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Justizia-Figur auf dem Alten Rathaus in Potsdam.

© Andreas Klaer

Update

Prozess vor dem Berliner Landgericht: Betrugsserie mit fingierten Verkehrsunfällen – zwei Angeklagte gestehen

Jahrelang soll eine Bande Blechschäden fingiert und zu Unrecht Geld von Versicherungen kassiert haben. Zwei der Täter stehen Jahre später vor Gericht.

Teure Blechschäden waren ihr kriminelles Geschäft: Europaweit sollen Mitglieder einer Bande Verkehrsunfälle fingiert haben, um zu Unrecht Geld von Kfz-Versicherungen zu kassieren. „Es geschah nach einem Muster“, gab einer der mutmaßlichen Betrüger vor dem Berliner Landgericht zu. Er habe Fahrzeughalter als Unfall-Fahrer „akquiriert“, gestand Bozydar K. am Montag zu Prozessbeginn. Die Fäden aber habe ein Mann in der Hand gehalten, der inzwischen in Polen getötet worden sei.

Drei Angeklagte erschienen nicht zum Prozess

Neben dem 38-jährigen K. wurden vier weitere Angeklagte erwartet. Doch drei von ihnen fehlten – zwei ohne Entschuldigung, ein 61-Jähriger befand sich im Krankenhaus. So startete der Prozess mit zwei Männern auf der Anklagebank. Bozydar K. und Anatoli N. hätten „gewerbsmäßig als Mitglied einer Bande agiert“, heißt es in der Anklage.

Es geht um insgesamt 58 Unfallgeschehen in der Zeit von 2008 bis 2014. Etwa eine Million Euro wurden laut Anklage von Versicherungen ausgezahlt. K. soll an allen Fällen beteiligt gewesen sein, zehn Fälle werden dem 51-jährigen N. zur Last gelegt. In Deutschland und Polen, in Tschechien, Frankreich, Luxemburg und Österreich sei es zu Taten gekommen.

1.000.000
Euro wurden von Versicherungen laut Anklage ausgezahlt

K. und Dariusz S. sollen vor fast 15 Jahren in Berlin den Plan geschmiedet haben, ihren Lebensunterhalt „maßgeblich aus unberechtigten Versicherungsleistungen zu bestreiten“, heißt es in der Anklage. Sie hätten auf fingierte Autounfälle gesetzt – was geschah, sei stets zwischen den Beteiligten abgesprochen gewesen.

„Um das Risiko zu verringern, dass von den Versicherungen das betrügerische Vorgehen erkannt wird, sollten die abgesprochenen Verkehrsunfälle gegenüber einer Vielzahl von Versicherungen und europaweit erfolgen“, so der Staatsanwalt. Die beteiligten Wagen sowie Halter und Fahrer sollten wechseln. Weil der Gewinn hoch ausfallen sollte, verursachte ein „wenig werthaltiges Fahrzeug“ einen Crash mit einem hochwertigen Auto.

Ein Kfz-Sachverständiger gehörte zur Bande

Ein Kfz-Sachverständiger aus Hannover gehörte laut Anklage zur Bande. „Stets gleiche Schadensbilder“ seien angestrebt worden. Dadurch sollte immer das gleiche – nur geringfügig geänderte – Gutachten gegenüber Versicherungen verwendet werden. Vorschäden seien verschwiegen worden.

Häufig wurden Schäden im fünfstelligen Bereich geltend gemacht. So rammte ein Transporter am 14. Oktober 2011 in Polen angeblich einen Mercedes der E-Klasse. Ein Schaden von rund 42.000 Euro wurde ausgezahlt. In drei der angeklagten Fälle sei es bei einem Versuch geblieben

Als ein Fahrzeug durch mehrere Unfälle in relativ kurzer Zeit bei Versicherungen aufgefallen war, liefen Ermittlungen an. Bei Durchsuchungen in Deutschland seien Unterlagen gefunden worden, die zu weiteren mutmaßlichen Straftaten führten. Die Ermittlungen liefen über Ländergrenzen. Im Dezember 2019 erhob die Berliner Staatsanwaltschaft Anklage. „Dann lag das Verfahren bei Gericht“, hieß es am Rande der Verhandlung.

Bozydar K., der wie die anderen Verdächtigen auf freiem Fuß ist, arbeitet inzwischen in seinem Beruf als Fachinformatiker. Als er sich von S. in die kriminellen Geschäfte locken ließ, sei er jung gewesen, so der Angeklagte. Es habe damit begonnen, dass S. ihn bat, als Halter eines Fahrzeugs aufzutreten – als Strohmann. „Ich sollte 1000 Euro erhalten.“ Dann habe er eine andere Rolle begonnen – „Fahrzeughalter finden, die Unfälle bauen“.

Ort, Zeit, Art und Weise habe S. vorgegeben, so der 38-Jährige. S. habe auch das Gutachten von dem Mann aus Hannover gebracht. „S. arbeitete im Hintergrund, er war ein sehr erfahrener Versicherungsbetrüger“, so der Angeklagte. „Er hatte das Know-how, ich setzte es um.“ Der Prozess geht Donnerstag weiter.

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