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Russlands Präsident Wladimir Putin bei einem Selfie mit einem jungen Mädchen in Dagestan.

© AFP/Gavriil Grigorov

Update

Der Präsident gibt sich volksnah: Putins Bad in der Menge in Dagestan befeuert erneut Doppelgänger-Diskussion

Während der Corona-Pandemie hielt Russlands Präsident Putin selbst bei Staatsbesuchen einen maximalen Abstand. Aufnahmen seines Besuchs in Derbent lassen Beobachter stutzen.

| Update:

Aufnahmen des russischen Präsidenten Wladimir Putin in einer Menschenmenge bei einem Besuch in Dagestan befeuern erneut alte Spekulationen über den Einsatz von Doppelgängern des Kremlchefs.

Vier Tage nach dem Abbruch des bewaffneten Aufstands der Wagner-Söldnertruppe hat Putin nach Angaben russischer Staatsmedien erstmals Moskau verlassen und eine Reise in die russische Kaukasusrepublik Dagestan unternommen - und sich dabei so volksnah wie selten gegeben.

Aufnahmen des Staatsfernsehens zeigten den russischen Präsidenten am Mittwochabend bei einem für Putin ungewöhnlichen Bad in der Menge in der Stadt Derbent am Kaspischen Meer.

Auf einem bei Telegram veröffentlichten Video der Staatsagentur Ria Nowosti ist etwa zu sehen, wie Putin in der Dunkelheit von begeisterten Bewohnern Derbents umringt wird und ihnen die Hände schüttelt. Dann bittet ein Mädchen den Staatschef in dem Gedränge mehrmals um ein Selfie.

Auf einer Aufnahme des Propagandisten Pawel Sarubin vom Staatsfernsehen ist zu sehen, wie Putin dem Mädchen einen Kuss auf den Kopf gibt, den Arm um sie legt und sich dann mit ihr fotografieren lässt.

Putin in Dagestan: Bad in der Menge passe nicht zu Putins üblichem Verhalten

Dass der Kremlchef sich in eine Menschenmenge begibt, ist durchaus ungewöhnlich – in Moskau hält Putin selbst bei politischen Treffen meist großen Abstand. Weltweit bekannt sind Fotos von Putin, wie er etwa seinen Verteidigungsminister Sergei Schoigu mithilfe eines meterlangen Tisches auf Abstand hält. Zudem soll es immer noch so sein, dass jede Person vor einer Audienz mit Putin mehrere Tage in Quarantäne muss.

Der „Kyiv Post“-Korrespondent Jason Smart wies auf Twitter außerdem darauf hin, dass Putin nicht einmal mehr ranghohe russische Beamte ohne Leibgarde treffen würde. „Putin würde sich sicherlich nicht unter eine Menschenmenge mischen“. schrieb Smart.

„An einem Tag sehen wir einen Mann, der Angst hat, jemanden in seine Nähe zu lassen. Am nächsten Tag sehen wir einen Mann, der sich nicht weit entfernt von der Front in der Ukraine zeigt“, sagte der Politikwissenschaftler Waleri Solowei vor Kurzem im Gespräch mit dem Tagesspiegel über Putins Besuche in der Ukraine. Solowei ist Vertreter der Doppelgänger-These und überzeugt, dass Putin „definitiv seit 2014“ wegen Sicherheitsbedenken nach Russlands Annexion der Krim vermehrt auf Doppelgänger vertraut.

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In der jüngeren Vergangenheit sei der Einsatz von Doppelgängern aus zweierlei Gründen intensiviert worden, sagte Solowei. „Erstens hatte er im Februar 2020 eine sehr komplizierte Krebsoperation. Und zweitens hat seitdem seine Paranoia zugenommen.“

Allerdings ist die Doppelgänger-These in der russischen Öffentlichkeit umstritten. So sagte etwa Valery Nechay, ehemaliger Chef des mittlerweile geschlossenen unabhängigen Radiosenders Echo Moskwy, dem Tagesspiegel: „Die Gerüchte gab es fast von Anfang an – und sie nützen vor allem Putin. Sie schaffen eine Aura des Geheimnisvollen und der Allmacht. Die Geschichte ist nützlich, um von ernsten Dingen abzulenken.“

Wollte der Präsident Normalität demonstrieren?

Putin war nach offiziellen Angaben von Kremlsprecher Dmitri Peskow in die Teilrepublik Dagestan gereist, um sich dort um Tourismusfragen zu kümmern. Dagestan ist als Ferienziel bei vielen Russen beliebt.

Putin beim Treffen mit dem Chef der Teilrepublik Dagestan.

© REUTERS/Sputnik

Die Reise Putins in die kremltreue Republik so kurz nach dem abgebrochenen Aufstand des Chefs der Wagner-Truppe, Jewgeni Prigoschin, sollte aber offenbar vor allem Normalität demonstrieren. Vor allem aus der Teilrepublik Dagestan wurden - neben Buratien und Tschetschenien - während der Teilmobilisierung die meisten Männer für den Krieg in der Ukraine rekrutiert. In der Republik leben mehrheitlich Bevölkerungsgruppen, die nicht ethnisch russisch sind.

Manche Beobachter gehen davon aus, dass Putins Besuch in Dagestan ihm Rückhalt aus der Republik verschaffen und möglichen Unruhen, angestachelt durch den Aufstand des Wagner-Chefs, vorbeugen soll.

Prigoschin hatte am Samstag zwischenzeitlich die südrussische Stadt Rostow am Don besetzt und ließ seine Kämpfer dann Richtung Moskau marschieren. Rund 200 Kilometer vor der russischen Hauptstadt gab er überraschend auf. Vermittelt hatte in dem Konflikt der belarusische Machthaber Alexander Lukaschenko.

Der Republikchef Dagestans, Sergej Melikow, sagte bei einem Treffen mit Putin nach Angaben der Staatsagentur Tass in Bezug auf den Aufstand, alle Bewohner Dagestans unterstützten die Entscheidungen „des Präsidenten und Oberbefehlshabers“. Putin erwiderte, er habe „keine Zweifel“ daran gehabt, wie die Reaktionen in Dagestan und im ganzen Land ausfallen würden. (Tsp, dpa)

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