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Margot Friedländer bei der Pressekonferenz.

© dpa/Annette Riedl

Margot Friedländer gründet Stiftung : Berliner Ehrenbürgerin sichert ihr Lebenswerk

Im Alter von 101 Jahren hat die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer eine Stiftung zur Förderung von Freiheit und Demokratie gegründet. Auch in einer Zukunft ohne Zeitzeugen soll die Stiftung weiterhin Zeugnis geben.

Die Stifterin im eleganten farbenfrohen Kleid war, umrahmt von Freunden, die sie zu Vorstandsmitgliedern ernannt hatte, leuchtender Mittelpunkt der Pressekonferenz. Berlins 101-Jahre alte Ehrenbürgerin Margot Friedländer stellte in der Seniorenresidenz Tertianum am Montag ihre neue Stiftung vor.

Sie hat sie mit ihrem Privatvermögen gegründet, um die Weiterführung ihres Lebenswerks zu sichern. „Ich spreche für die, die nicht mehr sprechen können. Für die sechs Millionen Menschen, Männer, Frauen, Kinder, die man umgebracht hat, nur weil sie Juden waren“, sagte sie.

Für Freiheit und Demokratie

Dazu kämen Millionen weiterer Menschen, die das Regime nicht als Menschen betrachtet hat. „Was war, können wir nicht mehr ändern. Aber es darf nie wieder geschehen.“

Stifterin im Kreis von Freunden. Joachim Gauck, Margot Friedländer, Monika Grütters und Karsten Dreinhöfer bei der Vorstellung der Margot Friedländer Stiftung.
Stifterin im Kreis von Freunden. Joachim Gauck, Margot Friedländer, Monika Grütters und Karsten Dreinhöfer bei der Vorstellung der Margot Friedländer Stiftung.

© Elisabeth Binder

Den Stiftungszweck habe sie bewusst weit gefasst. Auch in einer Zukunft ohne Zeitzeugen solle die Stiftung weiterhin Zeugnis geben, sich aber auch generell für Freiheit und Demokratie einsetzen.

Max Raabe sitzt im Kuratorium

Ihren Sitz wird die Margot Friedländer Stiftung künftig in der Mendelssohn-Remise in der Jägerstraße 51 in Mitte haben. Zum Kuratorium gehören unter anderem FU-Präsident Günter Ziegler und der Sänger Max Raabe.

In den letzten Wochen seien viele bürokratische Hürden genommen worden, um auch die Anerkennung als gemeinnützige Stiftung zu erlangen, sagte die Vorstandsvorsitzende der Stiftung, die frühere Kulturstaatsministerin Monika Grütters.

64
Jahre lebte Margot Friedländer in den USA, bevor sie in ihre Heimatstadt zurückkehrte.

Das sei nun gelungen, sodass auch Spenden eingeworben werden könnten. Es gebe im Leben einer Politikerin eben auch sehr schöne Tage, und dies sei so einer, sagte sie. Reichlich Erfahrungen mit Erinnerungskultur konnte sie schon sammeln bei ihrer Arbeit für die Stiftung Brandenburger Tor. Für sie sei es eine besondere Ehre, hier mitzuwirken.

Monika Grütters und Joachim Gauck im Vorstand

Auch der nach Margot Friedländer benannte Preis für Schüler, der bislang und am Dienstag bereits zum 9. Mal von der Schwarzkopf-Stiftung an Schulen und Schüler verliehen wird, die sich gegen Antisemitismus und Rassismus einsetzen, soll künftig unter dem Dach der neuen Stiftung angesiedelt werden.

Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck, ebenfalls im ehrenamtlich tätigen Vorstand, erinnerte sich daran, wie er eine glückliche Kindheit verlebt hat, während Margot Friedländer, von den Nazis verfolgt, als junges Mädchen dem Tod geweiht gewesen sei.

Erzählungen von Untergrundverstecken und dem Konzentrationslager

Nach 64 Jahren im New Yorker Exil ist Margot Friedländer im Alter von 88 Jahren nach Berlin zurückgekehrt, um Schülern von ihrem Schicksal zu erzählen, von der Zeit in Untergrundverstecken in Berlin und vom Konzentrationslager Theresienstadt, das sie überlebt hat.

Für Joachim Gauck war es besonders ermutigend zu sehen, wie jemand am Abend seines Lebens ein neues Kapitel im Lebensbuch aufschlägt: „Sie beschenkt uns mit ihren Lebensgeschichten, indem sie die Menschen anspricht, als wären sie imstande, Gutes zu tun. Voller Zutrauen.“ Er nutzte die Gelegenheit auch, auf die Möglichkeit von Zustiftungen hinzuweisen und sich zu bedanken für die große Geste einer Frau, die einst verfolgt worden ist: „Doppeltes Geschenk, doppelter Dank und alles Gute, liebe Margot Friedländer.“

Dem Vorstand gehören auch noch der Medizinprofessor Karsten Dreinhöfer an, der Vorstandsvorsitzende des Axel-Springer-Verlags, Mathias Döpfner, und der Unternehmensberater Nico Raabe.

Das ZDF zeigt einen Film über ihr Leben

Döpfner hob hervor, dass Margot Friedländer bei ihren Vorträgen niemals belehre, sondern immer kraftvoll erzähle. Der Unternehmensberater Nico Raabe hob die Möglichkeiten multimedialer Unterrichtsarbeit hervor. Über die Jahre seien schon viele Ton- und Filmdokumente archiviert worden. Demnächst wird im ZDF auch ein dokumentarischer Spielfilm über ihr Leben gezeigt, der auf ihrer Autobiografie „Versuche, dein Leben zu machen. Als Jüdin versteckt in Berlin“ basiert.

Darin erzählt Friedländer auch von ihrer Hochzeit mit Adolf Friedländer, den sie aus Berlin kannte, im bereits befreiten Lager Theresienstadt.

Als am Ende der Pressekonferenz alle Fotos gemacht waren, verriet Karsten Dreinhöfer das Geheimnis ihres viel bewunderten Outfits. Erst 1958 konnte sie die Hochzeitsreise nachholen mit ihrem Mann, der nie wieder einen Fuß nach Deutschland gesetzt hat. Es ging nach Capri, und für diesen Anlass hatte sie sich das schöne Kleid gekauft.

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