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Elefanten fehlt es oft an Futter.

© Foto: dpa/Steffen Trumpf

Die doppelte Katastrophe: Die Jahrhundertdürre im Osten Afrikas führt zu immer mehr toten Tieren

Hunderte Elefanten sind allein in Kenia zuletzt gestorben. Ihre Jungen sind besonders gefährdet. Aber auch Gnus, Zebras und Büffel unterliegen erschwerten Bedienungen.

Von Johannes Dieterich

Ein kleiner Elefant, kaum größer als ein Kalb, irrt durch den staubtrockenen Samburu-Nationalpark im Norden Kenias – nicht nur auf der Suche nach etwas Essbarem. Was man den Bildern nicht entnehmen kann: Der tapsige Rüsseltierjunge ist einer von zwei äußerst seltenen Zwillingselefanten, die Anfang dieses Jahres in dem Reservat erstmals ausgemacht wurden – doch inzwischen fehlt von dem Bruder des Baby-Jumbos jede Spur. „Wahrscheinlich ist er verhungert“, teilt die Tierschutzorganisation „Save the Elephants“ über Twitter mit.

Mindestens 205 Elefanten sollen allein in Kenia in den vergangenen neun Monaten gestorben sein, heißt es in einer Studie des zuständigen Ministeriums: Außerdem 512 Gnus, 430 Zebras, 51 Büffel und zwölf Giraffen. Nur die Spitze des Leichenberges, heißt es in der Studie außerdem: Ein großer Teil der Tierkadaver sei vermutlich gar nicht aufgefunden worden, weil sie sich zu abgelegen im Busch befänden oder bereits von Aasfressern verzehrt worden seien.

Junge Elefanten sind besonders gefährdet, wissen Fachleute. Sie können nur einen kleinen Teil der Blätter erreichen, während ihre Mütter im Stress der Dürre keine Milch mehr produzierten. Ein ausgewachsener Jumbo braucht mindestens 200 Liter Wasser und gut 200 Kilogramm Futter pro Tag: In Zeiten, in denen der Niederschlag gleich in fünf Regenzeiten in Folge ausblieb, ein nur schwer erreichbares Ziel. Allein in Kenia sind derzeit fünf Millionen Menschen vom Hunger bedroht, mehr als 1,5 Millionen Ziegen und Rinder verhungerten bereits.

200
Liter Wasser benötigt ein ausgewachsener Elefant am Tag

Unter den Wildtieren sind vor allem Pflanzenfresser gefährdet – auch akut vom Aussterben bedrohte, wie das Grevy-Zebra mit seinen besonders feinen Streifen, das es nur noch im Norden Kenias und Äthiopien gibt. Ihre Gesamtzahl wird auf rund 2500 Exemplare geschätzt. Mindestens 49 von ihnen sollen in den vergangenen neun Monaten gestorben sein, fast zwei Prozent aller noch lebenden Streifentiere.

Die Verantwortlichen der kenianischen Nationalparks haben damit begonnen, neue Wasserlöcher zu bohren und die hungernden Pflanzenfresser mit Heu zu füttern. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, bei der Beschaffung des Beifutters behilflich zu sein – was dieser nicht gerade leicht fällt.

Denn die Hungersnot wirkt sich auch katastrophal auf die Koexistenz zwischen Menschen und wilden Tieren aus. Francis Mutuku bewirtschaftet zwei Hektar Land, die an den Tsavo-Nationalpark im Südosten Kenias angrenzen. „Wir hatten bisher keine Probleme mit wilden Tieren“, sagt der Kleinfarmer der britischen Zeitung Guardian: „Wir hatten alle genug zu Essen.“

Grevy-Zebras sind vom aussterben bedroht und nur noch selten vorzufinden.

© Foto: AFP/ERNERYD

Im Verlauf der anhaltenden Dürre suchten jedoch vor allem Elefanten immer öfters seine Felder auf – und vernichteten alles, was er gepflanzt oder gesät habe. Mutuku und seine Nachbarn gingen dazu über, die Dickhäuter mit Lärm, mit dem Licht starker Lampen oder mit Chili-Bomben zu vertreiben. Doch die hungrigen Rüsseltiere würden immer dreister – kürzlich hätten zwei erwachsene Elefanten gefolgt von sieben Jungen seinen Wassertank zerstört.

„Die Leute sagen, der Regen komme immer seltener, weil die reichen Länder die Luft verschmutzt haben“, meint Matuku. „Ich kann keinen Mais mehr anbauen, sondern muss auf Pflanzen wie Mungbohnen ausweichen, die schneller reifen und weniger Wasser brauchen“: Die vierbeinigen Mitesser des Kleinfarmers haben jedoch auch gegen Mungbohnen nichts auszusetzen.

Bisher drohte den rund 15.000 Elefanten des Tsavo-Parks die größte Gefahr von Wilderern: Aber inzwischen kämen zwanzig Mal mehr Dickhäuter wegen der Klimakrise als durch die Schüsse illegaler Elfenbeinjäger ums Leben, klagt Najib Balala, Kenias Minister für Naturschutz und Tourismus.

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