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Wirtschaftsminister Habeck am Freitag beim EU-Energieministertreffen in Brüssel

© Foto: AFP/John Thys

Update

Treffen der Energieminister: EU will Steigerung der Energiepreise bremsen

Robert Habeck und seine EU-Amtskollegen suchen nach Wegen zur Drosselung der hohen Energiepreise. Dabei wirbt der deutsche Ressortchef für eine Modifizierung bestehender EU-Regelungen.

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Als Robert Habeck (Grüne) am Freitag in Brüssel eintrifft, wartet ein ganzes Sammelsurium von Vorschlägen auf den Bundeswirtschaftsminister. Darunter sind die Abschöpfung der Zufallsgewinne von Energieerzeugern, eine Entkopplung des Strom- und Gaspreises und nicht zuletzt ein Preisdeckel für Gas aus Russland.

All diese Optionen, die Robert Habeck und seine EU-Amtskollegen beim Energieministertreffen erörtern, könnten helfen, die hohen Energiepreise zu senken. Letztlich geht es bei dem Treffen darum, rechtzeitig vor dem Winter einen Plan für die EU zur Drosselung der hohen Gas- und Strompreise zu entwickeln.

Dass der Winter für die EU und ihre Mitgliedstaaten zu einer harten Prüfung werden könnte, macht zu Beginn des Treffens die estnische Energieministerin Riina Sikkut deutlich. Die Temperaturen in Estland könnten im Winter auf bis zu minus 30 Grad absinken, sagt sie. Dennoch befürwortet Estland einen möglichen Preisdeckel für russisches Gas, wie ihn auch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am vergangenen Mittwoch ins Gespräch gebracht hat. Die russische Forderung, erst bei einer Rücknahme der Sanktionen die Gaslieferungen wieder aufzunehmen, sei „Erpressung“, fügt Sikkut hinzu.

Allerdings wäre ein Preisdeckel für russisches Gas gewissermaßen das schärfste Schwert, das die EU gegebenenfalls im Wirtschaftskrieg mit Moskau ziehen könnte. Erschwerend kommt hinzu, dass Ungarns Regierungschef Viktor Orbán einen solchen Preisdeckel ablehnt, weil er befürchtet, dass Russlands Präsident Wladimir Putin im Gegenzug dann sämtliche Gaslieferungen nach Europa einstellt.

Ungarns Regierungschef Viktor Orbán lehnt einen Preisdeckel auf russische Gaslieferungen ab.

© Foto: AFP/Evgenia Novozhenina/Pool

Aus diesem Grund erörterten die EU-Energieminister am Freitag auch die Option, sämtliche Gasimporte in die EU - und nicht nur diejenigen aus Russland - mit einem Preisdeckel zu versehen.

Auf dem Tisch der Energieminister lagen auch mehrere Vorschläge, um die hohen Strompreise in der EU zu drosseln. Habeck sagte nach dem Treffen, dass die EU-Kommission beauftragt worden sei, einen Vorschlag vorzulegen, der eine Senkung der Preise sicherstelle. Derzeit richtet sich der Strompreis nach dem am teuersten produzierende Kraftwerk, gegenwärtig sind das Gaskraftwerke. Die Folge: Die derzeit hohen Gaspreise führen automatisch auch zu einer hohen Stromrechnung.

„Wir müssen die Preise runterbringen“, sagte Habeck. Nach seinen Vorstellungen dürfen künftig günstige Erzeuger wie etwa Produzenten erneuerbarer Energien „nicht mehr automatisch den höchsten Preis“ erzielen, erläuterte Habeck. Gleichzeitig müsse aber das „Marktdesign unangetastet“ bleiben, sagte der Wirtschaftsminister weiter.

In Brüssel wurde auch die Option diskutiert, die sogenannten Zufallsgewinne der Energieproduzenten abzuschöpfen, die billiger Strom erzeugen – etwa aus Wind, Sonne oder Atomkraft – und ihn angesichts der Krise im Moment sehr teuer verkaufen können. Ein Teil dieser Gewinne könnte für die Entlastung der Verbraucher genutzt werden. Laut einem ersten Entwurf der EU-Kommission könnte die Einnahmengrenze bei 200 Euro pro Megawattstunde gesetzt werden.

Einnahmegrenze von 200 Euro pro Megawattstunde

Das wäre etwa die Hälfte des gegenwärtigen Strompreises auf dem deutschen Großhandelsmarkt, der zuletzt etwa 440 Euro pro Megawattstunde betrug. Eine solche Abschöpfungs-Lösung würde nach den Worten von Habeck zum Tragen kommen, falls es auf europäischer Ebene nicht gelinge, die gegenwärtige Kopplung von Strom- und Gaspreis aufzubrechen.

Falls es zu lange dauert, machen wir eine Abschöpfungsabgabe.

Wirtschaftsminister Robert Habeck

Habeck betonte, dass Deutschland eine europäische Lösung suche, machte allerdings deutlich, sollte das nicht rasch gelingen, auch ein nationaler Weg möglich wäre. „Falls es zu lange dauert, machen wir eine Abschöpfungsabgabe, nehmen also die Gewinne bei den hohen Preisen und geben sie an die Verbraucherinnen und Verbraucher zurück“, sagte der Wirtschaftsminister. Ziel sei es, die Gewinne für das laufende Wirtschaftsjahr noch zu „erwischen“.

Habeck machte auch noch einmal deutlich, dass er einem Preisdeckel direkt auf die Verbraucherpreise für das völlig falsche Signal hält. Das halte die Menschen nicht zu Sparen an, erklärte er. Das würde auch nicht dem Willen der EU-Kommission entsprechen, die die Mitgliedstaaten auffordert, ihren Stromverbrauch um zehn Prozent pro Monat zu drosseln, gemessen am durchschnittlichen Verbrauch der vergangenen fünf Jahre.

Die gegenwärtige tschechische EU-Ratspräsidentschaft machte deutlich, dass die Zeit dränge. Tschechien will bis Ende September eine Einigung auf europäische Maßnahmen gegen die hohen Energiepreise erzielen. „Ich erwarte den Vorschlag (der EU-Kommission) in einigen Tagen und ich will bis Ende des Monats Klarheit haben“, sagte der tschechische Industrieminister Jozef Síkela, der am Freitag den EU-Energieministerrat in Brüssel leitete. „Ich befürchte, wenn wir keine Lösung finden, die ein klares Signal sendet, dann wird es nicht genug Energie zu bezahlbaren Preisen geben.“ Man müsse schnell und gemeinsam handeln.

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