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Der Ex-AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier vor dem Dienstgericht des Bundes in Karlsruhe.

© dpa/Uli Deck

Rechter Richter fliegt aus dem Job: Die Justiz ist unabhängig, aber nicht blöd

Das Berufsverbot für den AfD-Politiker Jens Maier war zwingend. Der Fall zeigt: Für Extremismus ist in der Staatsgewalt kein Platz – und es gibt Mittel, diesen herauszudrängen.

Eine Kolumne von Jost Müller-Neuhof

Paragraf 31 des Deutschen Richtergesetzes führte ein unauffälliges Leben, bis Jens Maier kam. Der Vorschrift zufolge kann ein Richter in den Ruhestand versetzt werden, wenn „Tatsachen außerhalb seiner richterlichen Tätigkeit eine Maßnahme dieser Art zwingend gebieten, um eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege abzuwenden“.

Die Bundesrepublik brauchte diesen Paragrafen nicht. Bekannt ist nur ein Fall, in dem sich ein Richter mit dem Rotlichtmilieu verbunden hatte. Politische Aspekte gab es keine. Bis, wie gesagt, Jens Maier kam. Ein Richter, der für die AfD vier Jahre im Bundestag saß und seine völkisch-nationale Weltsicht lautstark zu verbreiten suchte.

Das beim Bundesgerichtshof angesiedelte Dienstgericht des Bundes – eine Einrichtung, die selbst unter Juristen kaum bekannt war – hat Paragraf 31 nun endgültig entstaubt und zu einem Instrument ausgebaut, um Extremisten unter Richtern aus dem Amt zu drängen. Eine politische Betätigung wird inakzeptabel, wenn jemand in herausgehobener Stellung bei einer Gruppierung aktiv ist, „die Grundlagen des demokratischen Verfassungsstaats ablehnt“.

Und es geht sogar ohne exponierte Stellung, wenn ein Richter im öffentlichen Auftritt „den Eindruck erweckt, er werde aus politischen Gründen sein künftiges dienstliches Verhalten an seiner persönlichen Einschätzung und nicht mehr allein an den Gesichtspunkten der Sachrichtigkeit, Rechtstreue, Gerechtigkeit, Objektivität und dem Allgemeinwohl ausrichten“.

Maier, der Sachsens Obmann im aufgelösten AfD-„Flügel“ war und über „Schuldkult“ und „Mischvölker“ schwadronierte, hat alles dafür getan, zum Musterfall zu werden. Besonders sein Tweet, wonach Angeklagte sich vor „AfD-Richtern“ zu fürchten hätten, erwies gerichtsfest, dass er außer nationalen keine Grenzen kannte.

Die Justiz muss ihre Unabhängigkeit schützen. Das gelingt nur, wenn Richter sich im Griff haben. Es mag unter ihnen Feinde der Demokratie geben, aber im Regelfall zeigen sie es nicht. Denken darf man, was man will. Aber Recht sprechen nur auf dem Boden der Verfassung. Paragraf 31 dient dafür ab sofort als Mahnung und Warnung. Es wäre sehr zu wünschen, dass er ansonsten weiterhin ein unauffälliges Leben führt.

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