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Der wegen araberfeindlicher Hetze verurteilte Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir,  bekommt eine eigene Nationalgarde.

© AFP/GIL COHEN-MAGEN

Netanjahus Preis für Koalitionserhalt : Radikaler Minister bekommt eigene Truppe

Das ist ein Geschenk für Sicherheitsminister Ben-Gvir wegen der Verschiebung der Justizreform. Kritiker fürchten Missbrauch als „private Miliz“.

Für den Erhalt seiner Regierung im Streit um die Justizreform hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu einen hohen Preis gezahlt: Itamar Ben-Gvir, der rechtsextreme Minister für nationale Sicherheit, soll eine Nationalgarde bekommen, die seinem Kommando untersteht.

Noch ist wenig über die Größe, Zusammensetzung und Finanzierung der zukünftigen Nationalgarde bekannt. Fest steht aber, dass das Konzept unter Ben-Gvirs Führung eine neue Brisanz erhält.

Der Minister, der schon wegen araberfeindlicher Hetze verurteilt wurde, verteidigt regelmäßig Soldaten, denen brutale Übergriffe gegen linke Aktivisten oder Palästinenser vorgeworfen werden.

Polizei geht Ben-Gvir nicht hart genug gegen Demonstranten vor

In den vergangenen Wochen forderte er die Polizei wiederholt auf, härter gegen die Demonstranten vorzugehen, die gegen die Justizreform protestierten. Nachdem der Chef der für Tel Aviv zuständigen Polizeieinheit sich ihm nicht beugte, versuchte Ben-Gvir sogar, dessen Absetzung durchzusetzen.

Das Konzept ist in der israelischen Politik nicht ganz neu: Schon die vorherige Regierung unter Naftali Bennett und Yair Lapid hatte vergangenen Juni die Gründung einer Nationalgarde angekündigt, als Reaktion auf die innerisraelischen Ausschreitungen zwischen Juden und Arabern im Frühling 2021.

Das neue Sicherheitsorgan sollte sich aus Mitgliedern der Grenzpolizei – einer besonderen Einheit, die vor allem an Konfliktpunkten eingesetzt wird – sowie Reservisten und Freiwilligen zusammensetzen. Zu jenem Zeitpunkt hatte die Koalition, die aus linken, rechten und arabischen Kräften bestand, allerdings schon ihre Mehrheit im Parlament verloren. Kurz darauf wurden Neuwahlen angesetzt, aus denen die rechts-religiöse Koalition unter Netanjahu hervorging.

Netanjahu will damit seine Koalition retten

Am Montagabend hatte Netanjahu nach wochenlangen Protesten verkündet, die hoch umstrittene Justizreform, die Kritiker für eine Bedrohung der demokratischen Gewaltenteilung halten, vorübergehend auf Eis zu legen. Ben-Gvir hatte im Vorfeld gedroht, in einem solchen Fall zurückzutreten. Ohne Ben-Gvirs Partei Jüdische Stärke hätte die rechts-religiöse Koalition ihre Mehrheit verloren.

Während Netanjahus für die Morgenstunden angekündigte Rede am Montag immer wieder verschoben wurde, verhandelte der Regierungschef offenbar mit Ben-Gvir, um seine Koalition zu retten. Der versprochene Aufbau einer Nationalgarde ist das Ergebnis.

Kritiker fürchten eine „private Miliz“ des Ministers

Kritiker warnen nun, Ben-Gvir könnte eine Nationalgarde als „persönliche Miliz“ nach Belieben gegen arabische Bürger und linke Demonstranten einsetzen. „Die Nationalgarde muss der Polizei unterstehen“, forderte Gilad Kariv, Abgeordneter der oppositionellen Arbeitspartei.

Moshe Karadi, ein früherer Chef der Polizei, nannte die Pläne „gefährlich“ und warf Ben-Gvir vor, die israelische Demokratie zu bedrohen. Und Ayman Odeh, Vorsitzende der arabischen Hadash-Ta’al-Partei, schrieb auf Twitter: „Ben Gvirs Miliz ist eine weitere konkrete Bedrohung des demokratischen Raums. Man kann nicht über das Justizsystem sprechen, während das Blut von Arabern, Demonstranten und streikenden Arbeitern vergossen wird.“

Weder Netanjahu noch Ben-Gvir selbst haben sich bislang zu den Details der geplanten Garde geäußert. Am Montagabend veröffentlichte Ben-Gvir lediglich eine kurze Ankündigung auf Twitter. „Die Nationalgarde wird gegründet“, schrieb er. „Das Budget, das ich für das nationale Sicherheitsministerium gefordert habe, wird in Gänze verabschiedet. Niemand wird uns Angst machen.“ 

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