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Joy Williams, 79

© dtv

Joy Williams’ „Stories“: Ich möchte keine Selbsthilfegruppe sein

Die Entdeckung des Sommers, gefeiert von Raymond Carver oder Don DeLillo: Die fabelhaft-düsteren Kurzgeschichten der 1944 geborenen US-Schriftstellerin Joy Williams.

Im Grunde hat man schon vor der Lektüre kaum eine Chance. Diese „Stories“, wie Joy Williams’ Kurzgeschichtensammlung schlichterdings heißt, muss man einfach großartig finden: „Joy Williams’ Prosa erinnert mich daran, wie glücklich ich mich schätzen darf, ein amerikanischer Schriftsteller zu sein.“, lobpreist Don DeLillo hinten auf dem Buchrücken, und neben Lauren Groff und Bret Easton Ellis findet sich auch noch ein Satz von Raymond Carver: „Joy Williams ist einfach ein Wunder.“ Noch Fragen? Oder Bedenken gar?

Dass Carver hier als Laudator zitiert wird, der 1988 verstorbene Meister der Short Story, weist darauf hin, dass auch Joy Williams nicht mehr die jüngste Autorin ist. Sie wurde 1944 geboren. Und erstaunlicherweise erst jetzt außerhalb der USA entdeckt, hierzulande mit 13 Geschichten, die Williams von 1972 („Liebe“) bis 2014 („Die Mutterzelle“) geschrieben hat, letztere über mehrere Mütter, deren Kinder wegen Mordes im Gefängnis sitzen. „Ich bin froh, dass wir keine Selbsthilfegruppe sind. Das würde ich nicht verkraften. Wenn wir eine Selbsthilfegruppe wären, fände ich das äußerst verdächtig.“

Es sind dies tatsächlich umwerfende, düstere Geschichten, die einerseits eine melancholische Tristesse verströmen, andererseits passagenweise auch Komik generieren. Und die, wie es sich für überragende Short Stories gehört, kein Wort zuviel aufweisen, sondern gezielt zu wenige, und die gerade deshalb Zauber, Schlagkraft und einen Rest von Rätselhaftigkeit besitzen.

Dass eine davon auch noch „Letzte Generation“ betitelt ist und darin Sätze stehen wie „Die letzte Generation hat gewisse Verpflichtungen“ oder „Die Erde gibt es seit vier Komma sechs Milliarden Jahren, und es dauert nur noch fünfzig Jahre, um sie auszulöschen“, beweist nicht zuletzt, wie aktuell und zeitlos dieser „Stories“-Band ist. Die Entdeckung dieses Sommers.

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