zum Hauptinhalt
Eine Wasserstoff-Tankstelle.

© mauritius images/SZ Photo Creative/Jochen Eckel (Bearbeitung Tagesspiegel)

Der Hype um H2: Kann Wasserstoff unsere Energieprobleme lösen?

Wasserstoff gilt als das Wundermittel, um uns mit Energie zu versorgen und den Klimawandel zu bekämpfen. Stimmt das? Drei Experten antworten.

Wasserstoff ist in aller Munde.  In unserer Serie „3 auf 1“ erklären drei Expert:innen, was jetzt zu tun ist. Alle Folgen von „3 auf 1“ finden Sie hier.


Klimafreundlich hergestellter Wasserstoff (H2) hat riesiges Potenzial für die Energieversorgung. Dieses „grüne“, also mithilfe von Wind- und Solarstrom erzeugte H2, könnte zum Beispiel in der Chemieindustrie, der Schifffahrt und im Flugverkehr zum Einsatz kommen.

Grüner Strom lässt sich in diesen Bereichen nämlich nicht direkt verwenden wie zum Beispiel bei E-Autos. Dafür könnten neuartige Schiffs- und Flugzeugtypen in Zukunft H2 tanken, gleichzeitig ist Wasserstoff ein Vorprodukt für die Herstellung sogenannter E-Fuels, also klimaschonender Brennstoffe.

Die große Mehrheit der Studien kommt zu dem Schluss, dass Wasserstoff die einzige Alternative für den Umbau in kaum elektrifizierbaren Sektoren ist. Die Frage darf also nicht mehr sein, ob das Gas unsere Energieprobleme lösen kann. Die Weltgemeinschaft ist vielmehr dazu verdammt, die Wasserstoff-Nutzung rasch voranzutreiben. Deshalb ist es richtig, dass Länder wie Deutschland, die USA und China viele Milliarden Euro in den Aufbau der Wasserstoff-Wirtschaft stecken.


Wir brauchen Wasserstoff überall dort, wo fossile Energien schwer zu ersetzen sind. Am Industriestandort Deutschland zum Beispiel in der Stahlindustrie. Hier ist er ein sehr guter Ersatz für Koks.

Wasserstoff wird aber auch dort als Antwort dargestellt, wo er nur eine Scheinlösung ist. Zum Beispiel beim Autofahren. Warum mit riesigen Umwandlungsverlusten aus Wasserstoff und Kohlendioxid sogenannte E-Fuels machen, wenn man direkt mit Strom fahren kann? Oder beim Heizen. Warum bestehende Erdgasnetze mit Milliardenaufwand auf die winzigen und korrosiven Wasserstoffmoleküle umrüsten, wenn Wärmepumpen ebenso gut heizen?

Die Umstellung unserer Energieerzeugung auf klimafreundliche Verfahren ist schon teuer genug. Ressourcen dürfen nicht verschwendet werden. Was jetzt vor allem gebraucht wird, ist der zuverlässige und schnelle Ausbau der erneuerbaren Energien. Grüner Strom ist die wichtigste Antwort auf die Klimakrise. Wasserstoff ist für die Nischen, alles andere sind Ablenkungsmanöver.


Voll auf Wasserstoff zu setzen und die entsprechenden Milliardeninvestitionen in Infrastruktur zu tätigen, ist eine kühne Wette. Zunächst: Die Chancen sind verlockend. Ein großer Teil der Wirtschaft könnte damit wirklich klimafreundlich werden.

Aber viele entscheidende Fragen sind noch ungeklärt. Um das klimafreundlichste H2, den „grünen“ Wasserstoff zu produzieren, braucht man jede Menge grünen Strom, der in Deutschland knapp bleiben wird. Also muss man H2 auch importieren – aus Weltregionen mit großem Solar- und Windpotenzial, beispielsweise vom afrikanischen Kontinent.

Ob die potenziellen H2-Partnerländer dort aber wirklich eine ausreichende Produktion aufbauen werden, ist völlig offen. Außerdem werden sie einen großen Teil ihrer grünen Energie – sei es Strom oder Wasserstoff – selbst benötigen. Um den Wasserstoff, der tatsächlich exportiert wird, werden viele Industrieländer konkurrieren.

Die H2-Chance zu nutzen, ist richtig. Aber den „Hochlauf des Wasserstoffmarkts“ als gesetzt zu betrachten – wozu man in Deutschland neigt – ist fahrlässig.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false