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Das Kapitol in Washington bei Sonnenaufgang.

© dpa/J. Scott Applewhite

Haushaltsstreit in den USA: Schon wieder droht der Supermacht der Stillstand

Falls die Republikaner im Repräsentantenhaus den Haushalt von US-Präsident Biden ablehnen, folgen zähe Verhandlungen. Mit möglicherweise weitreichenden Folgen.

In Washington hat wieder einmal der Countdown begonnen. Wenn sich der Kongress nicht bis Samstagnacht 23.59 Uhr (Ortszeit) auf einen Kompromiss im Haushaltsstreit einigen kann, kommt es zum sogenannten Government Shutdown. Das Weiße Haus hat Bundesbehörden bereits angewiesen, sich auf eine mögliche Haushaltssperre vorzubereiten.

Warum scheint ein Kompromiss so schwierig zu sein, und was droht im schlimmsten Fall? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Worum geht es genau?

Die US-Regierung wird durch zwölf Ausgabengesetze finanziert, die jedes Jahr durch den Kongress verabschiedet und vom Präsidenten unterschrieben werden. Ende September läuft der Ende 2022 vom Kongress gebilligte Haushalt aus.

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Gelingt es den Mitgliedern des Repräsentantenhauses bis dahin nicht, sich auf ein Haushaltspaket zu einigen oder zumindest ein Übergangsbudget zu verabschieden, fehlt der Regierung das Geld, um ihre laufenden Ausgaben zu bedienen.

Über einen möglichen Shutdown wird inzwischen fast jedes Jahr gesprochen. Die jeweilige Opposition nutzt die Drohung mit der unpopulären Haushaltssperre, um die Regierung zu Kompromissen zu zwingen. Eine Einigung gibt es häufig erst unmittelbar vor Fristablauf.

14
Mal kam es seit 1981 zu einem Shutdown.

Und nicht selten wurde diese Frist auch überschritten: Seit 1981 kam es insgesamt 14-mal zu einem Shutdown.

Aber derzeit ist die Lage besonders verfahren. Bei den Republikanern im Repräsentantenhaus, die nur über eine sehr knappe Mehrheit verfügen, nehmen die internen Grabenkämpfe an Bedeutung zu.

Unter Druck vom rechten Flügel seiner Fraktion: Der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy.

© Getty Images via AFP/ALEX WONG

Der Sprecher dieser Kongresskammer, der Republikaner Kevin McCarthy, wurde im Januar erst im 15. Wahlgang und nach weitreichenden Zugeständnissen gewählt.

Er steht unter großem Druck der radikalen Rechten in seiner Fraktion, dem „Freedom Caucus“. Nun rächt sich vor allem, dass er damals einer Forderung nachgab: Ein einziger Abgeordneter reicht nun wieder, um ein Votum über die Absetzung des Vorsitzenden herbeizuführen. Die Vertrauensfrage steht also ständig im Raum.

Was droht?

Wird kein Kompromiss gefunden, kann die Regierung ab Oktober keine Gehaltsschecks mehr für ihre rund vier Millionen Angestellten auf Bundesebene ausstellen. In der Folge müssten Hunderttausende Staatsbedienstete unbezahlten Urlaub nehmen.

Viele, wenn auch nicht alle Behörden, würden die Arbeit herunterfahren, Museen und Nationalparks schließen. Je nach Dauer des Shutdowns könnte es zu Verzögerungen bei der Ausstellung von Reisepässen, Visa und Steuerrückzahlungen kommen. Möglich ist auch, dass soziale Leistungen, etwa für einkommensschwache Familien, vorübergehend ausgesetzt werden.

Als „unverzichtbar“ eingestufte Bundesbeamte wie Polizisten oder Feuerwehrleute würden erst mal weiterarbeiten, ohne bezahlt zu werden.

Militäreinsätze und die Kontrolle des Luftverkehrs wären nicht betroffen. Beim Shutdown 2019 meldeten sich aber nach einem Monat ohne Gehalt immer mehr Sicherheitsbeamte an den Flughäfen krank – eine Entwicklung, die letztlich die Kompromissfindung beschleunigte.

Was sind die Hintergründe des aktuellen Streits?

Der Machtkampf innerhalb der Republikaner droht, das Land lahmzulegen. Die Hardliner drohen ganz offen mit einer Abwahl McCarthys, sollte der nicht stärker auf ihre Forderungen eingehen.

Im Juni stimmte der Kongress einem Deal zu, den Kevin McCarthy und US-Präsident Joe Biden ausgehandelt hatten. Die Schuldenobergrenze wurde bis 2025 ausgesetzt, damit wurde der Zahlungsausfall der USA in letzter Minute abgewendet.

Doch die Ex-Präsident Donald Trump nahestehenden rechten Hardliner in McCarthys Fraktion lehnten diesen Deal ab. Sie wollen McCarthy nun dazu zwingen, deutlich größere Ausgabenkürzungen durchzusetzen, als im Juni ausgehandelt worden waren.

Der Einfluss von Ex-Präsident Donald Trump auf seine Partei ist weiter sehr groß.

© REUTERS/Scott Morgan

McCarthys Vorschlag, erstmal einen Übergangshaushalt vorzulegen und dann weiterzuverhandeln, akzeptieren sie nicht. Insbesondere verweigern sie sich weiteren Hilfspaketen für die Ukraine, deren Verteidigung in ihren Augen nicht im Interesse der Vereinigten Staaten liegt. Als dritte, grundlegende Forderungen wollen sie, dass die Republikaner im Kongress ein Amtsenthebungsverfahren gegen Joe Biden offiziell starten.

Das Problem ist nur, dass McCarthy dafür ebenfalls nicht über die nötigen Stimmen verfügt. Selbst Republikaner vermissen die schlagenden Beweise dafür, dass der US-Präsident tatsächlich von den Geschäften seines Sohnes Hunter Biden profitierte.

Doch die Hardliner stört das nicht: Die Gruppe um die Abgeordneten Matt Gaetz, Chip Roy und Marjorie Taylor Greene scheint das Rampenlicht einmal mehr zu genießen.

Welche Rolle spielt Trump?

Trump hält den Rekord: Unter ihm erlebten die USA Ende 2018, Anfang 2019 den mit 35 Tagen bisher längsten Shutdown. Der Republikaner wollte das Haushaltsgesetz nicht unterzeichnen, in dem die von ihm geforderten 5,7 Milliarden Dollar für eine Grenzmauer zu Mexiko fehlten.

Nun ruft Trump den harten rechten Kern der Republikaner dazu auf, nicht nachzugeben. Den Grund dafür hat er in der vergangenen Woche selbst benannt: Er spekuliert darauf, dass damit auch die angeblich politisch motivierten Untersuchungen gegen ihn selbst „und andere Patrioten“ zum Stillstand kommen, wie er erklärte.

In dieser Frage könnte er sich indes irren. Das Justizministerium hat in einem Memo bereits festgehalten, dass strafrechtliche Ermittlungsverfahren „auf jeden Fall weitergehen müssen“, denn sie seien notwendig „für die Sicherheit menschlichen Lebens und den Schutz von Eigentum“. Bundesgerichte arbeiten bei „Shutdowns“ in der Regel weiter.

Wie die „Washington Post“ berichtet, spekulieren manche Republikaner auch darüber, gezielt den derzeit eingesetzten Sonderermittlern die Finanzierung zu entziehen. Das träfe allerdings nicht nur Jack Smith, der wegen Trumps Verhalten rund um die Präsidentschaftswahl 2020 und der Affäre um Geheimdokumente eingesetzt wurde.

Auch David Weiss, der im Fall Hunter Biden ermittelt, wäre davon wohl betroffen. Und das wiederum dürfte kaum im Interesse der Hardliner liegen.

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