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Handschlag in Washington: Joe Biden udn Macky Sall beim USA-Afrika-Gipfel.

© AFP / BRENDAN SMIALOWSKI

Veto gegen das Vetorecht: Afrika hat drei Forderungen, von denen eine von Übel ist

Mit ihrem neuen Gewicht auf der Weltbühne verlangt die Afrikanische Union nach mehr Mitsprachemöglichkeiten. Das sollte aber den UN-Sicherheitsrat nicht weiter lähmen.

Ein Kommentar von Ariane Bemmer

Aller guten Dinge sind drei, heißt es. Aber nicht in diesem Fall. In diesem Fall sind der guten Dinge zwei und das dritte Ding ist von Übel.

Die Länder der Afrikanischen Union (AU) haben drei Forderungen erhoben: Sie wollen erstens die Mitgliedschaft in den G20, zweitens zwei ständige Sitze im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und drittens dort auch ein Vetorecht.

Das hat während des jetzt zu Ende gegangenen USA-Afrika-Gipfels in Washington Senegals Präsident Macky Sall, derzeit AU-Vorsitzender, nochmal wiederholt. Meistens nickend am Rande zu erkennen: US-Präsident Joe Biden.

Die Forderung der AU nach Repräsentanz und Vetorecht im UN-Sicherheitsrat wird seit fast 20 Jahren erhoben. Die Zeiten, da Afrikas Länder der Weltpolitik mehr oder weniger einflusslos vom Rande aus zusahen, sollen endlich mal vorbei sein.

Lange ging das den Rampensäuen auf der Bühne eben jener Weltpolitik zum einen Ohr rein und zum anderen direkt wieder raus. Aber das ist vorbei.

Afrika wird als Big Player wahrgenommen

Seit der Post-Ukrainekriegs-Energiekrise wird das leicht wegwischbare Bild vom Korruptions- und Armutskontinent übermalt vom dem eines kommenden Big Players.

Das weckt Begehrlichkeiten: Europäische Regierungschefs treten sich förmlich auf die Füße. Russland nimmt in Form der Söldnerarmee „Wagner“ auf dem Kontinent Einfluss und China als Geldgeber für gigantische Infrastrukturprojekte.

Wenn die Afrikanische Union die Gunst der Stunde nutzen will, ist das nur recht und billig. Und sowohl die Mitgliedschaft in den G20 als auch im Sicherheitsrat würden ihr neues Gewicht zum Ausdruck bringen und die oft beteuerte „Augenhöhe“ auch endlich realpolitisch darstellen. Was die zwei guten der drei geforderten Dinge sind.

Das von Übel ist das dritte: das Vetorecht. Gerade der Ukraine-Krieg, also der Auslöser für die aktuellen Bewegungen auf der weltpolitischen Bühne, hat noch mal ganz klar gemacht, dass das Vetorecht im Sicherheitsrat die Achillesferse der gesamten Vereinten Nationen ist, als Russland am Tag nach dem Einmarsch eine Verurteilung seiner Aggression eben damit verhindern konnte.

Widerspruch zum Geist der Gemeinschaft

Statt noch weiteren Mitgliedern dieses verhängnisvolle Instrument in die Hand zu drücken – bisher können neben Russland nur China, Frankreich, Großbritannien und die USA Entscheidungen blockieren - sollte die UN es besser stumm stellen.

Die DGVN, die „Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen“, wirbt schon länger für eine UN-Reform, die das Vetorecht neu definiert – und zwar so, dass jedes Veto auf seinen Sinn und Zweck hin untersucht werden sollte. Damit nicht Staaten zum Richter in eigener Sache werden. Das nämlich widerspreche dem gesamten Geist der Weltgemeinschaft.

Wie massiv sich Vetorecht auf die Gestaltung von Gemeinschaften auswirken können, erlebt und beklagt seit Jahren nicht zuletzt die Europäische Union, die Vorbild für die Gründung der Afrikanischen Union war.

Aber auch sie bekommt dieses Vetorecht nicht mehr gebändigt, weil es für dessen Abschaffung nämlich Einstimmigkeit bräuchte. Die zunehmend illusorisch ist in einer zunehmend multilateralen Welt.

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