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Klimaaktivisten der „Letzten Generation“

© Foto: Reuters/Christian Mang

Straßenblockaden und Angriffe auf Kunst: Klimaprotest muss nicht brav sein – aber strategisch klug

Nachdem ein Bergungswagen im Stau steckte, sollte auch den Klimaaktivisten klar sein: Mit den Klebeaktionen geht es so nicht weiter. Sie bringen die Klimabewegung in Misskredit.

Ein Kommentar von Maria Fiedler

Muss man gemocht werden, um etwas verändern zu können? Die Aktivisten von der „Letzten Generation“ haben diese Frage für sich offenbar mit Nein beantwortet.

Mit ihren Protestaktionen ziehen sie seit Monaten den Unmut eines Großteils der Bevölkerung auf sich. Sei es, weil sie sich fürs Klima an der Fahrbahn festkleben und für Staus sorgen. Oder weil sie in Museen Essen auf wertvolle Gemälde schütten, die sich zwar hinter Glas befinden, deren Sicherheit sie aber nicht garantieren können.

Aufmerksamkeit generiert das, keine Frage. Doch spätestens nachdem wegen eines offenbar von der Gruppe verursachten Staus ein Bergungsfahrzeug verspätet zu einem Unfallort kam, sollte den Aktivisten klar sein: So kann es nicht weitergehen.

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Natürlich kann man diskutieren, ob im Berliner Fall nicht ebenfalls die Autofahrer Verantwortung tragen, die keine Rettungsgasse bildeten. Aber das ändert nichts am Ergebnis. Die Klimaaktivisten nehmen Staus und verspätete Rettung in Kauf und können nicht ausschließen, dass ihr Protest fatale Nebenwirkungen hat.

Deshalb stellt sich nun eine größere Frage: Wie kann wirksamer Klimaprotest eigentlich noch aussehen?

Protest muss Aufmerksamkeit generieren – und gerade in Zeiten sich überlagernder Krisen ist das schwer. Protest will Veränderung schaffen. Das gelingt, indem der Politik etwa über Demonstrationen signalisiert wird, dass es gesellschaftliche Mehrheiten für bestimmte Entscheidungen gibt. Gesellschaftliche Mehrheiten erzeugen am Ende auch politische Mehrheiten.

Momentum der Großdemonstrationen ist vorbei

Dass das beim Thema Klima funktionieren kann, hat sich 2019 gezeigt. Es war das Jahr der Massendemonstrationen von „Fridays for Future“. Millionen Menschen gingen auf die Straße. Niemand kam in der deutschen Politik mehr am Thema Klimaschutz vorbei.

Doch so ein Druck von der Straße lässt sich nicht über Jahre hinweg aufrechterhalten. Womöglich wären die Großdemonstrationen auch ohne Corona über kurz oder lang kleiner geworden. Das Momentum ist jedenfalls vorbei. Dafür sitzen Fridays-Aktivistinnen wie Luisa Neubauer in Talkshows und warnen vor einem Millionen-Publikum davor, dass Deutschland im Ukraine-Krieg nun die fossile Rolle rückwärts macht.

Klar ist: Die Klimakrise ist bedrohlich. Deutschland tut schon viel dagegen, aber nicht genug, und die Welt tut bei weitem nicht genug. Und wenn nicht schnell gehandelt wird, werden später sehr wahrscheinlich noch radikalere Änderungen nötig, damit die Erde bewohnbar bleibt.

Protest der „Letzten Generation“ verfehlt seinen Zweck

Dass das die Aktivistinnen und Aktivsten der „Letzten Generation“ umtreibt und ihnen ein Gefühl der Ohnmacht gibt – absolut verständlich. Es ist gut, dass sie sich engagieren. Doch ihr Protest verfehlt seinen Zweck.

Die Aktionen bringen die Klimabewegung in Misskredit. Sie sorgen für Ärger, aber sie lenken den Blick nicht auf das drängende Problem der Klimakrise und die Frage, was dagegen zu tun wäre. Das gilt übrigens auch für die jetzt von der Gruppe beschmierten Parteizentralen. Hier ist „Fridays for Future“ konstruktiver durch konkrete Lösungsideen und den Schulterschluss mit der Wissenschaft.

Die Ereignisse von dieser Woche werden die Klimabewegung wohl noch eine Weile beschäftigen. Ziviler Ungehorsam hat in der Geschichte zwar viele Protestbewegungen erfolgreich gemacht. Doch besser als Autobahn-Kleben wären Aktionen, die spektakulär sind, ohne dass die Aktivisten sich oder anderen Menschen Schaden zufügen. Die zwar Aufmerksamkeit generieren, die aber keinen Widerstand bei denen erzeugen, die man eigentlich zu einer Verhaltensänderung bewegen will. Aktionen, bei denen die Aktivisten wie die Guten wirken. Und die in sich eine Botschaft transportieren.

Denn was hat Kartoffelbrei auf einem Gemälde mit der Klimakrise zu tun? Was hilft es dem Klima, wenn Aktivisten Staus und Abgase produzieren? Brav muss Protest nicht sein, aber strategisch klug. Jedenfalls, wenn ihm sein Ziel wichtig ist.

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