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Berhan S. musste sich seit Dezember vor Gericht verantworten.

© dpa/Jörg Carstensen

Update

Nach Messerattacke auf Berliner Schulhof: Gericht ordnet Unterbringung von 39-Jährigem in psychiatrischem Krankenhaus an 

Zwei Mädchen überlebten den Angriff von Berhan S. in Neukölln nur knapp. Er ist weiterhin gefährlich für die Allgemeinheit, urteilte nun das Landgericht.

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Wieder saß der Mann, dessen Tat bundesweit für Entsetzen sorgte, geduckt auf der Anklagebank. „Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wird angeordnet“, entschied das Landgericht am Donnerstag. Berhan S., der auf einem Schulhof mit einem Küchenmesser auf zwei spielende Mädchen einstach, habe im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt. Er sei weiterhin gefährlich für die Allgemeinheit. 

Es war 15.10 Uhr, als S. am 3. Mai 2023 auf dem Gelände der Evangelischen Schule Neukölln in der Mainzer Straße auftauchte. Ein Küchenmesser hatte er dabei. Unvermittelt soll er zwei Mädchen attackiert haben, die auf einem Holzpodest saßen. Zuerst stach er auf eine Siebenjährige ein – in den Hals, in die Schulter, in Oberarm und Oberschenkel. Dann ein wuchtiger Stich in den Hals einer Achtjährigen. Sie überlebte die zehn Zentimeter tiefe Verletzung nur knapp. 

Etwa 30 Schülerinnen und Schüler sowie Erzieher befanden sich damals auf dem Pausenhof. Zwei Mädchen rannten los, um den Attackierten zu helfen. Ein Betreuer presste einem der Mädchen seinen Kapuzenpullover auf den Hals. Ein Glück für die Achtjährige war es, dass kurz nach dem Angriff ein Arzt aus dem Schulgebäude kam – er hatte seine beiden Kinder abgeholt und half sofort. Im Prozess sagte er, noch nie habe er um das Leben eines Menschen so gebangt – „ich befürchtete, dass mir die Zeit davonläuft“. Beide Kinder wurden schließlich in Krankenhäuser gebracht und notoperiert. 

S. ließ sich ohne Widerstand festnehmen und sagte, innere Stimmen hätten ihn „erpresst“ und ihm „befohlen“, die Mädchen zu töten. Der 39-Jährige befindet sich seit der Tat im sogenannten Maßregelvollzug. Vor Gericht ließ er seine Verteidigerin für ihn sprechen. 

Er möchte sich entschuldigen“, sagte die Anwältin in dem Prozess wegen versuchten Totschlags in zwei Fällen. Es tue ihm „unendlich leid, er mag Kinder sehr“. Bis heute könne S. nicht begreifen, wie es zu dem Angriff kommen konnte. Ihm sei inzwischen bewusst, dass seine Erkrankung der Auslöser für den Angriff auf die ihm unbekannten Kinder gewesen sei. 

Berhan S., in Berlin geboren und aufgewachsen, begann mit 15 Jahren Cannabis zu konsumieren. Zwei Berufsausbildungen brach er ab, er träumte von Erfolg als Rap-Musiker. Er lebte in den letzten Jahren „zunehmend unstrukturiert in den Tag hinein“, hieß es im Urteil. Zunehmend habe er Drogen konsumiert, „um Symptome seiner psychischen Erkrankung zu unterdrücken“. 

Seit zehn Jahren würden ihn innere Stimmen quälen – „sie steuern meinen Körper“, hatte S. gegenüber dem psychiatrischen Gutachter geschildert. Vor dem Messerangriff sei ihm zugeflüstert worden, dass er „jemanden mit einem Messer angreifen muss“, um seine Mutter zu schützen. Mehrfach sei er in Kliniken gewesen, habe nicht die erhoffte Hilfe erhalten. 

Das Gericht ging davon aus, dass eine seit Jahren bestehende Schizophrenie „nicht hinreichend diagnostiziert wurde“. Bei Behandlungen habe die Suchtproblematik von S. im Vordergrund gestanden. Allerdings habe er das Hören von Stimmen verheimlicht, was die Diagnostik erschwert habe. Auch Staatsanwaltschaft und Nebenklage hatten eine Unterbringung von S. im Maßregelvollzug gefordert – die Dauer ist grundsätzlich nicht befristet, Betroffene werden regelmäßig begutachtet und erst entlassen, wenn keine Gefahr mehr gesehen wird.

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