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Aufgeschlagen, zugeschlagen. Buch in einer Bibliothek.

© imago/Panthermedia/monticello

Geschlossene Bibliotheken : Mehr Bildung wagen!

Noch immer macht die Gewerkschaft Ver.die gegen die Öffnung von Bibliotheken an Sonntagen mobil. Sie ignoriert die Erfolge der Arbeiterbildungsbewegung, die auf dem Zugang zu Büchern beruht.

Ein Kommentar von Nikolaus Bernau

Dass in Deutschland Sonntag- und Feiertags Kaufhäuser und Läden in aller Regel geschlossen sind, hat gute Gründe, da mögen Kommerz-Liberale und selbsterklärte Säkulare noch so sehr wettern. Es geht nicht um Religion, sondern darum, dass sich jede Gesellschaft auch zeitliche Freiräume reservieren muss, um zusammen kommen zu können, ohne unter Konsumzwang zu stehen.

Deswegen gilt diese Sonntagsschließung generell nicht für Sportstätten, Museen aller Art, Opern, Konzerthäuser oder Theater, Kinos, Schwimmbäder, Planetarien. Sogar wissenschaftliche Bibliotheken sind von der Regel ausgenommen.

Nicht aber die Öffentlichen Bibliotheken der Städte und Gemeinden. Eine Absurdität, die mit Verweis auf die Rechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eisern von den Gewerkschaften und ihren Lobbiesten verteidigt wird. Dass damit in den Bibliotheken die überkommene bürgerliche Klassengesellschaft gestärkt wird – Bildungschancen für die, die schon Bildung haben, Bildungsverweigerung für die, die sie noch suchen – was kümmert es Ver.di?

Aber jetzt hat das Oberverwaltungsgericht in Münster eine weitere Bastion dieser Festung geschliffen: Das nordrhein-westfälische Bibliotheksstärkungsgesetz, das die Sonntagsöffnung ausdrücklich für bis zu sechs Stunden erlaubt, bleibt bestehen. Bravo. Nötig ist dieses Gesetz überhaupt nur, weil das bundesweit geltende Arbeitszeitgesetz diese Ausnahme eben nicht macht. Das Versprechen von Bundestagskoalition von SPD, Grünen und FDP, dies Gesetz endlich zu ändern, blieb bisher folgenlos.

Was wieder mit am Widerstand von Ver.di gegen die Sonntagsöffnung liegt. Sie ignoriert eisern die Erfolge der Arbeiterbildungsbewegung, die wesentlich auf dem Zugang zu Bibliotheken beruhen, die unzählbar vielen Studien, die zeigen: Je früher und intensiver Kinder und Jugendliche Bibliotheken nutzen, desto größer ist ihre Sozialkompetenz, ihr Bildungserfolg, sind auch ihre Berufschancen.

Öffentliche Bibliotheken sind mit einer der wichtigsten sozialen und kulturellen Integrationsmaschinen, für Eingewanderte, Flüchtlinge, Neubürger. Der Erfolg von Frauen hängt unmittelbar mit dem Zugang zu Bildungsmitteln zusammen. 

Aber ausgerechnet dann, wenn gerade diese Menschen am ehesten Zeit haben, um das Bildungsangebot Öffentliche Bibliothek zu nutzen, ist es unzugänglich. Unvorstellbar etwa in skandinavischen oder den meisten angelsächsischen Ländern.

Dort ist das, was in Deutschland als Erfolg gilt – die mühsam erkämpfte servicefreie Nutzung etwa der Berliner Zentralen Landesbibliothek am Sonntag – eine bildungs- und sozialpolitische Niederlage, jeder Schließtag vergeudete Bildungs- und Lebenschance und vertanes Steuergeld. Macht die Bibliotheken auf!

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