zum Hauptinhalt
Viele Sudanesen versuchen noch immer, vor den Kämpfen in der Hauptstadt zu fliehen.

© dpa/Uncredited

Krieg in Sudan: „Drei Geschwister mit Schusswunden – die beiden Älteren haben überlebt“

Täglich werden Hunderte Zivilisten verwundet. Aber viele Krankenhäuser sind wegen der Kämpfe geschlossen. Ein Gespräch mit der Notfallkoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen in Khartum.

In Sudan wird weiter gekämpft. Was bedeutet das für Zivilbevölkerung?
Wir sind extrem besorgt über das Ausmaß der Gewalt, das die Zivilbevölkerung trifft. Insbesondere in Khartum und in Darfur hat sich die Lage extrem zugespitzt. Dort finden die Kämpfe in Wohngebieten statt, sodass die Bevölkerung nicht sicher ist.

Wir unterstützen beispielsweise acht Krankenhäuser im Bundesstaat Khartum. Im Bashir-Krankenhaus im Süden Khartums sind 111 Verwundete innerhalb von 24 Stunden eingeliefert worden. In der Notaufnahme des Al-Nao-Krankenhauses in Omdurman, sind letzte Woche 280 Menschen mit kriegsbedingten Verletzungen innerhalb von 48 Stunden angekommen.

Der Krieg trifft also die Zivilbevölkerung stark?
Ja, es trifft Kinder, Frauen, Männer, Junge, Alte. Wir haben ein 38 Tage altes Mädchen in der Notaufnahme gehabt, das durch Granatsplitter ihr Auge verloren hat. Drei Geschwister wurden mit Schusswunden eingeliefert – neun, sechs und vier Jahre alt. Die beiden Älteren haben überlebt. Bei einer anderen Familie ist die Mutter gestorben und die Familie hat eine der Töchter verloren. Eine andere Tochter hat ihr Bein verloren und der Bruder hat nur schwer verletzt überlebt.

Wie ist die Lage der Krankenhäuser?
Es gibt nicht mehr viele Krankenhäuser, die funktionieren. Viele sind geschlossen, weil das Personal wegen der Straßenkämpfe und Beschüsse nicht zur Arbeit kommen kann oder geflohen ist. Auch haben sie oft keine Medikamente mehr. Manche Krankenhäuser wurden geplündert. 

Letzte Woche sind die Kämpfe so nah an das Krankenhaus in Al Nao in Omdurman gekommen, dass Wohnhäuser in der Nachbarschaft getroffen wurden. Daher müssen die letzten funktionierenden Gesundheitseinrichtungen unbedingt geschützt werden.

Denn es gibt ja auch noch die Menschen mit chronischen Erkrankungen, die oft viel zu spät Hilfe bekommen. Sie sterben dann an diabetischem Koma oder einem Schlaganfall.

Sudanesen fliehen vor dem Bürgerkrieg in Richtung Nachbarland Tschad.

© REUTERS/ZOHRA BENSEMRA

Was ist mit den Binnenflüchtlingen?
Die Anzahl der Menschen, die in der Stadt Wad Madani momentan leben, hat sich beispielsweise verdreifacht. Insgesamt gibt es laut der Vereinten Nationen etwa 3,2 Millionen intern Vertriebene. Da sind die wenigen noch funktionierenden medizinischen Einrichtungen vollständig überfordert. Jetzt beginnt auch noch die Regenzeit, in der sich bestimmte Krankheiten häufen und in Notunterkünften und Flüchtlingslagern schneller verbreiten.

Könnte die Welt mehr tun?
Wir unterstützen seit Jahrzehnten das Gesundheitssystem im Sudan, das bereits vor dem Konflikt extrem schwach war. Aber unter dem jetzt überwältigenden Bedarf bricht es einfach zusammen.

Wir könnten mehr tun – aber die Barrieren, die wir heute überwinden müssen, sind noch mal deutlich höher als vorher. Wir brauchen mehr Einreisegenehmigungen für Mitarbeiter und schnelle und unkomplizierte Genehmigungen für den Transport von Mitarbeitern und Gütern. Das ist in dieser Kriegssituation schwieriger geworden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false