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Master André.

© epd / Christian Venn

Dominus und Sexarbeiter: Master André hat einen Wunsch an die Politik

Seit neun Jahren ist Master André Sexarbeiter in Berlin – und setzt sich gegen die Stigmatisierung seines Berufs ein. Im Video erklärt er, was die Politik tun sollte.

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Wenn Master André durch sein Berliner Studio führt, begleitet ihn das Geräusch von quietschendem Leder. Die schwarze Kluft von Kopf bis Fuß gehört dazu als Dominus – die männliche Form der Domina. Seit neun Jahren arbeitet Master André in dem Beruf, er ist einer von knapp 24.000 angemeldeten Sexarbeitenden in Deutschland.

Sein Spezialgebiet ist BDSM, wo es um Dominanz und Unterwerfungsspiele geht. Er zeigt einen Raum, der in Schwarz und Rot gehalten ist. In der Mitte steht ein Bett, an der Wand hängen Handschellen, Halsbänder und anderes Gerät. „So stellt man sich ein Dominastudio vor, mit diesen ganzen martialischen Haken und Ösen“, sagt André. Er finde das toll.

Auch einen „weißen Bereich“ gibt es, mitsamt Untersuchungsstuhl wie beim Gynäkologen und einem Monitor für Röntgenbilder. „Der weiße Bereich bedeutet, dass man die Arzt-Patienten-Atmosphäre schafft.“ Der 46-Jährige hat früher im Marketing gearbeitet, doch bereits mit 18 Jahren Drinks in einer Rotlicht-Bar gemixt. Berührungsängste hatte er nie. Die Menschen, die seinen Beruf moralisch verurteilten, würden ihre eigenen Bedenken auf alle anderen projizieren, sagt André. „Das ist Quatsch.“

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Sexarbeit ist so umstritten wie wohl kein anderer Berufszweig. Einige Aktivist:innengruppen setzen sich für ein komplettes Verbot ein oder für das sogenannte „Nordische Modell“ nach dem Vorbild der schwedischen Gesetzgebung. Dort werden Freier bestraft, Sexarbeitende werden entkriminalisiert. Andere, wie die Berliner Beratungsstelle Hydra, setzten sich für die Entstigmatisierung von Sexarbeit und mehr Rechte für Sexworker ein. In Deutschland gilt Prostitution seit 2002 als Beruf, seit 2017 existiert ein Prostitutionsschutzgesetz.

Keine Weiterbildungsmöglichkeiten

Auch Master André kämpft für mehr Akzeptanz seines Berufsstandes. Marketing, Buchhaltung und Steuern, all das müssten Sexarbeitende sich selbst beibringen, sagt er. „Warum gibt es für jeden Beruf Möglichkeiten, sich weiterzubilden? Nur in unseren Berufen nicht.“ Dass Sexarbeitende noch immer stigmatisiert werden und die beruflichen Barrieren so hoch seien, erleichtere der Kriminalität ihren Weg.

Er habe bereits in vielen Bordellen gearbeitet, die Frauen auch hinter den Kulissen kennengelernt. „Diese Unfreiwilligkeit habe ich bisher nicht wahrgenommen“, sagt er. Menschenhandel, Zwangsarbeit und Ausbeutung seien kriminell und klar zu trennen von der legalen, angemeldeten Sexarbeit.

Monatelang war Sexarbeit verboten

Gerade während der Pandemie hatten es Sexarbeitende nicht leicht. Monatelang war Prostitution verboten, Bordelle blieben geschlossen. Master André war damals einer der Sexworker, die sich öffentlich dafür einsetzten, mit entsprechenden Hygienekonzepten wieder arbeiten zu dürfen.

Nach der Pandemie ist die Zahl der angemeldeten Sexarbeitenden um 41 Prozent gesunken. Viele seien während der Lockdowns in die Illegalität abgewandert und dort auch geblieben, wie etwa der Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen e.V. beklagt. Sie hätten von ihren privaten Wohnungen aus weitergearbeitet oder seien ins Ausland gegangen. Der Schutz vor Gewalttaten sei so deutlich gesunken.

Master André wünscht sich von der Politik, dass es endlich einen Runden Tisch zum Thema Sexarbeit auf Bundebene gibt. Es soll darum gehen, was man für mehr Akzeptanz von Sexarbeit als Bestandteil der Gesellschaft tun kann und wie sich Kriminalität so klein wie möglich halten lässt. Besonders wichtig ist ihm, dass auch Sexarbeitende selbst mit an dem Tisch sitzen. „Das ist mein ganz, ganz großer Wunsch und auch ein Appell an die Politik, das endlich umzusetzen“, sagt der Dominus. (Mit Material von epd)

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