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Uwe Lehmann-Brauns im Jahr 2015.

© Doris Spiekermann-Klaas

Unterwegs in den Mühen der Ebene: Ex-CDU-Kulturmann Uwe Lehmann-Brauns schreibt über den Berliner Politikbetrieb

Uwe Lehmann-Brauns war in der CDU nie besonders beliebt – das kümmerte ihn wenig. In seinem neuen Buch geht es um Prinzipien und deren Problematik in der Politik.

Kultur-Politiker aus Leidenschaft sind in der Berliner CDU eher selten. Gewiss, da war und ist Monika Grütters, immerhin Staatsministerin für Kultur a.D. Da gab es mal Christoph Stölzl, Historiker, Direktor des Deutschen Historischen Museums, wie Grütters führte er den Landesvorsitz.

Doch Alltags-Kulturpolitiker, unterwegs in den Mühen der Ebene, gehören kaum zu den bekannten Größen der CDU – zu denen, die das Profil der Partei nach außen darstellen. Da macht es sich besser, wenn einer sich Etiketten wie „Inneres“, „Sicherheit“ oder „Wirtschaft“ aufkleben kann.

Strammer Antikommunist mit Faible für Literatur

Uwe Lehmann-Brauns war viele Jahre lang einer von den wenigen in der Ebene. Der Rechtsanwalt mit Kanzlei auf dem Kurfürstendamm brachte eine interessante Mischung von Ideen und Prinzipien mit in die Partei- und dann in die Abgeordnetenhaus-Arbeit: Von Werten und Prägung her eher linksliberal, großbürgerlich gebildet, mit einem Faible für Literatur und Autoren, verstand er sich als strammer Antikommunist und strikter Gegner des zweiten deutschen Staats, der DDR.

Aus seiner Leidenschaft für Literatur hat er nun ein neues Buch gemacht: „Zwischen den Fronten“, so der Titel, handelt von Begegnungen, die ihn prägten, von Prinzipien und deren Problematik im Politikbetrieb, von Menschen, denen er kleine Denkmäler aus Papier setzt, und von Erfahrungen wie denen, die Lehmann-Brauns als „Parteifreund“ sammelte.

Die vollständige Überschrift des Kapitels lautet: „Parteifreund – Das Gruseln zu lernen“. Lehmann-Brauns macht darin keinen Hehl aus seinem Grimm – für Groll oder lärmenden Ärger ist er zu dezent in seinen Manieren. Doch wer im zeitlichen Gefolge von 1968 und der Studentenbewegung in die Gegner-Partei eintrat, um zu debattieren, zu organisieren und dem Zeitgeist etwas entgegenzusetzen, wunderte sich wohl mit Recht über die Bräsigkeit der Parteifunktionäre; so ging es Lehmann-Brauns.

Allerdings ist „Zwischen den Fronten“ alles andere als ein Abrechnungsbuch. Das würde zu Lehmann-Brauns nicht passen, der – das zieht sich durch das ganze Buch – von einer sehr angenehmen Uneitelkeit ist. Es geht ihm an vielen Stellen darum, schriftlich und öffentlich darüber nachzudenken, wie Politik auf einer scheinbar unspektakulären Ebene funktioniert, was sie einem abverlangt – und was sie einem gibt, etwa in Gestalt von Begegnungen mit spannenden Zeitgenossen.

Lehmann-Brauns vermerkt die wegen Polit-Terminen verpassten Abiturfeiern seiner Kinder: „Dieses Defizit ist zwar verziehen, aber nicht vergessen. Unwiederbringlich.“ Und er erinnert sich an Menschen von Vitali Klitschko bis zu Benedikt Maria Mülder, einem Journalisten und offenbar auch Freund, der – wie Lehmann-Brauns – von seinem politischen Denken und Empfinden her zu differenziert war, um in eine Rubrik zu passen.

Größeren Raum nehmen die Kulturmenschen Rolf Hochhuth, der streitbare Theatermann, und Wolf Biermann ein. Lehmann-Brauns lud ihn gelegentlich ins Abgeordnetenhaus ein, wo Biermann gleich lospolitisierte.

So ist auch dieses Buch ein Berlin-Buch geworden, mit Reminiszenzen an die versunkene DDR – und an die Lieblingsländer von Lehmann-Brauns, Russland und Italien. Fragt man Lehmann-Brauns beim Gespräch in seinem Charlottenburger Stammcafé, was ihn am Schreiben halte, erzählt er von seiner Großmutter. Die habe abends immer gestrickt. Er selbst setze sich am Ende des Tages hin und schreibe so vor sich hin. Man kann sagen: Lehmann-Brauns wirkt Texte. Wenn man sich für das geteilte und das geeinte Berlin interessiert: überaus lesenswerte.

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