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Der Tag des Wolfgang Schäuble: Nach Wochen des zunehmenden Drucks, nach Stunden, in denen sich die Lage Minute für Minute änderte, auch seine Lage, war er gezwungen, seiner Partei Vertrauen abzufordern. Bis zehn Uhr morgens wollte er zurücktreten.

Von Stephan-Andreas Casdorff

Nach seinem Geständnis ist der Altkanzler Helmut Kohl in tiefes Schweigen verfallen: Warum er sich so verhält, ist Gegenstand vieler Vermutungen und Gerüchte - dabei gibt es auch den naheliegenden Verdacht, dass eine Aussage noch Schlimmeres offenbaren könnte als Kohls Schweigen. Die etwas ratlos daherkommende Feststellung der CDU am Dienstag, man könne den Ehrenvorsitzenden schließlich nicht zwingen, hat denn auch den Verdacht genährt, dass der Spitze der CDU an der Wahrheit vielleicht weniger gelegen ist als sie behauptet.

Von Tissy Bruns

Ohne wirtschaftliches Wachstum keine Arbeitsplätze, ohne Arbeit kein Wohlstand - so lautet das gängige Credo in der Wirtschaftspolitik. Reinhard Loske, umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, stellte am Montag in Berlin eine Studie des Wuppertal-Institutes vor, die diese Vorstellung scharf angreift.

Die Legende des ehemaligen hessischen CDU-Schatzmeisters Casimir Prinz zu Sayn-Wittgenstein über angebliche jüdische Erblasser hat in Deutschland und Israel empörte Reaktionen ausgelöst. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, forderte den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) auf, in der Angelegenheit reinen Tisch zu machen.

Die CSU hat Vorwürfe des Waffenhändlers Schreiber zurückgewiesen, wonach sie Großspenden zerstückelt und unter dem Namen Verstorbener verbucht haben soll. Eine Sprecherin bezeichnete am Dienstag in München entsprechende Aussagen Schreibers als "Lügen".

Nordrhein-Westfalens Minister müssen künftig ihre Vermögensverhältnisse und externen Tätigkeiten einer Ehrenkommission offen legen. Das von Ministerpräsident Wolfgang Clement eingesetzte Gremium soll die Angaben auf etwaige Interessenkonflikte mit dem Amt überprüfen.

Eine Delegation des Europarats ist am Dienstag eine Reise in den Kaukasus angetreten, um sich dort ein Bild von der Lage in russisch kontrollierten Gebieten zu machen. Der Leiter der Delegation, Lord David Russell-Johnston, sagte nach einem Treffen mit dem geschäftsführenden russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau, Putin habe Vorschläge zum Tschetschenien-Konflikt offen aufgenommen.

Kein Kurswechsel beim brandenburgischen Verfassungsschutz, obwohl die Behörde nun CDU-geführt ist: Die Bekämpfung des Rechtsextremismus bleibe der "Schwerpunkt" der Arbeit, sagte der neue Verfassungsschutzchef Heiner Wegesin gestern in Potsdam. Auch an den bisherigen Grundsätzen, die PDS nicht zu beobachten und rechtsextreme Parteien - wenn nötig - zu verbieten, werde sich nichts ändern.

Von Thorsten Metzner

Moskau hat schon mehrfach verkündet, seine Truppen hätten Vororte Grosnys eingenommen und stünden kurz vor der Eroberung der tschetschenischen Hauptstadt. Doch die holten sich jedes Mal neue Niederlagen.

Ohne Vorbedingungen, aber mit einem eigenen Rentenreformkonzept will die CSU in die parteiübergreifenden Renten-Konsensgespräche mit der Bundesregierung am Donnerstag gehen. Die Vorsitzenden der CSU-Rentenkommission, Bayerns Sozialministerin Barbara Stamm und Ex-Gesundheitsminister Horst Seehofer, stellten am Dienstag in München ihr zehn Punkte umfassendes Konzept vor.

Der amtierende russische Präsident Wladimir Putin will den jahrelangen Machtkampf zwischen Parlament und Kreml, der unter seinem Vorgänger Boris Jelzin die Arbeit der Regierung erschwerte, offenbar beenden. Auf der konstituierenden Sitzung der neu gewählten Staatsduma setzte Putin am Dienstag ein deutliches Zeichen der Versöhnung und rief die Abgeordneten auf, die großen Probleme des Landes gemeinsam mit der Regierung anzugehen.

Während die Regierungsparteien CDU und FDP im hessischen Landtag am Dienstag in Wiesbaden ihren Willen demonstrierten, trotz Schwarzgeldaffäre weiterzuregieren, erschienen in der Zentrale der Partei des Ministerpräsidenten und in den Büros der Unions-Finanzmanager die Fahnder. Am Montag hatte die Staatsanwaltschaft Wiesbaden formell Ermittlungen gegen den früheren Schatzmeister der Partei, Prinz Wittgenstein, und gegen den Unionsgeldboten Horst Weyrauch aufgenommen.

Bei Unruhen auf der indonesischen Urlaubsinsel Lombok haben Polizisten einen Mann erschossen, nachdem Moslems elf christliche Kirchen zerstört hatten. Wie die Polizei am Dienstag mitteilte, hatten sich auf der Insel etwa 5000 Moslems versammelt, um gegen die Gewalt auf den Molukken zu demonstrieren.

Bei der Ausweisung von europäischen Naturschutzgebieten in Brandenburg müssen nach Ansicht von Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß (CDU) wirtschaftliche Belange stärker als bisher berücksichtigt werden. Gegenüber dem Tagesspiegel sagte Fürniß, dass bei Kammern und Unternehmen im Lande teilweise "erhebliche Bedenken" wegen der Meldung weiterer Naturschutzflächen nach Brüssel gebe.

Von Thorsten Metzner

Zur Spendenaffäre und der Weigerung des Ehrenvorsitzenden Helmut Kohl, Namen anonymer Spender zu nennen, hat der Vorstand der CDU am Dienstag nach Angaben des Parteivorsitzenden Wolfgang Schäuble bei zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung folgenden Beschluss gefasst"Durch die Aufdeckung der ungeheuerlichen Vorgänge in Hessen ist für die CDU eine neue Lage entstanden. Die CDU steht in einer ihrer schwersten Krisen in ihrer Geschichte.

In NRW müssen künftig alle Minister ihre Vermögensverhältnisse von einer Kommission überprüfen lassen. Und: Unternehmen wie die WestLB, an denen das Land beteiligt ist, dürfen nicht mehr an Parteien spenden.

Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dürfen frei gesprochene Angeklagte bei der Anrechnung von Untersuchungshaft nicht schlechter gestellt werden als Verurteilte. In dem am Dienstag veröffentlichten Beschluss gab das Gericht einem jungen Mann Recht, der nach sieben Monaten Untersuchungshaft vom Landgericht Frankenthal in zweiter Instanz vom Vorwurf der Vergewaltigung frei gesprochen worden war.

Spannend bis zur letzten Sekunde sind in Österreich die Verhandlungen über eine Fortsetzung der Großen Koalition zwischen Sozialdemokraten (SPÖ) und Volkspartei (ÖVP) geblieben. Am Dienstagnachmittag trafen sich SPÖ-Chef Viktor Klima und der ÖVP-Vorsitzende Wolfgang Schüssel zu einem Gespräch unter vier Augen, um einen letzten Konfliktpunkt über die Zusammensetzung des künftigen Kabinetts zu entschärfen.