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Braucht es noch mehr davon? die Ampel streitet über Autobahnen.

© Julian Stratenschulte/dpa

Update

Interessen gehen weit auseinander: Koalitionsausschuss findet keine Einigung in der Verkehrspolitik

Volker Wissing und die Grünen streiten um den Autobahn-Neubau. Die Grünen warnen vor der Klimakrise, der Verkehrsminister vor Engpässen. Eine Analyse.

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Im Schatten der Panzer-Debatte streitet die Ampel-Koalition seit Wochen intensiv um die Verkehrspolitik. An diesem Donnerstag trafen sich nun die Partei- und Fraktionsspitzen zu einem Koalitionsausschuss, um den Konflikt aufzulösen. Doch zu einer Einigung kam es nicht.

„Der Koalitionsausschuss ist beendet. Der Gespräche waren konstruktiv und werden weitergeführt“, erfuhr der Tagesspiegel aus Koalitionskreisen. Die Interessen von Grünen und FDP gehen noch zu weit auseinander.

Die Grünen fordern, den Infrastrukturausbau auf die Bahn zu fokussieren. Autobahnprojekte wollen sie weitgehend aufgeben. Denn die CO2-Emissionen im Verkehr gehen nicht zurück, die im Klimaschutzgesetz festgeschriebenen Emissionsziele geraten deshalb immer mehr aus dem Blick. 2022 dürfte der Sektor nach einer Prognose von Agora Energiewende bereits elf Millionen Tonnen CO2 zu viel ausstoßen. Der Umweltverband BUND hat die Bundesregierung nun verklagt, damit Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) endlich ein wirksames Klimaschutz-Sofortprogramm vorlegt.

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Doch Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) verfolgt eine andere Agenda. Er will die marode Infrastruktur so schnell wie möglich modernisieren und dafür die Planungszeiten halbieren – auch für neue Autobahnen. Das Wachstum im Güterverkehr „kann die Schiene nicht allein aufnehmen“, sagt er. „Auch wenn es nicht allen gefällt: Es wird auf deutschen Straßen mehr Verkehr geben und wir müssen damit umgehen. Sonst steht die Wirtschaft bald still und wir verlieren Arbeitsplätze.“

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (li.) besichtigt die gesperrte Talbrücke Rahmede der Autobahn A45 im Sauerland.

© Dieter Menne/picture alliance/dpa

Wer hat recht in dem Dauerstreit? Drohen im deutschen Autobahnnetz bald wirklich gefährliche Engpässe? Und wie klimaschädlich sind Autobahnen noch, wenn die Antriebswende kommt? Um das zu beantworten, hat Tagesspiegel Background mit Verkehrsplanern und Praktikern gesprochen. Schnell wird dabei deutlich: Die Antwort hängt weniger von Fakten, sondern von Grundüberzeugungen ab. Es geht darum, wie sinnvoll man die Verkehrswende findet. Eine Analyse in neun Kapiteln.

Zwei Alpträume

Wer verstehen will, warum Verkehrsminister Volker Wissing und die Grünen derzeit erbittert über den Bau neuer Autobahnen streiten, muss sich das Alptraum-Szenario beider Seiten anschauen. Die Grünen fürchten, dass die Klimabewegung nach den Braunkohletagebauen vermehrt Autobahn-Baustellen zu ihrem wichtigsten symbolischen Protestort machen könnte. Tragen die Grünen den Autobahn-Ausbau in der Regierung mit, drohen sie sich deshalb weiter von ihrer Basis zu entfernen.

Volker Wissings Alptraum steht in Lüdenscheid. Dort leiden die Anwohner:innen unter Dauerstau, weil die marode Talbrücke Rahmede der A 45 nicht mehr befahren werden kann. Deutschlandweit gelten mindestens 4000 Autobahnbrücken als einsturzgefährdet und müssen so schnell wie möglich ersetzt werden. Ohne Ausbau könnte es bei den Autobahnen bald so aussehen wie bei der Bahn, meint Wissing. Ein überaltertes und viel zu kleines Netz, das dem Ansturm nicht gewachsen ist. Dass die Grünen in mehr Autobahnen eine Gefahr fürs Klima sehen, findet Wissing unsinnig. Denn in gut 15 Jahren, wenn die neuen Straßen fertig werden, dürften die meisten Autos und Lkw elektrisch und damit klimaneutral fahren, argumentiert er. 

Der Koalitionsvertrag

Schon in den Koalitionsverhandlungen waren sich die Ampelparteien in der Verkehrspolitik nicht einig. Deshalb verabredete man Verfahrensregeln: Es soll „eine gemeinsame Abstimmung über die laufenden Projekte“ geben. Die FDP wollte so verhindern, dass ein möglicher grüner Verkehrsminister bestehende Autobahnprojekte einfach absagt. Doch nun protestieren die Grünen mit dieser Klausel – bisher vergeblich – dagegen, dass Wissings Ministerium vor Kurzem die Planung für die umstrittene Verlängerung der Berliner Stadtautobahn A100 an ein Ingenieurbüro vergeben hat.

In einem „Dialogprozess“ mit Umwelt- und Wirtschaftsverbänden soll zudem ein neuer „Infrastrukturkonsens“ vereinbart werden. Welche der über 1000 Projekte aus dem noch bis 2030 laufenden Bundesverkehrswegeplan (BVP) werden in den verbleibenden Jahren noch umgesetzt und welche abgesagt? Die Hoffnung der Grünen: Die Runde würde sich auf den Bahnausbau fokussieren und möglichst viele Straßenbauprojekte aufgeben.

Mit Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) kann sich Verkehrsminister Wissing seht Monaten nicht auf eine Planungsbeschleunigung für Verkehrsprojekte einigen.

© picture alliance/dpa

Aber Wissing will das Gremium bloß über einen neuen, modernen Mobilitätsplan für die 2030er Jahre diskutieren lassen. Die Überprüfung der BVP-Projekte sollen seine Expert:innen übernehmen. Zudem hat Wissing bereits vor Monaten einen Gesetzentwurf zur schnelleren Genehmigung von Verkehrsprojekten fertiggestellt, den Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) so jedoch nicht mittragen will. Denn darin wird neben den übrigen Verkehrsträgern auch Straßenprojekten der Status „im überragenden öffentlichen Interesse“ zugesprochen, was den Naturschutz weitgehend aushebeln würde. Seitdem sind die Verkehrsexperten der Grünen zornig auf den FDP-Minister. Den Konflikt von Wissing und Lemke konnten auch drei Treffen mit Kanzler Olaf Scholz nicht auflösen. Deshalb nun der Koalitionsausschuss.

Die Verkehrsprognosen

Dass Wissing so agiert, hat viel mit den Verkehrsprognosen seiner Expert:innen zu tun. Für den Personenverkehr gehen sie davon aus, dass die Menschen in Deutschland 2051 im Vergleich zu 2019 – trotz mehr Homeoffice und einer alternden Gesellschaft – 12,8 Prozent mehr Kilometer zurücklegen werden. Im Güterverkehr steigt die Transportleistung im selben Zeitraum demnach sogar um 46 Prozent – und zwar auf der Straße noch mehr als auf der Schiene.

Vermeiden lässt sich dieser zusätzliche Güterverkehr nach der Meinung der meisten Verkehrsökonom:innen kaum, weil der Verkehr entsprechend der wirtschaftlichen Entwicklung zunimmt. Vor allem deshalb fordert Wissing mehr Autobahnen. Wer sollte an der Notwendigkeit anhand dieser Prognosen zweifeln?

Tatsächlich ist etwas seltsam an den Zahlen. Der verkehrspolitischen Ziele der Bundesregierung finden sich darin nicht ansatzweise wieder. Die Ampel möchte, dass die Menschen 2030 doppelt so viel mit der umweltfreundlichen Bahn fahren. Doch laut Verkehrsprognose werden Fahrgäste selbst 2051 nur 52,4 Prozent mehr Kilometer mit der Bahn zurücklegen.

Der Marktanteil der Schiene im Güterverkehr soll bis 2030 auf 25 Prozent steigen. Doch laut Verkehrsprognose wird er sogar zurückgehen – von 19 Prozent der Transportleistung in 2019 auf nur noch 17,3 Prozent im Jahr 2051. Die vom Bundesverkehrsministerium beauftragten Gutachter:innen glauben also nicht an das Regierungsprogramm.

Der Kritiker

Für den Verkehrsplaner Oliver Schwedes von der TU Berlin ist genau das das Problem. Indem die dem Bundesverkehrswegeplan zugrundeliegende Verkehrsprognose scheinbar neutral die zukünftige Nachfrage ermittele, zementiere das Instrument den Status quo, sagt er. „Das ist eine Entscheidung für die Betonwirtschaft“, sagt Schwedes. „Man baut dem ungebremsten, als natürlich angenommenen Wachstum hinterher.“

Der Professor für integrierte Verkehrsplanung hat sein ganzes Berufsleben dem Ziel gewidmet, den Bundesverkehrswegeplan abzulösen. Schwedes fordert, dass die Politik sich zunächst verkehrspolitische Ziele setzt und dann anhand dieser die zukünftige Infrastruktur plant.

Hält Wissings Verkehrspolitik für veraltet: Der Verkehrsplaner Oliver Schwedes von der TU Berlin.

© Christian Kielmann/Promo

Er ist überzeugt, wenn die Politik den Lkw-Verkehr etwa über einen hohen CO2-Preis unattraktiver macht und zugleich die Bahn massiv ausbaut, kann der zusätzliche Güterverkehr allein auf der umweltfreundlichen Schiene fahren. „Womöglich ruckelt es dann mal eine Weile, womöglich erleben wir mehr Staus, bis die Bahn ausgebaut ist“, doch das müsse man eben in Kauf nehmen, sagt Schwedes, der sich neben seinem Hochschuljob in der Verkehrswende-Bewegung engagiert.

Die Praktiker

Frank Huster hält das für weltfremd. Dass die Schiene in absehbarer Zeit einen Marktanteil von 25 Prozent erreiche, „hält kaum noch jemand für realistisch“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Spedition und Logistik (DSLV). Wohl niemand kann die Chancen für eine Verkehrsverlagerung so gut einschätzen wie Husters Mitgliedsunternehmen. Denn die Großspediteure sind es, die die Warenströme auf die Verkehrsträger Straße, Schiene und Binnenschiff verteilen.

Er sehe es mit Schrecken, dass manche Unternehmen die Ware auf Wunsch von Kunden derzeit sogar wieder auf die Straße zurückverlagerten, weil die marode Schiene so unzuverlässig sei, sagt Huster. „Wir sind für mehr Bahnverkehr. Die Straße wird aber immer das dominante Verkehrsmittel bleiben“, betont er. Es wäre fahrlässig, nicht mehr in ihren Ausbau zu investieren.

Die Bahn steht vor einem Jahrzehnt des Bauens. Und kann deshalb kaum zusätzlichen Verkehr aufnehmen.

© dpa/Roland Weihrauch

Hoffnung, dass die Schieneninfrastruktur in den nächsten Jahren wesentlich besser wird, hat auch Peter Westenberger, Geschäftsführer des Verbands Die Güterbahnen, nicht. Für den Güterverkehr relevante neue Bahnstrecken gingen bis 2030 kaum ans Netz, sagt er. Die zuständige Bahntochter DB Netz sei zu langsam mit der Planung und habe zu wenig Projekte bei der Politik angemeldet, findet der Privatbahn-Vertreter. Auch, weil die Deutsche Bahn für jedes Projekt – anders als bei der Straße – einen Eigenanteil bezahlen musste.

Umso mehr fordert Westenberger nun, dass sich der Staat auf den Ausbau der Bahn konzentrieren und die passenden wettbewerblichen Rahmenbedingungen schaffen soll. Zudem solle seine Branche aktiv um neue Kunden werben, statt die Vermarktung den eher straßenaffinen Spediteuren zu überlassen. Dann könne die Verkehrsverlagerung klappen.

Der Bahnskeptiker

Thomas Puls glaubt daran nicht. Der Verkehrsökonom vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft in Köln hat 2022 in einer Studie für den Lkw-Verband BGL errechnet, dass sich Lkw-Fahrten kaum auf die Schiene verlagern lassen. Nur acht Prozent der von deutschen Lkw transportierten Tonnage fahre weiter als 300 Kilometer, heißt es darin. Erst ab dieser Distanz gilt die Schiene als wettbewerbsfähig. Wichtiger als die Transportmenge ist freilich die Transportleistung, die auch die gefahrenen Kilometer mit einbezieht. Bei ihr fallen die längeren Transporte mehr ins Gewicht.

Wir können froh sein, wenn Straße und Schiene zusammen das Verkehrswachstum in den nächsten Jahren schultern können.

Der Verkehrsökonom Thomas Puls vom IW Köln

Doch auch hier gibt es Hürden, meint Puls. Die meisten dieser Fahrten würden von ausländischen Lkw-Speditionen durchgeführt, sagt er. Klassischerweise brächten sie Ware etwa von Duisburg, wo die Container mit dem Binnenschiff aus Rotterdam ankommen, in ihre Heimatländer. „Es wäre sehr wünschenswert, wenn diese Transporte von der Bahn übernommen würden.“ Doch unterschiedliche Strom- und Sicherheitssysteme sowie strenge nationale Vorschriften wirkten als Bremse.

Doch auch wenn es gelingt, mehr dieser Transporte auf die Bahn zu verlagern, ist Puls überzeugt: „Ohne Straße wird es nicht gehen. Wir können froh sein, wenn Straße und Schiene zusammen das Verkehrswachstum in den nächsten Jahren schultern können.“

Die Klimafrage

Doch wäre es wirklich klimapolitisch unbedenklich, wenn 2051, wie im Bundesverkehrswegeplan prognostiziert, die Transportleistung auf der Straße um 54 Prozent steigt und die Deutschen 3,6 Prozent mehr im motorisierten Individualverkehr fahren? Bis dahin sollte der gesamte Straßenverkehr in Deutschland elektrisch sein – sei es per Batterie, E-Fuels oder durch eine mit Wasserstoff angetriebene Brennstoffzelle. Auch die Primärenergie könnte dann vollständig aus Erneuerbaren kommen.

Dennoch spricht viel dagegen, den seit den 50er Jahren anhaltenden Boom des Straßenverkehrs ungebremst fortzusetzen. Da ist vor allem der hohe Flächenverbrauch. Durch neue Autobahnen soll wertvolle Natur zerstört werden. Die geplante Küstenautobahn A20 etwa würde durch Moorgebiete führen. Die Naturzerstörung ist angesichts der Artenkrise gefährlich.

Außerdem wird für den Bau von Straßen sehr viel CO2 ausgestoßen, solange unsere Wirtschaft noch nicht völlig klimaneutral ist. Das gilt auch für die E-Autoproduktion. Hierfür werden zudem viele wertvolle Ressourcen wie seltene Erden und andere Metalle benötigt. Vor allem aber werden unsere Städte durch mehr Autoverkehr auch nicht lebenswerter. Aus all diesen Gründen empfiehlt das Umweltbundesamt, die Antriebs- mit einer Verkehrswende zu kombinieren und die flächen- und energieeffiziente Bahn auszubauen.

Der Reformer

Statt mit der CO2-Einsparung sollten die Grünen vor allem mit mehr Lebensqualität für eine Verkehrswende werben, empfiehlt der Verkehrsplaner Markus Friedrich von der Universität Stuttgart. In einer Studie für Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat er bereits über eine Alternative zum Bundesverkehrswegeplan nachgedacht. Er spricht sich dafür aus, nicht mehr alle Straßenprojekte umzusetzen, die einen deutlichen Zeitgewinn versprechen.

Ansonsten würden die Menschen nur immer noch weitere Distanzen etwa zur Arbeit oder zum Einkaufen zurücklegen. So würden zusätzliche Straßen zusätzlichen Verkehr erzeugen und die Zersiedelung vorantreiben. „Unser Straßennetz ist bereits sehr dicht.“ Kleine Staus in der Rushhour seien deshalb verkraftbar, weil der Zeitverlust gering sei, meint Friedrich. Sein Ziel ist es, das Verkehrswachstum zumindest im Personenverkehr zu stoppen. 

Der Bund hat in den vergangenen Jahren bevorzugt Ortsumgehungen gebaut.

© Julian Stratenschulte/picture alliance/dpa

Friedrich wirbt dafür, neue Straßen nur dort zu bauen, wo die Verkehrsanbindung im bundesweiten Vergleich derzeit unterdurchschnittlich ist. Durch ein solches Bewertungskriterium würden viele Straßenbauprojekte aus dem Bundesverkehrswegeplan bei der Nutzen-Kosten-Analyse plötzlich unrentabel, ist der Wissenschaftler überzeugt. Zudem will er die Zahl der Ortsumgehungen reduzieren, indem bei einem Parallelverlauf eine von zwei Bundesstraßen zurückgebaut wird. Und in Regionen mit schlechter ÖPNV-Anbindung will er primär diesen und nicht den Straßenverkehr verbessern. „Angesichts des Ziels gleichwertiger Lebensverhältnisse ist das nur fair.“

Die Entscheidung

Doch wie viele Autobahnen und Bundesstraßen in Deutschland, dem Land mit dem dichtesten Fernstraßennetz Europas, noch gebaut werden, entscheidet letztlich die Politik. Verkehrsminister Wissing hat das Auto in einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ zuletzt als Mittel der Freiheit und sozialen Teilhabe verteidigt und sich gegen eine Reduzierung des Straßenverkehrs ausgesprochen. In den Tagen vor dem Koalitionsausschuss wurde in Berlin bereits eine mögliche Lösung diskutiert.

Laut entsprechenden Gerüchten im Regierungsviertel sollte Wissing gestattet werden, zumindest einigen Autobahnprojekten, die Engpässe im bestehenden Netz beseitigen, den Status im überragenden öffentlichen Interesse zu geben, um sie schneller zu bauen. Von einigen „Lückenschlüssen“ sprach Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) gegenüber dem „Spiegel“. Zudem sollten marode Brücken nach einem SPD-Vorschlag – auch bei einer Erweiterung um bis zu zwei Spuren – mit einer einfachen Plangenehmigung durch einen Neubau ersetzt werden.

Die Grünen würden im Gegenzug zusätzliche Investitionen ins Schienennetz erhalten. Am Wochenende berichtete der Hauptstadt-Newsletter „Pioneer“, dass das Finanzministerium noch in diesem Jahr fünf bis sieben Milliarden Euro zusätzlich für die Sanierung des Schienennetzes bewilligen könnte.

Doch darauf konnte man sich am Donnerstag offensichtlich nicht einigen. Vor dem Koalitionsausschuss hatten Umweltverbände die Grünen mehrfach gewarnt, den kolportierten Kompromiss einzugehen. Nach der Räumung von Lützerath wären neue Autobahnen der nächste Tiefschlag für die Umweltbewegung gewesen.

Die Grünen geben sich deshalb vorerst entschlossen, nach der Vergrößerung des Braunkohletagebaus Garzweiler II und der Verschiebung des Atomausstiegs nicht auch noch einen Autobahn-Kompromiss hinzunehmen, den ihre Anhänger:innen als Aus für die Verkehrswende sehen. Für eine Einigung in der Koalition soll es nun einen zweiten Anlauf geben.

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