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Binnenflüchtlinge in Khan Jounis im Süden Gazas, das die Flüchtlinge nun auch räumen sollen.

© REUTERS/IBRAHEEM ABU MUSTAFA

Israels Plan in Südgaza: Die USA wollen die Bodenoffensive verzögern

Ein US-Sicherheitsberater fordert mehr Schutz für die Zivilbevölkerung. Die WHO warnt vor einer nicht koordinierten „safe zone“ in al-Mawasi. Ein Überblick.

Die USA sind in Sorge über die von Israel angekündigte nächste Phase der Militäroperationen im südlichen Gazastreifen. Nach Angaben des stellvertretenden Nationalen Sicherheitsberaters Jon Finer versucht die US-Regierung, die Bodenoffensive im Süden zu verzögern.

„Wir denken, dass die Militäroperationen nicht beginnen sollten, bevor die zusätzlichen Zivilisten in die Planungen einbezogen sind“, sagte Finer in einem Interview am Sonntagabend dem US-Sender CBS. Man sei „ernsthaft besorgt, weil Hunderttausende Menschen in Gaza auf israelische Aufforderungen hin vom Norden in den Süden geflohen sind“.

Seit Tagen fordert die israelische Armee die Menschen im Süden Gazas auf, sich zum eigenen Schutz in die Region al-Mawasi westlich von Khan Jounis zu begeben. Dort würde internationale humanitäre Hilfe zugelassen werden.

„Lehren aus den Operationen in Nordgaza ziehen“

Israel sollte Lehren daraus ziehen, wie die Operationen in Nordgaza abgelaufen sind, sagte Finer weiter. „Dazu gehörten Lehren, wie die Zivilbevölkerung stärker und besser geschützt werden kann“, sagte Finer, der gleichzeitig unterstrich, dass Israel aus US-Sicht das Recht habe, die Militäroffensive im Süden zu intensivieren.

Als Beispiel für besseren Schutz nannte Finer „klarere Angaben, wo Zivilisten sicher sind“ und enger definierte Kampfzonen. Al-Mawasi ist eine Ansiedlung im Südwesten Gazas, etwa einen Kilometer breit und 14 Kilometer lang.

WHO spricht von „Rezept für eine Katastrophe“

Andere internationale Akteure sehen Israels Plan, die 2,2 Millionen Palästinenser im Gazastreifen in eine sogenannte „safe zone“ in die Region al-Mawasi zu treiben, kritischer. WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus nannte die Idee „ein Rezept für eine Katastrophe“. Der Versuch, so viele Menschen in einem so kleinen Gebiet mit wenig Infrastruktur zusammenzubringen, werde die Gesundheitsrisiken verschärfen“, warnte Ghebreyesus am Freitag in New York.

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Die WHO werde sich nicht an der Einrichtung einer sogenannten „safe zone“ beteiligen, wenn es nicht ein „breiteres Abkommen gibt und wenn nicht fundamentale Voraussetzungen gegeben sind, um Sicherheit und lebenswichtige Bedürfnisse zu befriedigen und ein Mechanismus zur Überwachung der Umsetzung geschaffen wird“.

Israel zeigt Video mit mutmaßlichen Geiseln im Al-Shifa-Krankenhaus

Unterdessen hat die israelische Armee am Sonntagabend Aufnahmen von Überwachungskameras der Al-Shifa-Klinik veröffentlicht, die einen entführten nepalesischen sowie einen thailändischen Staatsbürger in der Einrichtung am 7. Oktober zeigen sollen.

Zu sehen sind eine mutmaßliche Geisel, wie sie auf einem Krankenhausbett mit einer sichtbaren Verletzung am Arm in ein Zimmer geschoben wird. Die zweite mutmaßliche Geisel wird von mehreren bewaffneten Männern durch die Gänge des medizinischen Zentrums gezerrt. Israel sieht darin einen Beweis, dass Hamas das Krankenhaus am Tag des Massakers als „terroristische Infrastruktur“ nutzte.

29 Frühchen nach Ägypten evakuiert

Unterdessen ist erstmals ein Feldkrankenhaus den Gazastreifen erreicht. 40 mit der Ausrüstung beladene Lastwagen sowie 17 Pflegekräfte überquerten demnach am Montag von Ägypten aus den Grenzübergang Rafah im Süden des Palästinensergebiets. Das Feldlazarett kommt aus Jordanien und wird laut dem Generaldirektor für die Krankenhäuser im Gazastreifen, Mohammed Zakut, in Khan Jounis aufgestellt.

Nach der Evakuierung aus dem Al-Shifa-Krankenhaus sind 29 Frühchen nach Ägypten gebracht worden. Der staatsnahe ägyptische Sender Al Kahera News meldete am Montag die Ankunft der Babys in der Stadt Rafah. Laut der WHO wurde keines der Babys von Familienmitgliedern begleitet, da diese nicht ausfindig machen konnten.

Ägypten hatte Israel noch am Montag die „systematische“ Behinderung von Hilfslieferungen für den Gazastreifen vorgeworfen. Ägypten unternehme alles, um Lieferungen über den Grenzübergang Rafah zu ermöglichen, sagte Außenminister Samih Schukri am Montag während eines Besuchs in China. „Aber Israels Politik, die Einfuhr von Hilfen zu behindern, ist systematisch“, sagte Schukri seinem Sprecher zufolge.

Die Öffnung des einzigen nicht-israelischen Grenzübergangs Rafah nach Ägypten wird streng reguliert. Israel besteht auf einer Kontrolle der Hilfslieferungen, um auszuschließen, dass mit den Lastern Waffen oder Nachschub für die islamistische Hamas eingeschmuggelt werden. Nach Zählung des UN-Nothilfebüros OCHA kamen im Lauf der vergangenen vier Wochen etwa 1200 Lastwagen mit Hilfslieferungen über Rafah in den Gazastreifen. Am Montag fuhren nach Angaben des Ägyptischen Roten Halbmonds zudem zwei weitere Tankwagen ein mit 60.000 Litern Diesel.

Unterdessen hat Jordanien im Namen der arabischen Staaten der Idee Israels, eine pan-arabische Truppe könne nach dem Ende der Kampfhandlungen eine Rolle im Gazastreifen spielen, eine klare Absage erteilt. „Es werden keine arabischen Truppen nach Gaza gehen, keine“, sagte Außenminister Aiman Safadi bei einem Forum in Manama am Wochenende.

Israel zerstöre Gaza und man werde nicht „hinter Israel aufräumen“, sagte Safadi sichtlich erregt. „Wenn wir darüber reden wollen, was in Zukunft mit Gaza gemacht werden soll, sollten wir die Zerstörung von Gaza jetzt stoppen“, sagte Safadi, der gleichzeitig Hamas dazu aufrief, die Geiseln freizulassen. (mit AFP)

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