht“, sagte Akmann am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses.

„Wir klären diesen Vorfall lückenlos auf“, sagte der Staatssekretär. Es werde sowohl strafrechtlich als auch disziplinarrechtrechtlich ermittelt. Auch bei den anderen an dem Einsatz beteiligten Beamten werde dies geprüft.

Nach Tagesspiegel-Informationen wird in der Polizei ernsthaft erwogen, dem Beamten Jörg K. ein Verbot der Amtsausübung auszusprechen. Bei vollen Bezügen würde er dann für drei Monate nicht arbeiten können. In der Regel wird ein solches Verbot verhängt, wenn ein Beamter aus dem Dienst entfernt werden soll.

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Ein weiterer Grund für ein Verbot muss sein, dass ansonsten der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt werden würde. Der Streifenbeamte wurde nach dem Vorfall vor eineinhalb Wochen bereits in die Funkzentrale der Direktion 3 versetzt.

Das von den Betroffenen veröffentlichte Video vom Einsatz „zeigt sehr deutlich, dass sich der Einsatzbeamte gegenüber der syrischen Familie fremdenfeindlich äußert und fremdenfeindlich auftritt“, sagte Akmann. Alle Polizisten seien der Achtung und Wahrung der Menschenwürde verpflichtet. „Das ist der oberste Wert unseres Rechtsstaates. Dem wurde hier nicht Genüge getan, Im Gegenteil, dagegen wurde massiv dagegen verstoßen“, sagte Akmann.

Auch die Polizei selbst habe sich von dem Verhalten distanziert. Viele Beamte der Polizei seien von dem Vorfall beschämt, sagte Akmann. Auch deshalb wies er Äußerungen von Linke-Politikern und Nazi-Vergleiche zurück. „Es ärgert mich, wenn Stimmen laut werden, die die Polizei insgesamt infrage stellen“, sagte Akmann. „Ich finde das unerträglich, vor allem den Vergleich mit einem der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte heranzuziehen“. Der Staatssekretär stellte sich ausdrücklich vor die Polizei. „Der Senat steht zu seiner Polizei“, sagte Akmann. Die Behörde sei und bleibe „ein unverzichtbarer Garant für die innere Sicherheit in unserer Stadt und ein unverzichtbarer Teil unseres Staatswesens.“

Der Linke-Politiker Ferat Kocak hatte der Polizei „ein Nazi-Problem“ attestiert, Linke-Innenexperte Niklas Schrader „strukturellen Rassismus“. Das syrische Paar forderte die Entlassung eines Polizisten. Polizeipräsidentin Barbara Slowik sagte auf Nachfrage der Grünen zu, wenn nach Abschluss der Ermittlungen Klarheit herrsche, eine Kontaktaufnahme mit der Familie in Erwägung zu ziehen. „Wir müssen das erst umfassend aufklären“, sagte Slowik. Zu Details wollte sie sich wegen des laufenden Verfahrens nicht äußern. Wegen der laufenden Ermittlungen wolle sich die Polizei noch nicht „unmittelbar in Kontakt setzen mit der Familie“.

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) verurteilte das Verhalten des Beamten. „Es steht außer Frage, dass da Worte gefallen sind die nicht zur Kommunikation einer bürgerfreundlichen Polizei passen“, sagte GdP-Sprecher Benjamin Jendro. „In der Sequenz, die natürlich nicht den kompletten Einsatz abbildet, fallen beleidigende, diskriminierende und ausländerfeindliche Äußerungen, die so nicht gehen und von denen wir uns in aller Deutlichkeit distanzieren.“ Wichtig sei aber auch, dass der Fall sachlich eingeordnet werde. „Wir reden über einen von Tausenden Einsätzen am Tag und die Worte eines von 26.000 Kollegen der Berliner Polizei, der jetzt wieder struktureller Rassismus vorgeworfen wird“, sagte Jendro.

Der Beamte Jörg K. soll den Mann und seine 28-jährige Frau, wie es die Polizei formuliert, fremdenfeindlich beleidigt haben. Die Beamten waren am vergangenen Freitag mit einem vollstreckbaren Haftbefehl bei der Familie angerückt, weil der Mann eine Geldstrafe in Höhe von 750 Euro für dreimaliges Fahren ohne Fahrschein nicht gezahlt hatte.

Der Polizeieinsatz in der Wohnung in der Familie.

© Screenshot Tsp

Daneben ging es um sogenannte Gefährderansprache bei der 28-jährigen Frau. Hintergrund ist ein anderes Ermittlungsverfahren. Nach Tagesspiegel-Informationen wird ihr vorgeworfen, dass sie eine andere Frau mit freizügigen Fotos kompromittiert haben soll. Es geht um Nötigung, Beleidigung und anderes.

Der Einsatz in der Wohnung lief aus dem Ruder, die Kinder haben geschrien, die Polizisten brachten den Mann zu Boden und legten ihm Handschellen an. Ein Beamter sagte zu dem Paar: „Ihr seid hier in unserem Land, ihr habt Euch nach unseren Gesetzen zu verhalten“. Und: „Das ist mein Land, und Du bist hier Gast.“ Zur Frau sagte er auch „Halt die Fresse, fass mich nicht noch mal an (....) ich bringe Dich ins Gefängnis.“

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Die syrische Familie hatte noch während des Einsatzes die Geldstrafe bezahlt, aber nach dem Vorfall Anzeige bei der Polizei erstattet. Sie konnte auch ein Handyvideo von dem Einsatz zeigen, der Polizei liegt eine mehr als zehn Minuten lange Fassung vor. Komplett dauert das Video laut dem Paar 30 Minuten. Warum sie diese Fassung nicht zeigen, wie es zur Eskalation kam, ob es Widerstand und versuchte Gefangenenbefreiung gab, beantworteten sie bislang nicht.

Jörg K. ist jetzt ein Fall für die „Ermittlungsgruppe Zentral“ des Landeskriminalamtes, die für Verdachtsfälle zu politisch motivierter Kriminalität bei der Polizei zuständig ist. Andere zu dem Einsatz in der Wohnung herbeigerufene Beamten versuchten die Lage zu beruhigen. Als die 28-jährige Frau sagte, dass K. ein Problem mit Ausländern habe, drohte jener: „Vorsicht, ich zeig Dich an. Ich habe kein Stress mit Ausländern.“ Später ergingen Anzeigen wegen Widerstand, Angriffs und versuchter Gefangenenbefreiung gegen das Paar.

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