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Massenbesetzung der Klima-Kleber auf der Straße des 17. Juni. (Archivbild)

© IMAGO/A. Friedrichs

Update

Verfahren zeigen kaum Wirkung: Gerichtsabteilungen für Blitz-Prozesse gegen Klimaaktivisten in Berlin aufgelöst

Die Schnellverfahren gegen Klimaaktivisten in Berlin zeigen kaum Wirkung. Zum 1. Januar wurden deshalb die neuen Gerichtsabteilungen wieder aufgelöst. Doch das muss kein Scheitern bedeuten.

| Update:

Es zeichnete sich schon im Oktober ab, nun ist klar: Die eigens für Blitzprozesse gegen Klimaaktivisten etwa der Gruppe „Letzte Generation“ geschaffenen Abteilungen am Amtsgericht Tiergarten sind Geschichte. Das Gericht hat zum Jahreswechsel die erst im Juli eingerichteten Abteilungen wieder aufgelöst. Das sagte eine Gerichtssprecherin und bestätigte damit einen Bericht der „Welt am Sonntag“.

Ist damit das härtere Vorgehen gegen sogenannte Klimakleber gescheitert? Darüber gehen die Meinungen auseinander. Die Staatsanwaltschaft will weiter an Schnellverfahren festhalten. Künftig werden die Blitzprozesse auf die meisten anderen Richter verteilt. Das könnte sogar förderlich sein, hieß es nun von der Staatsanwaltschaft.

Auch wenn die CDU-geführte Senatsjustizverwaltung jede Einflussnahme bestritten hatte, so gab es mit dem neuen schwarz-roten Senat ein klares politisches Klima. Wenige Wochen nach seinem Amtsantritt hatte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) eine härtere Gangart gegen die Straßenblockierer angekündigt. Es könne nicht sein, „dass festgenommene Blockierer nach wenigen Stunden wieder auf freiem Fuß sind und sich an der nächsten Kreuzung festkleben“, hatte Wegner im Mai gesagt. Er wolle „Berlin aus der Geiselhaft dieser Chaoten“ befreien.

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Schließlich signalisierte die Staatsanwaltschaft dem Amtsgericht, mehr Eilverfahren gegen Klimaaktivisten durchführen zu wollen. Kritiker sprachen dennoch von einer Sonderjustiz, Verbände von Strafverteidigern vermuteten eine politische Einflussnahme auf. Das Gericht bildete fünf neue Abteilungen, davon wurden zwei mit Proberichtern besetzt, jeweils mit einer halben Stelle. Damit, so zeigt sich nun, war die Vielzahl der Verfahren kaum zu schaffen. Was politisch zumindest goutiert wurde, fiel am Ende mager aus.

Die Staatsanwaltschaft hat nach eigenen Angaben für 197 Fälle beschleunigte Verfahren beantragt. Davon sind 137 noch offen. Seit Juni sind nur elf Urteile ergangen, davon sieben Geldstrafen und vier Freisprüche. 48 Anträge wurden abgelehnt. Der Grund: Die meisten Fälle eigneten sich laut Gericht nicht für Blitzprozesse, weil die Beweislage dann doch nicht so einfach war. Sie müssen nun in regulären Prozessen verhandelt werden. Bei der Staatsanwaltschaft erhofft man sich, dass jetzt, da alle Verfahren auf mehr Richter verteilt werden, Schnellprozesse nicht mehr einfach abgelehnt werden, sondern zu Ende geführt werden.

Für den Vorwurf der Nötigung durch eine Straßenblockade ist der Aufwand für Beweisaufnahme und Urteil sehr hoch. Darauf hatte auch das Kammergericht als höchste Berliner Instanz in Entscheidungen hingewiesen: Demnach seien die Blockaden zwar nicht von der Versammlungsfreiheit gedeckt, doch für eine Nötigung bedürfe es einer „fallbezogenen Abwägung“ etwa zu Dauer, Art und Ausmaß der Blockade, möglichen Ausweichwegen und einem Bezug zwischen Blockade und den Blockierten.

Beim Vorwurf des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, der sich in den meisten regulären Urteilen durchgesetzt hat, war es meist einfacher. Der Widerstandsvorwurf ist erfüllt, weil Polizisten das Ende oder eine Verlegung der Blockadeversammlungen anordneten, die auf der Straße Festgeklebten dem aber nicht nachkamen. Doch Anfang Oktober setzte das Kammergericht auch hierfür den Beweisaufwand für die genauen Abläufe herauf.

Der Deutsche Anwaltverein kritisierte den Ruf nach einer „Sonderbehandlung für einzelne Deliktsphänomene“ als „politische, von populistischem Aktionismus getriebene Forderungen“. Die Berliner Richterinnen und Richter hätten hingegen klargestellt, „dass sie nicht bereit sind, rechtsstaatliche Garantien tagespolitischen Versuchen einer Einflussnahme zu opfern“. (mit Tsp, AFP)

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