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Russischer Verteidigungswall in der Region Saporischschja

© UTC Planet Scope/Defense Express

Neue Militärbasis in Berdjansk?: Russische Truppen errichten Schutzwall mit „Drachenzähnen“ aus Belarus

In der Region Saporischschja bauen russische Streitkräfte offenbar einen Flughafen zu einem Stützpunkt aus. Dafür wurde die Produktion von Panzersperren in Belarus hochgefahren.

Bereits die berüchtigte Söldner-Truppe Wagner benutzte sie, jetzt tauchen sie auf russischer Seite an weiteren Stellen entlang der Frontlinie auf: Die sogenannten Drachenzähne. Die bis zu 1,20 Meter hohen Panzersperren sehen aufgrund ihrer Pyramidenform, zu Hunderten nebeneinander gereiht, aus wie Zähne.

Neue solche Wälle wurden nun etwa 100 Kilometer von der Frontlinie im besetzten Teil der Region Saporischschja gesichtet. Das deutet darauf hin, dass die russischen Truppen dort den Bau eines umfassenden Militärstandorts planen. Ein weiterer Hinweis: Das benachbarte Belarus – gemeinhin gilt das Land unter Machthaber Alexandar Lukaschenko als Vasall Putins – hat die Produktion der Betonpyramiden zuletzt hochgefahren und versorgt das russische Militär mit den Drachenzähnen.

Dass die „Drachenzähne“ auch aus Belarus an die russischen Truppen geliefert werden, ist seit Dezember 2022 bekannt. Sie werden auf Groß-Lkw, meist der Typ KamAZ, in die besetzten Gebiete in der Ukraine transportiert. Ein Lkw fasst im Schnitt 15 bis 20 „Drachenzähne“, gesichtet wurden die Transporter sowohl unter russischen wie belarussischen Kennzeichen.

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Mindestens sechs belarussische Unternehmen mit Sitz in Gomel und Vitebsk stellen die Drachenzähne für die Russische Föderation her. Die aktive Produktion der Panzersperren begann im November 2022. Zuvor wurden sie in mehreren Fabriken in Mariupol hergestellt. Die Söldner-Gruppe Wagner errichtete damit im vergangenen Oktober ihre sogenannte „Wagner-Linie“ im russisch besetzten Luhansk.

Drachenzähne im polnischen Ort Pniewo. (Symbolbild)

© imago/Hohlfeld

„Es gibt bereits Befestigungen um Melitopol – auf der Seite von Berdjansk, Wasiljewka und der Region Cherson“, schrieb der Bürgermeister von Melitopol, Iwan Fjodorow, vor einigen Tagen auf Twitter. Ihm zufolge haben die russischen Besatzer in den letzten Wochen rund um den Flughafen von Berdjansk – 100 km von der Frontlinie entfernt – Gräben ausgehoben und „Drachenzähne“ aufgestellt. Russische Truppen nutzen den Flughafen seit der Besetzung Berdjansks als Militärbasis.

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Zuvor waren die gleichen Anlagen auf der Krim, in der Region Luhansk und in der Stadt Mariupol installiert worden. „Sie suchen bereits nach Leuten, die eine Verteidigungslinie auf der vorübergehend besetzten Krim aufbauen“, fügte Fedorov hinzu. Der Bürgermeister von Melitopol behauptet, Russlands Truppen würden aktuell eine Offensive auf der Krim vorbereiten und dafür dort Panzersperren vorbereiten wollen.

Wie effektiv sind die Drachenzähne wirklich?

Nachdem Russland gemeinsam mit Belarus die Produktion der „Drachenzähne“ hochgefahren hat, verdichten sich allerdings die Anzeichen, dass die Panzersperren nicht so effektiv sind, wie von den russischen Truppen gewünscht. „Die ‚Drachenzähne’ sehen plump aus und können einfach umgangen werden. Die ukrainischen Streitkräfte verfügen über Ausrüstung, die die Pyramiden bewegen oder zerstören kann“, sagte etwa der ukrainische Militärexperte Alexander Musijenko dem Tagesspiegel.

Die Situation an der Front in der Region Luhansk bestätigt die Meinung des Experten. Von ukrainischen Panzern gefilmte Aufnahmen zeigen etwa, wie sie auf die „Drachenzähne“ treffen und diese problemlos überwinden. Das „Centre for Strategic Communication and Information Security of Ukraine“ postete die Aufzeichnungen auf seinem Telegramkanal.

Die „Drachenzähne“ seien nur dann wirksam, wenn der Gegner sie nicht bemerkt, sagt der Militärexperte Oleksij Melnyk. Er betont, dass die Panzersperren spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg keine Überraschung mehr auf dem Schlachtfeld darstellen – auch nicht für Gegenoffensiven.

Gräben und „Drachenzähne“ rund um den Flughafen von Berdjansk

Ob die „Drachenzähne“ einem Ausbau der Militärbasis in Bredjansk zuträglich sein werden, ist dementsprechend noch offen. Anfang Januar 2022 begannen die Russen mit dem Ausbau des Berdjansker Flugplatzes. Strategisch bedeutend für Russlands Streitkräfte ist die Stadt besonders deshalb, weil sie außerhalb der Reichweite der Langstreckenraketensysteme Himars, die von der Ukraine genutzt werden, liegt. Zusammen mit anderen Faktoren, wie der Nähe zum Asowschen Meer, ist Berdjansk für Russland ein idealer Standort für eine große Militärbasis.

Am 10. Januar veröffentlichte der OSINT-Analyst Benjamin Pettet Satellitenbilder des Flughafens, auf denen russische Hubschrauber und andere Ausrüstung zu sehen sind. Pettet kommt zu dem Schluss, dass die Ukraine für Gegenoffensiven in der Region wegen des Schutzwalls zusätzlichen Bedarf an Langstreckenraketen hat.

Auf Satellitenaufnahmen des Open-Source-Dienstes Planet Scope vom 27. Januar ist der Flugplatz mit neun Flugzeugen darauf zu sehen, darunter wahrscheinlich ein Hubschrauber und eine Forpost-Drohne aus russischer Produktion, berichtet die ukrainische Publikation „Defense Express“. Auf den Bildern sei zu erkennen, dass die Russen versuchen würden, den Flugplatz in ein Verteidigungszentrum umzuwandeln. Dafür haben sie dort „Drachenzähne“ aufgestellt, aktuell seien rund 30 Prozent des Flugplatzes mit den Panzersperren umgeben.

Die russische Verteidigungslinie bestehe darüber hinaus aus Schützengräben und Verstecken für Kampfausrüstung. „Höchstwahrscheinlich haben die Nutzer weitaus umfassendere Pläne für diese spezielle Einrichtung als nur die Nutzung als fortschrittliche Hubschrauberbasis“, so die Experten von „Defense Express“.

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