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„Es ist eine beklagenswerte Tatsache, dass die Erwerbsbeteiligung von Alleinerziehenden im vergangenen Jahrzehnt trotz des Ausbaus der Kinderbetreuungsinfrastruktur zurückgegangen ist“, sagte Finanzminister Christian Lindner (FDP).

© Imago/photothek/Kira Hofmann

Linke wirft Finanzminister Lüge vor: Entgegen Lindners Aussage steigt der Anteil der arbeitenden Alleinerziehenden offenbar

Der Finanzminister hatte behauptet, in den vergangenen zehn Jahren sei die Quote der erwerbstätigen Alleinerziehenden gesunken. Das widerspricht einem Medienbericht zufolge den Fakten.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte Ende August bei der Vorstellung des Gesetzes zur Kindergrundsicherung behauptet, heute seien weniger Alleinerziehende erwerbstätig als vor zehn Jahren. Diese Aussage war offenbar falsch, wie das Redaktionswerk Deutschland (RND) unter Berufung auf Zahlen des Bundesarbeitsministeriums berichtet.

Demnach waren im Jahr 2013 mit 1,147 Millionen 71,1 Prozent der Alleinerziehenden erwerbstätig. Im vergangenen Jahr waren es mit 1,157 Millionen sogar 74,9 Prozent. Unter die Quote von 2013 ist der Anteil in keinem Jahr zurückgegangen.

Damit ist eine Aussage Lindners widerlegt, der bei der Vorstellung des Gesetzes zur Kindergrundsicherung am 28. August in Berlin gefordert hatte, dass die „Erwerbsbeteiligung“ von Alleinerziehenden „gestärkt“ werden müsse.

„Wir wollen einerseits die materielle Situation Alleinerziehender verbessern, aber anderseits nicht zusätzliche Anreize geben, sich nicht um Arbeit zu bemühen. Es ist eine beklagenswerte Tatsache, dass die Erwerbsbeteiligung von Alleinerziehenden im vergangenen Jahrzehnt trotz des Ausbaus der Kinderbetreuungsinfrastruktur zurückgegangen ist“, sagte der Finanzminister vergangene Woche.

Linke wirft Lindner Lüge vor

Die Sprecherin für Frauen-, Kinder- und Jugendpolitik der Linksfraktion im Bundestag, Heidi Reichinnek, wirft Lindner nun vor, nicht die Wahrheit gesagt zu haben: „Finanzminister Linder hat ganz bewusst gelogen“, sagte Reichinnek dem RND und fügte hinzu: „Natürlich weiß er, wie die wirklichen Zahlen sind – und die sind in den letzten zehn Jahren gestiegen. Aber er wollte hier ganz klar Stimmung gegen die Kindergrundsicherung auf dem Rücken der Alleinerziehenden machen.“

Auch die Interessensvertretung AGIA, zu der unter anderem der Sozialdienst katholischer Frauen (SKF) und der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) gehören, hatte erklärt, Alleinerziehende bräuchten keine höheren „Erwerbsanreize“, wie Finanzminister Lindner es glauben machen wolle, sondern bessere Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit.

Es dürfe deshalb keine Änderungen im Gesetz zum Unterhaltsvorschuss geben. Nach derzeitigen Planungen soll das Alter des Kindes von zwölf auf sechs Jahre herabgesetzt werden, ab dem Alleinerziehende mindestens 600 Euro Erwerbseinkommen haben müssten, um einen Unterhaltsvorschuss zu erhalten.

Lindner geht davon aus, dass die Kindergrundsicherung zeitnah vom Kabinett beschlossen wird. Wie der Minister in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“ am späten Donnerstagabend sagte, könnte ein entsprechendes Gesetz in der anstehenden Sitzung der Regierung in der kommenden Woche auf der Tagesordnung stehen. Politisch gebe es keinen Dissens, so Lindner.

Vermutungen, wonach noch nicht alle offenen Fragen zu dem Thema beantwortet seien, wies der Minister zurück und erklärte: „Die technischen Umsetzungsfragen werden von den Beamten und Beamtinnen gelöst.“ Um die Kindergrundsicherung hatte es monatelang Streit zwischen Lindner und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Die Grünen) gegeben. Paus hatte das von Lindner vorgelegte Wachstumschancengesetz im Kabinett blockiert. (lem)

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