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Ingo Bach

© Tagesspiegel/Nassim Rad

Die gute Nachricht: Übertragungswege von HIV erfolgreich abgeschnitten

Die Infektionszahlen mit dem Aids-Virus sind so niedrig wie seit 20 Jahren nicht mehr.

Eine Kolumne von Ingo Bach

Todesangst, Ausgrenzung und ungewollte Outings – die Zeiten, als HIV noch Schrecken verbreitete, versinken zumindest in Deutschland in immer weiterer Ferne. Das ist die gute Nachricht zum heutigen Weltaidstag, die das Robert-Koch-Institut (RKI) jüngst vermeldet: „Bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), ist die Zahl der geschätzten Neuinfektionen, von 1100 im Jahr 2020 auf etwa 1000 im Jahr 2021 gesunken.“ Bei anderen Risikogruppen, wie Abhängigen von intravenös konsumierten Drogen, blieb die Zahl gleich hoch. Die Rate von Neuinfektionen mit dem Aids-Erreger sei damit so niedrig wie seit 20 Jahren nicht mehr.

Dieser Erfolg liegt nicht etwa daran, dass die Erkrankung heilbar wäre. Sondern daran, dass die Betroffenen so diszipliniert sind, und das seit Jahrzehnten, seit vor rund 40 Jahren Aids erstmals beschrieben wurde. Diese Disziplin unterbricht die Infektionsketten des HI-Virus immer wirkungsvoller.

96 Prozent der Menschen mit positivem HIV-Test sind in Therapie

Da sind zum einen die hochwirksamen, sogenannten antiretroviralen Medikamente, die die Zahl der Viren unter die Nachweisgrenze drücken, so dass die Infizierten den Erreger nicht mehr weitergeben. Der Anteil der so behandelten Menschen mit diagnostizierter HIV-Infektion liege bei 96 Prozent, schreibt das RKI. „Bei fast allen Behandelten ist die Behandlung erfolgreich, so dass sie nicht mehr infektiös sind.“

Der andere wirksame Blocker gegen die Virusverbreitung sind Kondome und vor allem und immer öfter genutzte Präexpositionsprophylaxe (PrEP). Dabei verhindern antiretrovirale Medikamente, dass sich das HIV im Körper vermehren kann und somit eine Infektion. Seit September 2019 übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die PrEP-Kosten für Menschen , die ein Risiko haben, sich anzustecken. „Der Rückgang von HIV-Neudiagnosen und der geschätzte Rückgang von Neuinfektionen seit 2019 deuten auf eine Verhinderung von Neuinfektionen durch PrEP-Gebrauch hin.“

Was die Forscherinnen und Forscher so vorsichtig ausdrücken, ist eine wirklich gute Nachricht. Man muss es anerkennen: Die Entscheidung der damaligen schwarz-roten Bundesregierung, die Kosten für PrEP von den Kassen übernehmen zu lassen, war eine richtig gute Entscheidung.

Bleibt noch die letzte Lücke, die es zu schließen gilt. Denn die Infektionen werden offenbar nur noch getrieben von Denjenigen, bei denen eine HIV-Infektion noch nicht erkannt ist. Deshalb ist es so wichtig, gerade hier anzusetzen. Die HIV-Tests, die bei Ärzten oder Beratungsstellen angeboten werden, haben eine Ergänzung bekommen. Seit 2018 gibt es HIV-Selbsttests für zu Hause.

Sie haben zwar ihre Tücken. So sind die Antikörper gegen HIV erst zwölf Wochen nach der Infektion nachweisbar. Und trotzdem helfen auch sie, die letzte Lücke zu verkleinern. Denn diejenigen, die sich nicht in eine Teststelle begeben wollen – sei es aus Angst vor Offenbarung oder vor dem Warten auf das Testergebnis – werden so zumindest zu einem Teil erreicht, um dann zu entscheiden, sich und andere vor einer Infektion zu schützen.

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