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Bundeskanzler Olaf Scholz gibt eine Regierungserklärung im Bundestag.

© imago/Emmanuele Contini/IMAGO/Emmanuele Contini

Das war keine Herkulesaufgabe: Es ist erschreckend, wie schwer sich die Ampel getan hat

Nach dem Karlsruhe-Schock hat sich die Regierung zusammengerauft. Sie hätte es einfacher haben können. Aber sie liegt offenbar gern mit sich im Streit.

Ein Kommentar von Albert Funk

Na, was war das denn nun? Vier Wochen lang die Lage geklärt, intensiv über die Haushaltspolitik verhandelt, den Eindruck erweckt, als ginge es um den Bestand der Koalition, eine dramatische Nachtsitzung veranstaltet, bis gegen fünf Uhr morgens in der Runde der drei Wichtigsten der Bundesregierung, das öffentliche Statement um zwölf Uhr mittags – doch einen fertigen Etat für 2024 haben SPD, Grüne und FDP weiterhin nicht.

Es gibt Ankündigungen, Andeutungen, einige Zahlen – aber wer versucht hat, am Mittwochnachmittag so etwas wie einen verlässlichen Überblick zu bekommen, was Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner denn nun auf den Weg gebracht haben, der musste passen.

Offizielle Papiere, Vorlagen für den Bundestag – Fehlanzeige. Öffentlichkeit wurde nur insofern hergestellt, als die „Big Three“ einen gemeinsamen Auftritt absolvierten, der erkennbar dem Vortrag einer unfertigen Einigung diente.

Was steht in Lindners Entwurf?

Denn um 13 Uhr stand eine Regierungserklärung des Kanzlers auf dem Programm. Davor musste etwas vorliegen, was als Lösung des Etatstreits der Ampelkoalition verkauft werden konnte. Man muss nun darauf vertrauen, dass die Hinweise von Scholz, Habeck und Lindner sich dann auch in dem Entwurf wiederfinden, den das Bundesfinanzministerium jetzt federführend ausarbeiten soll. Vor Mitte oder Ende Januar ist nichts wirklich geeint in der Koalition.

Aber immerhin – die Richtung ist nun einigermaßen ersichtlich. FDP-Chef Lindner hat den Versuch von SPD und Grünen, die Chance der Etatkrise zu nutzen, um die Schuldenbremse zu schleifen, zunächst einmal erfolgreich abgewehrt.

Aber die Einigung, die Schuldenregel im Grundgesetz, gerade erst von den Richtern in Karlsruhe verfassungsrechtlich präzisiert, 2024 ohne Notlagenerklärung einzuhalten, ist mit der Möglichkeit des Verfalls versehen worden.

Putins Rolle

Sollte Kreml-Chef Wladimir Putin seinen Krieg gegen die Ukraine im kommenden Jahr heftiger führen, sollte es dazu kommen, dass mehr Geld für Kiew bereitgestellt werden muss, dann kann die Notlage erklärt werden (die SPD und Grüne ja jetzt schon erklären wollten, ebenfalls mit Verweis auf den Ukraine-Krieg).

Was bedeutet, dass der Warlord in Moskau noch mehr Einfluss auf die deutsche Haushaltspolitik bekommen hat, als es ohnehin schon der Fall ist. Man muss diesen Beschluss also nicht unbedingt für klug halten.

Ein Strickmuster

In dem Streit in der Koalition ging es darum, wie man Löcher in den nächsten Haushalten stopft, die das Karlsruher Urteil mit der Streichung verfassungswidriger Kreditermächtigungen in Höhe von 60 Milliarden Euro im Klima- und Transformationsfonds (KTF) gerissen hat. Für 2024 ging es um 17 Milliarden im Kernhaushalt und um gut zwölf Milliarden im Nebenetat KTF.

Fügt man zusammen, was Scholz, Habeck und Lindner aufzählten, dann ergibt sich als Strickmuster: eine Mehrbelastung der Bürger über den CO₂-Preis (relativ moderat, muss man hinzufügen), das Eindampfen oder Streichen einiger Maßnahmen im KTF, die nicht sonderlich wehtun, weil sie ohnehin nicht gerade überbucht waren, ein bisschen Privatisierung von Staatsbeteiligungen (von Notverkauf mag man in der Regierung nicht sprechen), und das Nutzen der Luft, die in jedem Etat steckt.

Keine Herkulesleistung also. Die Aufgabe war überschaubar, und die Verfassungsrichter hatten zweifellos auch mal durchgerechnet, wie viel sie der Ampel mit ihrem mutigen Urteil aufbürden und ob das tragbar ist.

Im Nachhinein wirkt es schon erschreckend, wie wenig die Koalitionäre sich danach zusammengerissen haben, mit welcher Zurückhaltung sie an das Stopfen der überschaubaren, wenn auch nicht ganz kleinen Löcher gingen – und wie aufwändig sie über die Schuldenbremse debattierten, die ihnen nun zumutet, das zu machen, was die Allgemeinheit von ihnen erwarten darf: Haushalten. Einfaches Haushalten.

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