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Barbara Straub wurde im September 2022 zur neuen Leiterin OB-ICG.

© Foto: Stadt Stuttgart/Leif Piechowski

Streitfall im Stuttgarter Rathaus: Frau Straub, warum hängen bei Ihnen Tampon-Automaten in den Herrenklos?

Bundesweit sorgen die Spender für Menstruationsprodukte im Stuttgarter Rathaus für Aufsehen. Fünf Fragen an die verantwortliche Abteilungsleiterin.

Seit im Stuttgarter Rathaus drei Tampon-Spender auf den Herrentoiletten installiert wurden, gibt es Streit in der Schwabenmetropole. Boulevardmedien stürzten sich auf den Fall, der konservative Teil der Lokalpolitik gibt sich fassungslos. So glaubt ein lokaler CDU-Politiker, dass sich die Stadt „bundesweit zum Gespött“ mache. Der CDU-Bürgermeister sieht in den Automaten ein Zeichen dafür, wie weit sich Kommunalpolitik von den Bürgern entfernt habe.

Doch wie sind die umstrittenen Automaten überhaupt auf die Herrenklos gekommen? Ein Gespräch mit der Initiatorin Barbara Straub, die die Abteilung für individuelle Chancengleichheit von Frauen und Männern im Stuttgarter Rathaus leitet.

Frau Straub, was haben Sie mit dem Aufhängen der Tampon-Spender zu tun?
Ich habe meine Stelle erst im September angetreten. Zu dem Zeitpunkt hatte die Grünen-Fraktionen ihren Antrag im Gemeinderat längst gestellt, im Dezember 2021 wurde er bewilligt. Das war ein Paket und mit drin war die Forderung nach kostenfreien Menstruationsprodukten in städtischen Toiletten, zuerst im Rathaus und im zweiten Schritt in den Bürgerbüros.

Die Produkte sollten ohne Wenn und Aber zur Verfügung stehen. Meine Abteilung hat es dann so umgesetzt, dass die Spender im Rathaus auch in den Herrentoiletten aufgehängt wurden.

Warum sind sie dort sinnvoll?
Wir wollen die Produkte auch trans und nicht-binären Menschen zur Verfügung stellen. Der Stuttgarter Weg der Gleichstellung achtet sehr auf Vielfalt. Wir möchten die Produkte allen Menschen zur Verfügung stellen, die sie auf den Herrentoiletten brauchen könnten – auch wenn es nur wenige sind. Ich finde es schade, dass wir jetzt an diesen drei Spendern in den Toiletten das ganze Thema aufziehen.

Wie nehmen sie die aktuelle Debatte über die Spender wahr?
Ich finde es schwierig, dass man eine Gruppe von Menschen lächerlich macht. Wir sollten auch die Menschen im Blick haben, die die Menstruation erleben: nämlich Frauen und Mädchen.

Warum sind kostenfreie Menstruationsprodukte an öffentlichen Stellen überhaupt notwendig?
Wir wollen das Thema Menstruation enttabuisieren und unser eigentliches Ziel ist es, Personen in prekären Lebenssituationen Hygieneartikel zur Verfügung zu stellen, wenn sie sie brauchen. Wir möchten Personen erreichen, die wenig Geld haben, denn Hygieneartikel sind über das Jahr gerechnet nicht günstig. Wenn sie von ihrer Periode überrascht werden, können sie im Rathaus an Produkte kommen.

Wie wird es mit den Spendern auf den Herrentoiletten weitergehen?
Es ist ein Pilotprojekt und läuft bis Ende 2023. Wir schauen, ob es einen Bedarf gibt und dann evaluieren wir. Wir gucken, wie viele Hygieneprodukte dort gebraucht worden sind und wie viele auf der Frauentoilette – natürlich werden das viel mehr sein.

Eine Evaluation wird leider nicht hundertprozentig machbar sein. Wir haben bereits einen Zettel aufgehängt, der erklärt, warum der Spender auf der Herrentoilette hängt und, dass sich bitte, bitte nur diejenigen Menschen bedienen, die es benötigen.

Aber wir können natürlich nicht verhindern, wenn ihn jemand missbraucht. Trotzdem finde ich es wichtig, das Angebot überhaupt einmal zu testen und zu gucken: Wird es angenommen? Ist das Rathaus der richtige Ort? Wären vielleicht Schulen und Jugendhäuser bessere Anlaufstellen?

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