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Göttliche Freundin. Eine Installation von sarah huny young.

© Tom Little

Ausstellung in der Mattress Factory in Pittsburgh: Die siebte Göttin

Wo einst Matratzen produziert wurden, entsteht heute Kunst. Die Schwarze Fotografin sarah huny young feiert Schwarze Weiblichkeit.

In Fabriken werden Dinge produziert. In der Mattress Factory in Pittsburgh in den USA, einer ehemaligen Matratzenfabrik, entsteht dagegen Kunst. „Wir sind eine Produktionsstätte“, sagt Danny Bracken, Ausstellungsleiter in der Factory. Während andernorts Herstellung und Ausstellung getrennt gehalten werden, verbindet die Einrichtung beide Felder miteinander.

In der Ausstellung „7“ von sarah huny young, einer Schwarzen Fotografin und DJane, geht es sogar noch weiter, dort werden Gottheiten kreiert. „7“ ist Teil einer Gemeinschaftspräsentation, die im Rahmen von „Sibyls Shrine“ entstanden ist, einem Kunstkollektiv und Residency Program für Schwarze Künstlerinnen und Mütter. hunys Beitrag beschäftigt sich mit Gottheiten und trägt die Sieben im Titel, obwohl nur sechs Göttinnen zu sehen sind: Mami Wata, Oshun, Aranyani, Venus, Lilith und Pomba Gira. Die siebte Gottheit ist die Besucher:in selbst.

„Das ist ein Ort für Schwarze Frauen und Femmes“, erklärt huny in einem Statement, „besonders für Mütter und die anderen, die Queers, die Ausgestoßenen, die Sexarbeitenden, die Missverstandenen, die Übersehehen.“

Die Installation der aus Pittsburgh stammenden Künstlerin ist ein Garten, in dem sich sechs Schreine für Göttinnen verschiedener Kulturen befinden. Von der Decke ranken Pflanzen, künstliche Kerzen tauchen den Raum in ein magisches Licht. Jede Göttin wird durch eine Freundin hunys verkörpert, porträtiert auf einer überlebensgroßen Fotografie. Stark und schön stehen die Frauen da und schauen auf die Besucher:innen herab. Sie tragen Blumenkronen, Perlen, fließende Stoffe oder kaum etwas und thronen hinter ihren Altären.

„Die Darstellung der Schwarzen Frau als Göttin soll uns nicht von unserer Menschlichkeit trennen, sondern uns daran erinnern, dass es eine Frage der Selbsterhaltung ist, Wertschätzung mit unserem Ebenbild zu beginnen“, erklärt huny. Ihr Zelebrieren Schwarzer Frauen ist ein eindrucksvolles Zeichen im weißen Kunstbetrieb.

Wurde Schwarze Weiblichkeit bislang meist durch den weißen, männlichen Blick dargestellt, exotisierend und sexualisierend, so setzt huny dem ihre eigene Vorstellung entgegen: „Ich verherrliche Schwarze Frauen und Femmes, mich selbst eingeschlossen – mit vollen Körpern, voller Träume und auf der Suche nach unserem eigenen Konzept von Sexualität und Identität in einer Gesellschaft, die unsere Arbeit und Assimilation verlangt – als schöne, unangepasste Werke.“

Wir sind hier alle Kunstschaffende.

Danny Bracken, Ausstellungsleiter der Mattress Factory

Unangepasst ist auch der Ausstellungsraum selbst. Die Mattress Factory wurde 1977 von der Künstlerin Barbara Luderowski in einer alten Matratzenlagerhalle gegründet. Die Gegend nördlich vom Allegheny River war damals abgerockt und wurde gemieden. Der Niedergang Pittburghs hing mit den Schließungen in der Stahlindustrie zusammen, für die die Stadt bis heute bekannt ist. Die verlassenen Fabriken boten dafür künstlerischen Freiraum. „Das hier war immer ein heruntergekommener Ort. Nur so können wir diese ungewöhnlichen Projekte realisieren“, erklärt Factory-Ausstellungsleiter Danny Bracken.

Heute ist die Gegend ähnlich gentrifiziert wie Kreuzberg. Teure Elektroautos fahren an der Galerie vorbei, die mittlerweile ebenfalls zur Mattress Factory gehört. „Wir sind hier alle Kunstschaffende“, sagt Bracken, der selbst Künstler ist. Die Mattress Factory ist ein Scharnier, eine Fabrik für Visionen, ein Ort sowohl für aufstrebende Künstlerinnen wie huny als auch etablierte Positionen wie Superstar Yayoi Kusama, von der hier eine permanente Installation zu sehen ist.

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