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Ecstasy Tabletten, wie sie im Kriminaltechnischen Institut der Polizei analysiert werden.

© imago stock&people

Exklusiv

Jeder Dritte wird abgewiesen: Berliner Drogen-Teststellen sind Ansturm nicht gewachsen

Seit Juni können Konsumenten ihre Drogen vorab untersuchen lassen. Doch die Anlaufstellen sind überlastet – und erhebliche Gesundheitsrisiken die Folge. Jetzt drohen dazu noch Kürzungen.

Die Berliner Anlaufstellen für das Testen von Drogen, dem sogenannten Drugchecking, sind dem Ansturm nicht gewachsen. Seit dem Start des Regelbetriebs im Juni 2023 wurden 491 Interessenten gebeten, zu einem späteren Zeitpunkt wiederzukommen. Tatsächlich analysiert wurden 1006 Proben. Knapp ein Drittel aller Interessenten musste wegen fehlender Kapazitäten abgewiesen werden. Nutzer von Drogenkonsumräumen sind de facto ohnehin von dem Angebot ausgeschlossen.

Klar ist: Durch die nicht vorgenommen Testungen entstanden erhebliche Gesundheitsrisiken. Wie eine dem Tagesspiegel exklusiv vorliegende schriftliche Anfrage zeigt, war fast die Hälfte aller untersuchten Proben auffällig. In 204 Fällen waren Drogen mit zum Teil sehr gefährlichen Stoffen verunreinigt. 87 Proben waren falsch deklariert. Bei 79 Proben wurde eine Überdosierung festgestellt. In zahlreichen Fällen waren die Proben zugleich falsch deklariert und verunreinigt oder hoch dosiert und verunreinigt, sprich mehrfach auffällig.

Drugchecking als „Erfolgsmodell“

Vasili Franco, drogenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion und Verfasser der Anfrage, bezeichnete das Berliner Drugcheckingangebot als „Erfolgsmodell“. Es sei „ein Meilenstein der Aufklärungsarbeit, dass Warnhinweise transparent veröffentlicht und Safer-Use-Empfehlungen leicht und verständlich aufbereitet werden“, erklärte Franco mit Blick auf den ebenfalls hoch-frequentierten Onlineauftritt der Teststellen. Die Startseite des Projekts verzeichnete seit Juni 106.321 Aufrufe. Die dort veröffentlichten aktuellen Warnungen wurden 65.552 Mal aufgerufen.

Raphael Schubert, Geschäftsführer der Fixpunkt gGmbH, einem der drei Träger, die das Drugchecking in Berlin durchführen, zeigte sich wenig überrascht von den nun vorliegenden Zahlen. „Wir wussten schon zum Start des Projekts, dass das eingestellte Budget sehr überschaubar ist für eine Stadt wie Berlin“ erklärte Schubert und betonte die Bedeutung des Projekts.

Die Koalition will sparen

In Richtung schwarz-rote Koalition, deren Haushaltsentwurf Kürzungen im gesamten Bereich der Drogenarbeit und Suchthilfe vorsieht, sagte Schubert: „Es gilt jetzt, das Angebot dementsprechend auszubauen.“ Drugchecking sei ein „einfacher und sehr wirksamer Weg, die Gesundheit von Drogenkonsumenten zu schützen.“ Franco wiederum bezeichnete die vorgesehenen Kürzungen als „realitätsfern und inakzeptabel“.

Eine Ecstasy-Pille namens „Blue Punisher“. Im Juni waren eine 15-Jährige aus Mecklenburg-Vorpommern und eine 13-Jährige aus Brandenburg nach dem Konsum der offenbar besonders stark dosierten Pille gestorben.

© picture alliance/dpa/KEYSTONE/Ennio Leanza

Unterdessen ist die Zahl der durch die Polizei sichergestellten Drogen in Berlin zuletzt wieder leicht zurückgegangen. Nachdem die Mengen in vielen Bereichen im Vergleich der Jahre 2020 und 2021 massiv in die Höhe gegangen waren, reduzierten sich die Zahlen 2022 wieder leicht. Ausnahmen sind unter anderem bei den Drogen Ketamin, Methamphetamin und Heroin zu verzeichnen.

Im ersten Halbjahr 2023 wurden Polizeiangaben zufolge 28,5 Kilogramm Opium sichergestellt. Die Droge war in den vergangenen drei Jahren so gut wie gar nicht in den Polizeistatistiken aufgetaucht.

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