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Die Fußgängerzone in Sonneberg in Thüringen.

© imago images/Val Thoermer

Großer AfD-Erfolg in Thüringen: „Das Klima in Sonneberg ist wie vergiftet“

Beinahe wäre Robert Sesselmann von der AfD am Sonntag Landrat geworden. Ein Blick in seinen Landkreis zeigt: Das hat mehr mit Gas-Heizungen zu tun als mit lokalen Themen.

Es ging um die ganz großen Themen: um das Heizungsgesetz, um den Ukraine-Krieg, um Flüchtlingspolitik. Worum es nicht ging: Sonneberg. Das sagen fast alle, mit denen man nach der Landratswahl am Sonntag spricht.

Die AfD gewann die Wahl mit 46,7 Prozent und stellte damit beinahe den ersten AfD-Landrat in Deutschland. Kandidat Robert Sesselmann blieb nur knapp unter den nötigen 50 Prozent.

In zwei Wochen könnte er sich in der Stichwahl gegen seinen Konkurrenten Jürgen Köpper durchsetzen. Dass die AfD stark abschneiden würde, war eigentlich allen klar.

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„Aber uns überrascht, dass es so deutlich war“, sagt Linda Stark vom Linken-Kreisverband Sonneberg. So geht es am Tag nach der Wahl vielen. Wieso ist die AfD in Südthüringen so erfolgreich?

Sonneberg: ein starker Wirtschaftsstandort

Im Landkreis Sonneberg in Südthüringen wohnen knapp 56.000 Menschen. Sonneberg ist ein starker Wirtschaftsstandort: Über 4000 Unternehmen sind hier angesiedelt, die meisten kleine und mittelständische Betriebe, wie es bei der IHK Südthüringen heißt.

Viele arbeiten in der Metallbranche oder der Glasindustrie. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 5,1 Prozent, knapp unter Bundesdurchschnitt.

„Die Probleme in Sonneberg sind ähnlich wie die in anderen Kommunen“, sagt Jens-Uwe Blask. Er ist Geschäftsführer des CDU-Kreisverbands Sonneberg. „Es gibt einen Reparaturstau an Schulen, die Kommune muss in ihre Straßen investieren, Kliniken absichern.“ Gerade die Gesundheitsversorgung, sagen viele, beschäftigt die Sonneberger.

Im Wahlkampf der AfD ging es weder um Schulen noch um Krankenhäuser. „Unser Geld für unsere Rente“. „Der Euro muss weg“. Blask zitiert einige der AfD-Wahlplakate, die er in den vergangenen Wochen auf den Straßen sah. Parolen, wie er sie sonst von Bundestags- und Europawahlen kannte. Das Gesicht von Kandidat Sesselmann sei ihm nur selten untergekommen.

Hier sind keine Personen gewählt worden.

Jürgen Köpper, Landratskandidat der CDU

„Hier sind keine Personen gewählt worden“, sagt auch Jürgen Köpper, Sesselmanns Gegenkandidat von der CDU, der Welt. „Hier hat einfach die Unzufriedenheit ihren Teil dazu beigetragen.“ Im Wahlkampf sei es vor allem um bundespolitische Themen gegangen, die Wahl der AfD als Frustwahl.

Große Parteien machen Politik für Großstädte

Blask war im Wahlkampf fast jeden Tag mit Köpper unterwegs, am Wahlkampfstand, bei Diskussionsrunden. „Gerade in einer ländlichen Region wie Sonneberg haben viele Menschen das Gefühl: Die großen Parteien machen Politik für Großstädte“, sagt Blask. „Hier haben die meisten Menschen Gas-Heizungen im Haus und können nicht einfach eine Wärmepumpe einbauen.“

Andre Brodocz, Politikwissenschaftler der Universität Erfurt, hält das für ein deutschlandweites Phänomen. „Für eine gewisse Unzufriedenheit mit der Bundespolitik gibt es gerade einen Resonanzboden.“ In Sonneberg sehe man das aktuelle Erstarken der AfD in Deutschland gewissermaßen in Klein.

Mit vielen Menschen kann man kaum noch sprechen.

Heidi Büttner, Mitglied des Grünen-Regionalverbands

Die Stimmung in Sonneberg habe sich verändert in den letzten Jahren, vor allem seit der Pandemie, sagt Heidi Büttner vom Regionalverband der Grünen in Sonneberg und Hildburghausen. „Das Klima ist wie vergiftet. Mit vielen Menschen kann man kaum noch sprechen.“

Ihre Partei sei am Infostand immer wieder der Buhmann gewesen. Auch die anderen Parteien bestätigen: Man kommt in Sonneberg schlecht an die Menschen ran.

Die Wahlbeteiligung am Sonntag legt nahe: Im Landkreis herrscht hohe Politikverdrossenheit. Nur 49,1 Prozent gingen zur Wahl. „Die AfD kann gut mobilisieren. Bei Wahlen mit niedriger Beteiligung kann das von großer Bedeutung sein“, sagt Politikwissenschaftler Brodocz.

Könnte in zwei Wochen erster AfD-Landrat werden: Robert Sesselmann.

© IMAGO/Jacob Schröter

In den kommenden zwei Wochen will die CDU deshalb vor allem die 50,9 Prozent ansprechen, die nicht wählten. Aber nicht mit der gleichen Strategie wie die AfD.

„Es ist unredlich, Wahlkampf mit etwas zu machen, was man als Landrat nicht ändern kann“, sagt CDU-Mann Jens-Uwe Blask. „Wir wollen ehrlich bleiben, unseren Kandidaten in den Mittelpunkt rücken, über lokale Themen sprechen.“ Die Konservativen setzen dafür auch auf die Unterstützung der anderen Parteien.

Bei SPD, Grünen und Linken ist die Antwort recht eindeutig. „Wir wollen alle aufrufen, zur Wahl zu gehen und die demokratische Partei zu wählen“, sagt Linda Stark von der Linken.

Andreas Langethal-Heerlein von der SPD vor Ort sagt: „Die Demokratie steht im Mittelpunkt. Da mache ich sogar mal Wahlkampf für einen CDU-Mann.“

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