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Polizeibeamte im Görlitzer Park bei einem Einsatz gegen Drogendealer.

© picture alliance/dpa/Paul Zinken

Prozess um Vergewaltigung im Görlitzer Park: Georgierin könnte aus deutscher Botschaft in Tiflis per Video aussagen

Im Juni soll eine 27-Jährige im Görlitzer Park vergewaltigt worden sein. Die Politik nutzte den Fall für eine härtere Gangart. Jetzt müssen sich drei abgelehnte Asylbewerber vor dem Landgericht verantworten.

Dieser Prozess könnte für den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) zum Test werden – nämlich, ob eine Sicherheitsdebatte befeuert und vorschnell Schlüsse zum Görlitzer Park gezogen wurden, bevor annähernd alle Fakten auf dem Tisch liegen. Sieben Monate nach einer mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung im Park müssen sich drei Männer ab 18. Januar vor dem Landgericht verantworten. Acht weitere Prozesstage sind bis März geplant.

Wegner hatte infolge des Falls eine neue Härte angekündigt, 30 Millionen Euro sollen in Repression und Prävention fließen, bis Ende März soll Baustart für einen Zaun um den Görli sein. Die prekären Zustände dort – Drogen, Gewalt und Verwahrlosung – waren bekannt. Für Wegner war die mutmaßliche Vergewaltigung ein entscheidender Anlass. Der Park sei „ein Symbol für falsch verstandene Toleranz. Damit ist jetzt Schluss“, hatte er gesagt.

Angeklagt sind drei Männer aus dem Drogen- und Dealermilieu, die abgelehnten Asylbewerber sitzen in Untersuchungshaft: der 21 Jahre alte Somalier Osman B., der 22-jährige Boubacar B. aus Guinea und Mountaga D., 22 Jahre alt und aus Guinea-Bissau. Vorgeworfen wird ihnen besonders schwere Vergewaltigung, gefährliche Körperverletzung und besonders schwerer Raub.

Das Paar kaufte Kokain im Park

Für die Staatsanwaltschaft ist die Sache klar. Eine 27-jährige Studentin, Mutter zweier Kinder, und ihr Ehemann, beide Georgier, waren am 21. Juni gegen 5 Uhr im Park unterwegs, kauften dort Kokain, wurden intim. Mehrere Dealer sollen das Paar umringt haben. Zwei sollen den Georgier mit Stöcken traktiert und 1200 Euro aus seiner Bauchtasche gestohlen, andere sich an der Frau vergangen haben. Von Osman B., der die Tat bestreitet, wurden Spermaspuren im Körper des Opfers gefunden, von den anderen auf ihrem Slip.

Osman B., seit 2016 mit zehn weiteren Aliasidentitäten in Deutschland, ist bei der Polizei mit Drogendelikten, Gewalttaten, Raub und Diebstahl bekannt. Im Bundeszentralregister gibt es sieben Einträge, zwei Verfahren wegen gefährlichen Gewaltdelikte wurden in Sachsen-Anhalt nach Jugendrecht eingestellt.

Die anderen beiden schweigen zur Tat. Boubacar B., seit 2017 in Deutschland mit vier Aliasidentitäten und erloschener Aufenthaltsgestattung, hat neun Einträge im Bundeszentralregister. Es ist als Brennpunkttäter eingestuft, soll regelmäßig Marihuana und Kokain konsumiert haben und ist mehrfach wegen Drogenhandels verurteilt.

Wichtig ist vor allem ein nüchterner Ton, statt das sogenannte gesunde Volksempfinden zu bedienen.

Mirko Röder, Verteidiger eines Angeklagten.

Mountaga D. lebte im betreuten Wohnen. Sein Asylantrag wurde abgelehnt, sein Aufenthalt aber geduldet. Er fiel mit Gewaltdelikten und Drogenhandel auf, Staatsanwaltschaft und Justiz sahen von einer Strafverfolgung wegen Geringfügigkeit ab.

Das Opfer ist wieder in Georgien

Das Problem am Fall: Die Anklage beruht vor allem auf Aussagen des Opfers, die sich teils widersprachen, so bei der Täter-Beschreibung. Zudem sah sie sich nach ersten Befragungen für weitere außer Stande. Das Paar reiste zurück nach Georgien und ist für die Ermittler dort schwer zu erreichen. Die Frau wird vom Berliner Opferbeauftragten Roland Weber in der Nebenklage vertreten. Kommt sie nicht zur Aussage nach Berlin, könnte es eine Vernehmung per Video aus der deutschen Botschaft in Tiflis geben. Reist sie an, ist eine Videovernehmung aus einem anderen Saal im Gericht angedacht. Die Gutachten, ob die Angeklagten ob ihres regelmäßigen Drogenkonsums schuldfähig sind, stehen auch noch aus.

Die Angeklagten werden von je einer Anwältin und einem Anwalt vertreten. Mirko Röder, Verteidiger von Boubacar B., warnt vor Vorverurteilung und politischer Instrumentalisierung. „Wichtig ist vor allem ein nüchterner Ton, statt das sogenannte gesunde Volksempfinden zu bedienen“, sagt Röder. „Es wird ein ganz seriöses Verfahren nach den Regeln der Strafprozessordnung durchgeführt – und unter strenger Prämisse der Unschuldsvermutung als tragender Säule eines fairen Verfahrens.“

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