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Laëtitia Graffart starb auf der Frankfurter Allee, bei einer Mahnwache wurde hier ein weißes Fahrrad zur Erinnerung angebracht.

© IMAGO / Stefan Zeitz, Facebook / privat

Tödlicher Unfall neben Pop-up-Radweg in Berlin: Lkw-Fahrer von Frankfurter Allee kommt vor Gericht

Vor knapp zwei Jahren starb die Radfahrerin Laëtitia Graffart bei einem Unfall in Berlin. Jetzt steht fest, dass der Fall im September vor Gericht kommt.

Knapp zwei Jahre nach dem Unfalltod von Laëtitia Graffart steht fest, dass der Fall vor Gericht kommt. Die in Berlin lebende Französin war am 27. Mai 2021 auf der Frankfurter Allee in Berlin-Friedrichshain mit dem Fahrrad unterwegs und wurde von einem Lastwagen überrollt, als sie einem auf der Radspur parkenden Geldtransporter auswich – ohne vorher zu schauen, ob die Straße frei ist.

Jetzt wird der Fahrer des aus dem Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt kommenden Lastwagens wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Das Amtsgericht Tiergarten hat das Hauptverfahren eröffnet, die Hauptverhandlung soll am 14. September stattfinden. Das teilte der Anwalt von Laëtitia Graffarts Mutter Cécile Heritier, Stephan Maigné, dem Tagesspiegel am Donnerstag mit.

Mahnmal. Nach dem Tod von Laëtitia Graffart wurde ein „Geisterfahrrad“ an der Frankfurter Allee zur Erinnerung an den Unfall angebracht.

© Lars von Törne

Der Tod von Laëtitia Graffart hatte ungewöhnlich viel öffentliche Aufmerksamkeit erregt. Das lag zum einen daran, dass die 37-Jährige einen Pop-Up-Radweg benutzte, der als eine Übergangslösung in Richtung der Berliner Verkehrswende gilt. Nach Graffarts Tod forderten Angehörige sowie Radaktivist:innen mehr Schutz für Radfahrende auf Berlins Straßen. Zur Mahnwache am Unfallort kamen am 28. Mai 2021 Hunderte Menschen. Anfang 2023 wurde ein neuer geschützter Radweg in der Frankfurter Allee eröffnet.

In der deutsch-französischen Kulturszene gut vernetzt

Dazu kam, dass Laëtitia Graffart in der deutschen und französischen Kulturszene gut vernetzt war. Sie arbeitete unter anderem als Übersetzerin, Herausgeberin des von ihr gegründeten deutsch-französischen Comic-Magazins „Beton“, als Mitarbeiterin des Fachgeschäfts „Modern Graphics“, als Netzwerkerin im Deutschen Comicverein und beim Festival ComicInvasion. Außerdem war sie Musikerin in der Riot-Grrrl-Band „Späti Smith“.

Der Deutsche Comicverein hat einen Monat nach dem Unfall im Gedenken an sie das mit Spenden finanzierte Förderprogramm „Fonds Beton“ aufgelegt, mit dem das unterstützt werden soll, was Laëtitia Graffart zeitlebens wichtig war: der deutsch-französische Kulturaustausch.

Laëtitia Graffart und ihre Mutter Cécile Heritier. 

© Cécile Heritier

Knapp ein Jahr nach dem Unfall hat die Prüfungsgesellschaft Dekra in einem Gutachten den Hergang des Unfalls und die jeweiligen Verantwortlichkeiten festgehalten. Aus Sicht des Anwalts von Graffarts Mutter war die Bilanz der Gutachter eindeutig: „Bei beiden – der Radfahrerin wie dem Lkw-Fahrer – war er vermeidbar“, sagte Stephan Maigné dem Tagesspiegel im Mai 2022.

Wenn er richtig geguckt hätte, wäre er wahrscheinlich nicht weitergefahren. Und wenn er eine Vollbremsung gemacht hätte, wäre sie nicht vom Anhänger überrollt worden und gestorben.

Stephan Maigné, Anwalt der Mutter von Laëtitia Graffart, über das Verhalten des Lkw-Fahrers

Hätte Laëtitia Graffart sich vor dem Überholmanöver umgedreht, hätte sie den Lkw gesehen und die Gefahr erkannt. „Aber sie hat definitiv nicht nach links geschaut, bis zu dem Moment, als der Lkw bei ihr war.“

Der Lkw-Fahrer sei derweil einfach weitergefahren, auch wenn er über einen längeren Zeitraum gesehen haben muss, dass neben seiner Spur Radfahrer unterwegs seien und dass es ein Hindernis auf dem Radweg gibt: „Wenn er richtig geguckt hätte, sowohl nach vorne als auch seitlich in seine Spiegel, wäre er wahrscheinlich nicht weitergefahren. Und wenn er eine Vollbremsung gemacht hätte, wäre sie nicht vom Anhänger überrollt worden und gestorben.“

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