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Bundesfinanzminister Christian Lindner am Dienstag bei seiner Rede im Bundestag.

© Reuters/Annegret Hilse

Ein einsamer Finanzminister? : Warum der Bundeshaushalt 2024 für die FDP so wichtig ist

Sehr selbstbewusst hat FDP-Chef Christian Lindner im Bundestag die etatpolitische Trendwende angekündigt. Doch wie weit folgen ihm SPD und Grüne?

Ist Christian wirklich allein zu Haus? Der CDU-Haushaltspolitiker Mathias Middelberg hat am Dienstag die Auftaktrede des FDP-Bundesfinanzministers in den Etatberatungen des Bundestags aufmerksam verfolgt und auch geschaut, wo sich die Hände zum Applaus gerührt haben.

Erwartungsgemäß hat Middelberg in seiner Rede Beifall vor allem bei der FDP konstatiert. Weniger allerdings bei SPD und Grünen. Daher also das implizite Fazit Middelbergs: Lindner hat die Koalition gar nicht hinter sich. Wird es also weiter Streit geben um den Bundeshaushalt für 2024? Weniger mit der Opposition, sondern intern in den Regierungsfraktionen?

Die Ampel-Redner nach Lindner haben die Karten bedeckt gehalten. Aber ein bisschen Lust an Veränderung schien doch durch. Der Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler stellte mit Blick auf das Wachstumschancengesetz (das parallel zum Etat beraten wird und als Steuergesetz natürlich Auswirkungen auf die Haushaltslage haben wird) fest: Die Grünen unterstützten das Gesetz Lindners.

Aber man werde im weiteren Verfahren darauf achten, wo statt echten Anreizen für Neuanschaffungen nur Mitnahmeeffekte zu erwarten seien oder wo sich nur die Gewinne der Unternehmen erhöhen könnten, ohne weiteren Effekt für das eigentliche Ziel, nämlich mehr Investitionen.

Wer den Ausstieg aus der Krisenpolitik nicht findet, der gefährdet dauerhaft die Stabilität unseres Gemeinwesens.

Christian Lindner, Bundesfinanzminister

Das Parlament ist jetzt an der Reihe, die Fraktionen haben von der Regierung den Stab übernommen. Gelingt das Verändern des Etatentwurfs geräuschlos, weil es eher im Kleinen bleibt? Oder gerät das Haushaltsverfahren der Ampel zur nächsten größeren Streitaktion?

Lindner selbst hat am Dienstag sehr selbstbewusst seine Vorlage als Trendwende dargestellt, weg vom großen Unterstützen der vergangenen Jahre, als Ausstieg aus der Krisenpolitik. Die Erwartungshaltung an den Staat sei groß geworden – nun, so das Credo des FDP-Chefs, müsse wieder der Ausgleich zwischen „Staat und privat“ kommen. Und eine Politik, die nicht auf mehr neuen Schulden aufbaut.

Der eigentliche Gegner der FDP sitzt natürlich nicht in der Koalition. Lindners Ziel ist es, seine Partei im Wirtschaftsbürgertum als die bessere Union zu verkaufen. Genau dies aber kann die Widerstände bei SPD und Grünen stärker werden lassen. Der Etat für 2024 ist der eigentliche Wahlkampfetat der Freien Demokraten mit Blick auf die Bundestagswahl 2025.

Mit diesem Etat wollen sie beweisen, dass Konsolidierung nur mit ihnen geht. Wo doch die CDU nun sogar den höheren Spitzensteuersatz nicht mehr ausschließt.  

Wichtiger Etappenpunkt

Nur gilt das eben auch für SPD und Grüne. Auch sie sehen im Etat für das kommende Jahr einen wichtigen Etappenpunkt für die Wahl 2025. Daher die Hartnäckigkeit der Grünen bei der Kindergrundsicherung, im Wettstreit mit der Sozialpartei SPD. Daher der Drang der Sozialdemokraten zum Industriestrompreis, denn Arbeiter- und damit Industriepartei sind sie schon auch noch.

Aber Lindner und die FDP wollen wenig gönnen im weiteren Etatverfahren. Nicht umsonst hat der Finanzminister zuletzt häufiger betont, dass es ja gar kein Sparhaushalt sei, den er da zu verantworten hat. Um 25 Prozent höher als im letzten „Normaljahr“ 2019 lägen die Bundesausgaben im kommenden Jahr, rechnete Lindner am Dienstag vor.

Die Investitionsquote sei von zehn auf zwölf Prozent gestiegen. Aber mehr soll nicht sein. Schon gar kein Konjunkturprogramm auf Pump – was Grüne und SPD nicht ganz so strikt sehen.  

Das Ruder herumgerissen zu haben – das soll für das Marketing der FDP in zwei Jahren ein entscheidendes Werbeargument sein. Und so wird es wohl doch einen monatelangen Abwehrkampf im Bundestag geben.

Dabei wird ein Termin für beide Seiten wichtig: Im November wird der Arbeitskreis Steuerschätzung seine neuen Berechnungen vorlegen. Angesichts der aktuellen Wachstumsschwäche ist mit geringeren Einnahmen im Vergleich zur bisherigen Planung zu rechnen – andererseits dürfte die Inflation den Effekt etwas ausgleichen.

Fällt das Minus deutlich aus, sind heftigere Bewegungen in der Ampel nicht auszuschließen. Denn dann hat man ein Loch, das binnen weniger Wochen gestopft werden muss, will man den Etat fristgerecht zum Jahresende unter Dach und Fach haben.

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