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Friedrich Merz war der Wunschkandidat der CDU-Basis im Osten für den Parteivorsitz.

© picture alliance/dpa/Jan Woitas

Parteichef zu AfD und Ukraine: Merz macht der CDU-Basis im Osten drei klare Ansagen

Die CDU arbeitet an ihrem neuen Programm. Bei mehreren Regionalkonferenzen trifft Parteichef Merz deshalb die Mitglieder. In Sachsen wird er besonders deutlich.

Als die Frage nach Hans-Georg Maaßen kommt, wird es unruhig im Saal. „Ich sehe bei ihm keine Aussagen, die den Grundprinzipien unserer Partei widersprechen“, sagt ein CDU-Mitglied aus Meißen. CDU-Chef Friedrich Merz solle mal begründen, warum die Partei den Ex-Verfassungsschutzchef nun rausschmeißen wolle.

Es ist Donnerstagabend und die CDU hält im sächsischen Schkeuditz eine ihrer Regionalkonferenzen ab, bei denen sie die Meinung der Mitglieder zum neuen CDU-Grundsatzprogramm einholt. Dabei muss sich Merz auch den Fragen der Basis stellen.

Zum Parteiausschluss von Ex-Verfassungsschutzchef Maaßen macht der CDU-Chef nicht viele Worte: „Maaßen hat sich in einer herabwürdigenden Sprache geäußert, die in unserer Partei keinen Platz hat“, sagt er. Bei Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus sei Schluss.

Die Konferenzen zeigen, wie unterschiedlich die Basis tickt

Wofür will die CDU stehen? Bis zur Europawahl 2024 soll das neue Grundsatzprogramm der Partei stehen. CDU-Programmchef Carsten Linnemann formuliert sein Ziel klar: Nicht nur solle die Partei bald eine Reihe an Positionen haben, die es so bei keiner anderen Partei gebe.

Er wolle auch jedes Parteimitglied nachts wecken können und eine Antwort auf die Frage bekommen, wofür die CDU steht. „Erstens, zweitens, drittens.“

Noch ist die Partei von einer solchen Klarheit weit entfernt. Mit den Regionalkonferenzen will die Partei die Mitglieder einbinden. „Mitgliedermärz“ lautet der Slogan. In Pforzheim in Baden-Württemberg und in Münster in Nordrhein-Westfalen war die Partei schon zu Gast, am Donnerstagabend folgte Schkeuditz in Sachsen, am Freitagabend Linstow in Mecklenburg-Vorpommern. Süden, Westen, Osten, Norden.

Für die CDU wird es mit dieser Partei an keiner Stelle der Bundesrepublik Deutschland eine parlamentarische Zusammenarbeit geben. 

Friedrich Merz über die AfD

Die Regionalkonferenzen zeigen, wie unterschiedlich die Basis in den Regionen tickt. In Schkeuditz hält Friedrich Merz einige sehr grundsätzliche Ansagen für notwendig.

Erstens: Eine parlamentarische Zusammenarbeit mit der rechtsradikalen AfD werde es nicht geben. Mit Anbiederung bekomme man die Partei nicht klein. Es gehe nur über klare Abgrenzung. Eine Mahnung auch an jene, die wie im Kreistag im sächsischen Bautzen meinen, Anträgen der AfD zustimmen zu müssen.

Zweitens: Klimaschutz. „Niemand von uns sollte bestreiten, dass das ein ernsthaftes und großes Problem ist“, sagt Merz.

Und drittens: die Ukraine. Der sächsische CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer hatte in der Vergangenheit gefordert, den Krieg in der Ukraine einzufrieren, hatte gegen die Lieferung von schweren Waffen an das angegriffene Land argumentiert und zuletzt gefordert, die zerstörte Pipeline Nord Stream 1 zu reparieren. Im Osten gibt es nicht wenige, die es ähnlich sehen wie er.

Merz ermahnt die Mitglieder. „Wir werden selbstverständlich die Hoffnung nie aufgeben, dass es eines sehr fernen Tages mit diesem Russland wieder möglich ist, eine politische Friedensordnung in Europa zu schaffen“, sagt er in Schkeuditz. „Aber bevor es so weit ist, müssen wir unseren Kurs halten. Und der lautet: Wir sind immer auf der Seite der Freiheit, des Rechtsstaats, der Wehrhaftigkeit, der offenen Gesellschaft und der Demokratie.“ Es dürfe nie einen Zweifel daran geben, wo die CDU stehe.

Es gibt in Schkeuditz keine Diskussion über diese Punkte, die meisten Mitglieder im Saal dürften in der Sache bei Merz sein. Die harten Ansagen bekommen Applaus. Und Merz war auch der Wunschkandidat der Basis im Osten für den Parteivorsitz.

Haseloffs Vergleich mit der DDR kommt gut an im Saal

Den Nerv im Saal treffen an diesem Abend trotzdem andere, wie Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff mit seinen Attacken gegen die Regierung in Berlin, speziell die Politik der Grünen. Großes Thema ist an diesem Abend etwa das ab 2024 geplante Einbauverbot neuer Öl- und Gasheizungen.

Friedrich Merz und Reiner Haseloff.

© action press/Chris Emil Janssen

„Wir sind kein Experimentierfeld“, sagt Haseloff. „Hier gerade im Osten, wo wir schon mal erlebt haben, dass eine Ideologie versucht hat, Menschen zu erziehen und etwas überzuhelfen, was gegen den Grundsatz der Freiheit und der Liberalität geht.“ Haseloff vergleicht also die Politik der Ampel-Regierung mit der DDR – im Saal kommt das gut an.

Der Thüringer CDU-Chef Mario Voigt wirft der Ampel eine Verbotspolitik vor. Die Koalition sei im Begriff, den „kleinen Wohlstand“ zu verspielen, den sich die Menschen in den letzten 30 Jahren aufgebaut hätten. Er wirft der Ampel „Sozialismus mit Westgeld“ vor.

Ich werde nicht mit Ausschließeritis einen Wahlkampf führen und dann möglicherweise verbrannte Erde hinterlassen.

Friedrich Merz

Es sind Töne, wie es sie in Münster oder Pforzheim nicht gab. CDU-Chef Friedrich Merz dagegen bemüht sich um einen moderaten Kurs in Richtung der Grünen. Er will vermeiden, dass er zu viel Porzellan zerschlägt und die CDU am Ende nach der nächsten Bundestagswahl ohne Koalitionspartner dasteht.

Auf die Frage aus dem Publikum, ob er wie CSU-Chef Markus Söder in Bayern eine Koalition mit den Grünen klar ausschließen wolle, sagt Merz: „Wir müssen gesprächsfähig bleiben. Ich werde nicht mit Ausschließeritis einen Wahlkampf führen und dann möglicherweise verbrannte Erde hinterlassen.“

Doch ein paar klare Aussagen machen noch kein Grundsatzprogramm. Die CDU will neue Antworten auf die Zukunft der Rente und der Pflege geben. Sie will eigene Ideen zur Energiesicherheit vorlegen, zur Förderung von Wohneigentum oder zur Vermögensbildung.

Das Grundsatzprogramm soll der ganz große Wurf werden, die Basis für den Bundestagswahlkampf 2025. Denn dass die Union 2021 die Wahl verlor – das führen sie in der CDU darauf zurück, dass die Partei nicht mehr wusste, wofür sie steht.

Der CDU-Chef bereut seine Pascha-Aussage nicht

Auf den Regionalkonferenzen fragt die Partei ihre Mitglieder, was sie für sie die größte Herausforderung ist, vor der Deutschland steht. Auf ihren Handys können sie die Antworten eintippen. Daraus entsteht eine Wortwolke. Je größer der Begriff, desto mehr Leute haben ihn genannt.

In der Mitte steht in Schkeuditz schließlich groß „sozialer Frieden“, darum herum Migration, Sicherheit, Klimawandel, Bildung, Energiewende. Auch in Pforzheim und Münster waren Klimawandel und Migration dominierende Begriffe.

Ein Thema, das in der Wortwolke nicht auftaucht, aber dennoch für ordentlich Applaus sorgt: Political Correctness. Die Chefin des CDU-Wirtschaftsflügels, Gitta Connemann, schimpft: „Weg mit den Schwurbelsätzen, weg mit dem Gendern.“

Und Sachsens Innenminister Armin Schuster erklärt: „Der Sachse hat die wunderbare Fähigkeit, keinen ,Political-Correctness-Filter’ vor dem Mund zu haben.“ So mancher fühle sich bevormundet. „Für den Sachsen müssen wir klarer formulieren.“

Friedrich Merz schlägt auch gleich in diese Kerbe. Bundesweit musste der CDU-Chef viel Kritik einstecken, nachdem er Söhne von Migranten als „kleine Paschas“ bezeichnet hatte. Auch intern gab es Ärger.

Doch hier im CDU-Osten muss er sich für den Satz nicht verstecken. „Wenn ich mir anschaue, wer sich darüber aufregt, wenn ich mal Pascha sage, dann freue ich mich, dass ich es gesagt habe“, meint er. Es gibt Applaus.

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