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Habeck, Lindner und Scholz bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages.

© dpa/Potothek/Florian Gärtner

Eine Koalition im Dauerkrach: Die Ampel muss streiten – aber richtig

Nutzt der Dauerkrawall in der Ampel der AfD? Nicht unbedingt. Aber die Koalition muss beim Streiten dringend einen anderen Modus finden. Das hat auch der Heizungskrach gezeigt.

Ein Kommentar von Maria Fiedler

Es war ein Drama auf der großen Bühne, das sich in der vergangenen Woche in der Ampel abspielte. Erst verhinderte die FDP, dass das Heizungsgesetz wie geplant in den Bundestag eingebracht wird. Dann bezichtigte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Koalitionspartner des Wortbruchs. Die Grünen drohten ihrerseits, Projekte der Regierung zu blockieren. Schließlich lenkte Habeck ein und stellte weitgehende Nachbesserungen am Gesetz in Aussicht.

Öffentlich ausgetragener Streit in der Regierung hat einen schlechten Ruf. Wenn es ständig Rangeleien zwischen den Partnern gibt, kann das Vertrauen in die Kompetenz und Handlungsfähigkeit einer Koalition kosten. Ist das Vertrauen in die Politik beschädigt, stärkt das am Ende womöglich die, die das politische System insgesamt infrage stellen.

Interessant ist: In der Ampel findet man hochrangige Koalitionäre, die ganz anders argumentieren. Sie sagen, Streit mache die unterschiedlichen Positionen der Parteien erst sichtbar. Das sei gut für die Demokratie. Denn noch zu Zeiten der großen Koalition seien die Unterschiede zu den Parteien zu sehr verschwommen. Die AfD konnte sich als einzige Alternative gerieren.

Öffentlicher Streit – Konjunkturprogramm für die AfD oder Mittel gegen sie? Es kommt darauf an. In der Tat muss es nicht schlecht sein, wenn die Ampel-Parteien ihre politischen Meinungsverschiedenheiten öffentlich machen. Nur: So wie sie es jetzt getan haben, schadet es mit Sicherheit.

Klar ist: Solange die Ampel gemeinsam regiert, wird es heftigen Streit geben. FDP und auf der anderen Seite SPD und Grüne trennt ihre Weltanschauung. Das zeigt sich auch beim Heizungsgesetz: Die FDP predigt, sie wolle den Markt regeln lassen, die Grünen wollen Ordnungsrecht – in diesem Fall ein Verbot von neuen Öl- und Gasheizungen. Was von beidem besser geeignet ist, um das Klima zu schützen, darüber wird gestritten. Und das ist auch gut so.

Das Problem ist, wenn längst nicht mehr nur Sachfragen eine Rolle spielen. Beispiel FDP: Die Partei hatte dem Gesetz zwar zugestimmt und es schließlich sogar gelobt, machte dann aber eine Kehrtwende. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai erklärte, das Gesetz sei voller Fehler, es müsse im Grunde neu gemacht werden.

In der Zwischenzeit hatte sich nämlich der FDP-Parteitag gegen das Heizungsgesetz ausgesprochen. Und die Partei hatte bemerkt, dass sie mit dem Kampf gegen das Gesetz in der Bevölkerung punkten kann.

In der Folge arbeitete sich die FDP immer drastischer daran ab. Befeuert von Union und „Bild“ verschärfte sich der Ton, so dass „Habecks Heizungs-Hammer“ zum Schreckgespenst wurde. Kommunikativ hatten die Grünen dem wenig entgegenzusetzen.

„Habecks Heizungs-Hammer“ wurde zum Schreckgespenst

Nun ist beim erbitterten Streit um das Heizungsgesetz etwas Gutes herausgekommen: Der unrealistische Zeitplan wird gelockert – was angesichts Handwerker- und Wärmepumpenmangel nur klug ist. Womöglich kann die Ampel so verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Doch für ihre unausweichlich kommenden Streitigkeiten in der Zukunft muss die Koalition aus den vergangenen Wochen lernen.

Erstens: Wenn Menschen merken, dass statt Überzeugungen in der Sache parteitaktische Überlegungen der Treiber für den Streit sind, schwächt das die Glaubwürdigkeit von Politik. Zweitens: Wenn Koalitionspartner Zusagen brechen oder sich gegenseitig mit Blockaden drohen, erodiert das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Regierung. Drittens: Wenn die Debatten immer schriller werden und Fakten in den Hintergrund treten, fördert das die Polarisierung im Land.

Anders gesagt: Die Ampel wird weiter streiten – und sie soll es auch. Aber sie muss den Modus ändern. Sonst könnten weite Teile der Bevölkerung den Glauben daran verlieren, dass die Regierung in der Lage ist, die Probleme in diesem Land zu lösen. Wenn sich dann die Opposition – wie in der vergangenen Woche geschehen – ebenfalls von konstruktiver Kritik verabschiedet, ist das wirklich ein Turbo für die AfD.

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