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Treiberameisen der Gattung Aenictus sind in Afrika und Australasien weit verbreitet und werden auch als Kammerjäger geschätzt.

© François Brassard

Wildwechsel: Die Masse der Ameisen

Sie sind praktisch überall und das schließt auch Orte ein, an die sie gar nicht gehören. Aber wo Ameisenarten zur Plage werden, sind sie meist mithilfe des Menschen hingelangt.

Eine Kolumne von Patrick Eickemeier

Wer ernsthaft der Frage nachgeht, wie viele Ameisen es gibt, nimmt sicher gelassen in Kauf, der Ameisenzählerei bezichtigt zu werden. Mit Zählen käme man allerdings nicht weit. Die Zahl der ziemlich weltweit verbreiteten Tiere ist riesig, sie halten selten still und verbringen auch viel Zeit unterirdisch. Genau nehmen sollte man es aber schon, so weit möglich, um zu einem belastbaren Ergebnis zu kommen.

Ein Ergebnis lautet 20 Billiarden. Diese Zahl präsentierte ein Team um die Würzburger Biolog:innen Patrick Schultheiss und Sabine Nooten in der Fachzeitschrift „PNAS“ als die Gesamtzahl der Ameisen auf Erden. Die Forschenden haben vorhandene Studien zu den Insekten gesichtet und etwa 500 in einer Datenbank zusammengetragen und ausgewertet.

Wie an den zahlreichen Nullen zu erkennen ist, es folgen 15 auf die 20, handelt es sich dabei um einen sehr glatten Schätzwert. Dass es in Wirklichkeit 20 Billiarden und drei Ameisen sind, ist nicht auszuschließen. Das Autorenteam geht von „fast 20 Billiarden“ aus. Wichtiger als die genaue Zahl der Tiere ist aber ihre Bedeutung für die Ökologie der Erde. Sie lässt sich schon anhand der Masse der Tiere erahnen.

Ameisen sind Menschen zahlenmäßig über-, aber gewichtsmäßig unterlegen.

© Runxi Wang

Zusammen bringen alle Ameisen mehr auf die Waage als alle Wildvögel, berechneten die Forscher. Rund zwölf Megatonnen Kohlenstoff, würde man sie alle trocknen, gegenüber zwei. Alle wildlebenden Säugetiere bringen es auf etwa sieben Megatonnen. Und wie viele sind es für die seit Kurzem etwa acht Milliarden Menschen auf der Erde? Fünfmal so viel wie die Trockenmasse der Ameisen, etwa 60 Megatonnen.

Ameisen kommen mit Ausnahme der polaren Gebiete in allen Landregionen der Erde vor. In den Tropen ist ihre Dichte am höchsten. Die ergiebigsten Ameisenlebensräume sind Wälder und Trockengebiete.

Stark vom Menschen beeinflusste Gebiete sind für Ameisen weniger attraktiv, allerdings sind mehrere Arten mit dem Menschen in neue Lebensräume gelangt. Da wäre zum Beispiel die als ManhattANT bekannte Neu-New-Yorkerin, die Zweifarbige Wegameise Lasius emarginatus, die aus Europa stammt. In der anderen Richtung, ursprünglich aus Südamerika, ist die Rote Feuerameise Solenopsis invicta über den Atlantik gereist. Sie wurde mittlerweile in fast alle Weltregionen verschleppt und richtet große ökologische Schäden an, weil sie heimische Ameisenarten verdrängt, ihnen Nester und Brut stiehlt.

Von der Gelben Spinnerameise Anoplolepis gracilipes ist nicht einmal bekannt, woher sie ursprünglich stammt. Eingeschleppt auf tropischen Inseln gefährdet sie den Bruterfolg von Seevögeln. Die Tiere töten sogar Küken.

Gelben Spinnerameisen und weitere Arten pflegen Kolonien von Blattläusen, deren zuckerhaltigen Ausscheidungen sie konsumieren. 

© Sasitorn Hasin

Wo sie hingehören, verrichten Ameisen aber wichtige Arbeit, etwa als Schädlingsbekämpfer und mit Erdarbeiten. „Pro Hektar bewegen Ameisen im Jahr bis zu 13 Tonnen Erdmasse“, berichtet Schultheiss. Damit haben sie großen Einfluss auf den Nährstoffkreislauf und auch die Verbreitung von Pflanzensamen.

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