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Mit einer Hand klebt dieser Demonstrant noch an der Felge.

© REUTERS/Fabrizio Bensch

Festkleben an Autoreifen, stärkeres Haftmittel: Die neuen Strategien der Klimaaktivisten in Berlin

Stau durch Sitzblockaden, immer wieder. Wenn der Klimaprotest alltäglich wird, bekommt er ein Problem in der Wahrnehmung. Haben die Aktivisten der Letzten Generation neue Ideen?

Nach dem Neustart der Klimaproteste wiederholten sich am Montag die Szenen der vergangenen Sitzblockadewochen: Staus auf zentralen Verkehrsachsen durch festgeklebte Aktivist:innen der „Letzten Generation“. Wütende Autofahrer, die Menschen von der Straße zerren. Rufe nach schärferen Strafen. Und eine Polizei, die Blockadeorte als Service veröffentlicht und routiniert auflöst.

Den Klimakämpfern kann es nicht recht sein, wenn ihre Aktionen in der öffentlichen Wahrnehmung zu bloßen Verkehrsmeldungen schrumpfen. Um im Gespräch zu bleiben, müssen sie die Dauer ihrer Aktionen maximieren. Gelingt ihnen das, haben die Protestierer noch Überraschungen im Programm?

Zwei neuere Strategien scheinen im Protest eine gewisse Wirkung zu entfalten: Da sind zum einen Mietwagen, die von den Blockierern selbst entliehen und als Hindernis für den nachfolgenden Verkehr genutzt werden. Am Montag erhöhten laut Polizeiangaben zwei Teilnehmer ihre Verweildauer auf der Straße, indem sie den eigenen Körper als eine Art „Wegfahrsperre“ an den abgestellten Mietautos einsetzten.

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Ein Foto zeigt einen am Boden liegenden Mann, der mit dem einen Arm durch eine Vorderradfelge und mit der anderen außen herumgreift. Vermutlich hatte er dabei seine Handflächen zusammengeklebt. Im zweiten Fall hatte sich ein Demonstrant offensichtlich direkt an die Felge geklebt.

Gegenmethode der Polizei in beiden Situationen: Reifenwechsel. Während der Verkehr wieder anfährt, bleibt am Straßenrand ein Mensch mit Rad an der Hand zurück – eine skurrile Szene. Ganz neu sei diese Strategie aber nicht, heißt es bei der Polizei.

Sitzblockaden mit selbst gemischtem Kleber

Mehr Erfolg scheint eine zweite Methode zu versprechen: Während sich Klimaschützer bislang Sekundenkleber in handelsüblichen Großpackungen kauften, mischen sich nun einige von ihnen ihr Haftmittel für die Straße selbst an. Denn der altbekannte Klebstoff hat einen Nachteil: Mit Speiseöl und etwas Geduld löst sich die feste Bindung zwischen Hand und Asphalt. Was genau dort drin ist, wissen wohl nur die Klimaschützer selbst. Von Sand im neuen Rezept spricht die Polizei.

Im Ergebnis führt die Eigenkreation dazu, dass die Verkehrsbehinderungen mit der Räumung nicht vorbei sind. Protestierende mit solchen neuen Klebemischungen werden samt Asphaltbrocken mit Trennschleifern von der Straße geflext. In der Folge muss erst das Tiefbauamt den Belag wieder vollständig herstellen, ehe die Straße wieder vollständig befahren werden kann.

Neue Probleme für Carla Hinrichs?

Alle 17 Blockaden des Tages seien aufgelöst, twitterte die Polizei um 13.13 Uhr. Bis zur Mittagszeit hatten sich auf der A100, A111 und A115 lange Staus gebildet. Besonders die Stadtautobahn ist bei den Aktivist:innen als Blockadeort beliebt.

Mit dabei war am Montag auch Carla Hinrichs, die verurteilte Pressesprecherin der Gruppe. Ein Foto vom Montag zeigte sie sitzend auf dem Hohenzollerndamm. „Kein Urteil wird mich davon abhalten, für Gerechtigkeit zu protestieren“, schrieb Hinrichs auf Twitter.

Sie war erst in der vergangenen Woche vom Amtsgericht Frankfurt am Main wegen einer früheren Aktion zu zwei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, könnte Carla Hinrichs gegen Bewährungsauflagen verstoßen haben. Ihr droht laut Amtsgericht ein Vollzug der Haftstrafe, falls sie erneut verurteilt wird.

Ein Lastwagenfahrer riss am Vormittag eine möglicherweise angeklebte Demonstrantin von der Straße, wie ein Video der Aktion nahelegt. Für gewöhnlich zeigen die Klimaprotestler Übergriffe von Passanten oder Autofahrern nicht an, weshalb sie strafrechtlich nicht weiter verfolgt werden.

Am Montag fand auch ein Gespräch zwischen der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und Aktivisten der „Letzten Generation“ statt. Der Klimaschutz rechtfertige keine gefährlichen Eingriffe in den Straßenverkehr, sagte GdP-Landeschef Stephan Weh. Die „Letzte Generation“ trage nicht zum Klimaschutz, sondern zur Spaltung der Gesellschaft bei.

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