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Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin von Berlin, und Kai Wegner, Spitzenkandidat der CDU, kommen zu Sondierungsgesprächen auf dem EUREF-Campus

© dpa/Fabian Sommer

Wegner sieht „deutlich mehr Schnittmengen“: Berliner CDU will Koalitionsverhandlungen mit der SPD

Der CDU-Landesvorstand beschließt, mit der SPD Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Kai Wegner spricht von einer „Koalition, die auf Vernunft basiert“ – und macht den Grünen zugleich Avancen.

Die Berliner CDU will Koalitionsverhandlungen mit der SPD aufnehmen. Das hat der Landesvorstand der Partei am späten Donnerstagnachmittag einstimmig beschlossen. CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner begründete die Entscheidung mit den größeren inhaltlichen Übereinstimmungen der beiden Parteien. „Es gibt deutlich mehr Schnittmengen mit den Sozialdemokraten“, sagte er im Anschluss an die Sitzung des CDU-Landesvorstands.

Ziel sei nun, schnell eine neue Regierung zu bilden. „Wir wollen, dass Berlin sich nicht an jedem Tag neu erfindet, sondern dass die Basics funktionieren“, sagte Wegner. Die Bürger müssten spüren, dass es „stetig ein bisschen besser wird“.

Inhaltlich setzt die CDU unter anderem auf das Thema Sicherheit und Ordnung. „Wir wollen dafür sorgen, dass Berlin eine sichere und saubere Stadt wird, wo die Polizei eine moderne Ausstattung bekommt“, sagte Wegner. Ziel sei zudem, den Mieterschutz voranzubringen und den Wohnungsbau anzuschieben.

Daneben solle es eine Mobilitätspolitik geben, „die für alle funktioniert“. Das umfasse neben Fahrradfahrern und Fußgängern „auch das Auto“, erklärte der CDU-Spitzenkandidat.

Koalitionsverhandlungen ab kommender Woche

Die Koalitionsverhandlungen sollen Wegner zufolge in der kommenden Woche beginnen. Bereits am Montag sollen die Arbeitsgruppen eingesetzt werde. Später in der Woche solle auch die Dachgruppe zusammenkommen.

Obwohl sich die CDU für Koalitionsverhandlungen mit der SPD entschieden hat, lobte Kai Wegner ausführlich die Sondierungen mit den Grünen. „Wir hatten gute, offene, vertrauensvolle und sehr verlässliche Gespräche“, sagte Wegner. Letzteren Punkt hatte er zuvor über die Runden mit der SPD nicht genannt.

Bei den Treffen habe man festgestellt, dass es große Unterschiede gebe. Man habe jedoch versucht, Brücken zu bauen. Wegner betonte, dass es dadurch künftig mit den Grünen eine neue Basis der Gespräche gäbe. „Hier ist ein neues Verhältnis entstanden. Dafür bin ich den Grünen sehr dankbar.“

Zuvor hatte SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey erneut ihren Schwenk zu einer möglichen Koalition mit der CDU verteidigt. „Es gab eine Unzufriedenheit mit dem bestehenden Bündnis. Wir haben immer wieder gehört, dass die Menschen unzufrieden waren mit der Verkehrspolitik, auch mit dem öffentlichen Streit darüber“, sagte Giffey im Interview mit dem Tagesspiegel.

Es gab eine Unzufriedenheit mit dem bestehenden Bündnis. Wir haben immer wieder gehört, dass die Menschen unzufrieden waren mit der Verkehrspolitik, auch mit dem öffentlichen Streit darüber.

Franziska Giffey (SPD) im Interview mit dem Tagesspiegel

Die SPD-Spitzenkandidatin griff insbesondere die Grünen an und machte sie für ein Scheitern der Gespräche zur Fortführung von Rot-Grün-Rot verantwortlich. Die Partei hätte für die SPD wichtige Themen wie das 29-Euro-Ticket oder die Wohnungsbauziele relativiert.

Auch habe es etwa Streit über die künftige Zusammenarbeit gegeben. „Die Linken waren deutlich kompromissbereiter, hatten auch mehr Akzeptanz dafür, dass es eine Führungsrolle gibt, auch wenn der Vorsprung knapp ist.“

Jarasch kontert Giffeys Vorhaltungen

Grüne-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch wehrte sich am Donnerstag gegen Giffeys Vorhaltungen. „Die SPD hat die Tür für ein Bündnis mit uns und den Linken mit einem lauten Knall zugeschlagen, begleitet von öffentlichen Diffamierungen ihrer bisherigen Koalitionspartner. Das macht man einfach nicht. Daraus werden wir auch unsere Schlüsse ziehen“, sagte Jarasch.

Linke-Spitzenkandidat Klaus Lederer kritisierte die Entscheidung der SPD-Spitze, eine Koalition mit der CDU eingehen zu wollen, als Absage an eine progressive Stadtpolitik. Lederer reagierte auch auf die Schuldzuweisungen der SPD für das Scheitern der Gespräche an Linke und Grüne. „Die Verantwortung dafür trägt allein die SPD. Es gibt nichts Unüberwindliches, nichts, was man nicht auch miteinander in der Lage wäre, hier umzusetzen, auch von den großen Herausforderungen der Stadt.“

Trotz des Beschlusses des SPD-Landesvorstands hält auch innerhalb der Partei die Kritik an der Entscheidung an. Die Jusos wollen das Bündnis mit der CDU noch über den anstehenden Mitgliederentscheid stoppen. „Was jetzt folgen wird und muss, ist die größte parteiinterne Kampagne, die die SPD Berlin je gesehen hat“, twitterten die Jusos.

Zugleich warnt erstmals ein führender Berliner Christdemokrat vor einem Bündnis mit der SPD. „Ich werbe ausdrücklich für eine progressive Koalition zwischen CDU und Grünen“, sagte der Abgeordnete Christian Gräff dem Tagesspiegel.

Gräff wies zudem darauf hin, dass in vielen Ämtern und Verwaltungen seit Jahren sozialdemokratische Funktionäre das Sagen hätten – auch, weil die SPD in Berlin seit der Wiedervereinigung ununterbrochen am Senat beteiligt gewesen sei. „Die Stadt braucht neue Ideen, frischen Wind“, sagte Gräff. „Die Berliner SPD muss sich in der Opposition erneuern. Sie ist in Berlin vorerst nicht regierungsfähig.“

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