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Gedenken an die 19 gestorbenen Biker

© Jörn Hasselmann

„Herr, schenke uns wache Augen“: Gedenkfahrt und Gottesdienst für verunglückte Motorradfahrer in Berlin und Brandenburg

Neunzehn Motorradfahrer kamen in diesem Jahr in Berlin und Brandenburg bei Unfällen ums Leben. Mit einer Gedenkfahrt und einem Gottesdienst wurde ihrer am Sonntag gedacht.

„Herr, schenke uns allen wache Augen“ – mit diesem Wunsch endete am Sonntag der Gottesdienst nach der Mahn- und Gedenkfahrt für die in Berlin und Brandenburg tödlich verunglückten Motorradfahrer. Bei Bikern ist dieser Wunsch nicht nur fromm, sondern überlebenswichtig. In diesem Jahr starben auf Berliner Straßen fünf und in Brandenburg 14 Menschen.

„Zu 75 Prozent waren die Unfälle selbstverschuldet“, sagte Janina Julitz von der Gruppe „Christ und Motorrad“, die die Fahrt organisiert. „Die Sonne scheint, die Straße ist frei, und schon bin ich zu schnell“, beschrieb Julitz den Alltag, seit zwölf Jahren engagiert sie sich für das Gedenken. Etwa 600 Menschen fuhren nach Polizeiangaben am Vormittag durch die Stadt, das Gedenken endete vor der Matthäus-Kirche am Ende der Schlossstraße in Steglitz.

Traditionell wurden die Namen der Gestorbenen verlesen: Dirk, 56, Christian, 62, Dennis, 43, Alex, 34, und Vitalij, 53. „Uns zur Mahnung und derer zum Gedenken, zünden wir eine Kerze an“, hieß es. Auch im „Biker-Psalm“, tauchte das Wort „Selbstüberschätzung“ auf, und: „Gott, ich will mit meiner Maschine nicht schuldig werden“. Die Predigt hielt Karin Singha-Gnauck aus der Wilmersdorfer Daniel-Gemeinde, dort trifft sich die Motorradgruppe.

Das Gedenken ist mittlerweile fast 50 Jahre alt. 1974 verunglückte auf dem Kurfürstendamm ein Motorradfahrer. An der Unfallstelle fand ein spontaner Gottesdienst statt, anschließend ein Motorrad-Korso. Seitdem fahren die Biker jedes Jahr im Oktober durch die Stadt. Leitspruch: „Fahr’ nie schneller, als dein Schutzengel fliegt!“

Zu oft zu schnell

Nach Angaben des Polizeipräsidiums gab es in diesem Jahr drei sogenannte Alleinunfälle, und zwar verursacht durch zu hohes Tempo. Die anderen beiden Unfälle geschahen beim Abbiegen. Der 56-Jährige Dirk war in diesem Jahr der einzige, der den tödlichen Unfall nicht selbst verursacht hatte. Eine 87-Jährige hatte ihn mit ihrem Auto beim Abbiegen in die Hildburghauser Straße in Lichterfelde gerammt.

Die fünf in Berlin Gestorbenen waren zwischen 34 und 62 Jahre alt, es ist also nur ein Vorurteil, dass junge Fahranfänger in den Tod rasen. Auch die Teilnehmer der Gedenkfahrt waren eher gesetzteren Alters, auch wenn ihre Maschinen sehr PS-stark waren.

Gut 500 Motorräder fuhren durch die Stadt
Gut 500 Motorräder fuhren durch die Stadt

© Jörn Hasselmann

Im vergangenen Jahr war die Altersspanne bei den sechs gestorbenen Bikern ähnlich, bei den Ursachen dominierten wiederum Allein- und Abbiegeunfälle. 2022 war im Langzeitvergleich ein „normales“ Jahr, die Zahl der Getöteten liegt meist zwischen fünf und zehn, die Zahl der Schwerverletzten um die 400.

Die absolute Zahl der Unfälle ist ebenso recht konstant, etwa 3600. Laut polizeilicher Unfallbilanz für 2022 war die mit Abstand häufigste Unfallursache „nicht angepasste Geschwindigkeit“. Der mittlerweile verstorbene Biker-Pfarrer Bernd Schade hatte mal so formuliert: „Es gibt auch die Spinner, die rasen wollen. Aber die erreicht man eben nicht.“

In Brandenburg sterben deutlich mehr Biker als in der Stadt Berlin: 2021 und 2022 waren es jeweils 15. Jeweils 12 davon verursachten laut Polizeipräsidium die Unfälle selbst, oft auf den Landstraßen in der Mark. Die absolute Zahl an Unfällen stieg leicht um vier Prozent auf 1192.

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