zum Hauptinhalt
Laufmaschine von Karl Drais, Mannheim, 1817. Bild: Deutsches Museum

© Deutsches Museum

Heute vor 206 Jahren: Als die Pferde starben: Das erste Fahrrad

Es war eine düstere Zeit, als der badische Erfinder Karl Drais ein seltsames Gefährt konstruierte. Auch wenn er dessen Siegeszug nicht mehr erlebte, war es die Geburtsstunde des Fahrrads.

Eine Kolumne von Birgit Herden

Der Rauch kanadischer Waldbrände zieht derzeit Tausende Kilometer weit und taucht New York in orangefarbenes Licht. Das erinnert einmal mehr daran, wie auf dieser Welt alles mit allem zusammenhängt, dass weit entfernte Ereignisse ungeahnte Auswirkungen haben können.

So war es auch im Jahr 1815, als auf der indonesischen Insel Sumbawa der Vulkan Tambora mit einer weithin hörbaren Explosion ausbrach. Eine gigantische Aschewolke breitete sich über weite Teile der Erde aus – mit katastrophalen Folgen für Weltklima, Umwelt und Landwirtschaft. An das darauf folgende Jahr erinnert man sich als das „Jahr ohne Sommer“. Es brachte Millionen von Menschen in Not, beflügelte aber mindestens in einem Fall den Erfindergeist.

Historische Darstellung des hölzernen Laufrads.

© picture alliance / dpa/dpa

Die Kältewelle traf Süddeutschland besonders hart, die Menschen litten Hunger, das Vieh starb oder musste geschlachtet werden. So auch viele Pferde, womit den Menschen das wichtigste Transportmittel der damaligen Zeit fehlte. Es war wohl diese Not, die einem badischen Tüftler eine größere Bühne bot – für die Idee eines seltsam anmutenden Gefährts.

Karl Freiherr Drais, Forstbeamter und Erfinder, hatte sich schon zuvor mit allerlei technischen Neuerungen einen Namen gemacht, etwa mit einer „Notenschriftmaschine“ oder einem „Holzsparherd“. Um eine schnellere Fortbewegung ohne Pferde zu ermöglichen, hatte er bereits 1813 einen Wagen mit vier Rädern entwickelt, die mit einer Kurbel angetrieben wurden.

Karl Friedrich Christian Ludwig Freiherr Drais von Sauerbronn, geboren 1785 in Karlsruhe.

© imago/Becker&Bredel

Doch der Geniestreich, mit dem er in die Geschichte eingehen sollte, war seine zweirädrige „Laufmaschine“: ein hölzerner Rahmen, zwei gleich große hölzerne Räder, dazwischen ein Sattel und eine Lenkstange. Angetrieben wurde das Ur-Fahrrad noch durch Abstoßen mit den Füßen, so wie es heute noch kleine Kinder mit ihren Laufrädern tun.

Am 12. Juni 1817, heute vor 206 Jahren, unternahm Drais seine erste längere Fahrt mit der „Draisine“. Mit der für die damalige Zeit erstaunlichen Geschwindigkeit von 15 km/h legte er von seinem Wohnhaus in Mannheim aus in einer knappen Stunde insgesamt 14 Kilometer zurück.

Die Draisine wurde in der Folgezeit vielfach kopiert und weiterentwickelt, um Kettenantrieb, Gummireifen und trapezförmigen Rahmen zum modernen Fahrrad ergänzt. Karl Drais, dem die Welt noch weitere Erfindungen wie die Steno-Schreibmaschine verdankt, gelang eine Vermarktung nicht, er starb in Armut. Als Draisine bezeichnet man nur noch Hilfsfahrzeuge auf Bahnschienen, die ursprünglich seiner Laufmaschine ähnelten.

Doch allein in Deutschland gibt heute rund 81 Millionen Fahrräder. Noch immer sind sie ein geniales, billiges Mittel der Fortbewegung – und mittlerweile auch Teil einer Strategie, einen weltweiten Klimawandel abzumildern.

Lesen Sie alle bisher erschienenen Folgen der „Tagesrückspiegel“-Kolumne hier.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false