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Planen ein Paket für die Wirtschaft: In Meseberg (das Foto stammt von der vorigen Klausurtagung im März) wollen Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner zu Entscheidungen kommen.

© imago/Chris Emil Janßen

Vor der Kabinettsklausur in Meseberg: Ampel gibt Wirtschaft sieben Milliarden Euro mehr

Scholz, Habeck und Lindner wollen Impulse setzen: Mit dem Wachstumschancengesetz werden nun Entlastungen von 32 Milliarden Euro angestrebt.

Angesichts der Konjunkturflaute in Deutschland will die Bundesregierung bei ihrer Kabinettsklausur in Meseberg an diesem Mittwoch ein Paket auf den Weg bringen, „um Wirtschaft und Wachstum zu stärken“. Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) veröffentlichten dazu am Dienstag ein Papier mit „zehn Punkten für den Wirtschaftsstandort Deutschland“.

Kern des Pakets, zu dem bereits getroffene Maßnahmen wie die Aufstockung des Klima- und Transformationsfonds gehören, ist das von Lindner vorgelegte Wachstumschancengesetz. Dies war vor zwei Wochen von der Tagesordnung des Kabinetts genommen worden, nachdem Familienministerin Lisa Paus (Grüne) einen Vorbehalt dagegen eingelegt hatte.

Nun hat Lindner einen neuen Entwurf vorgelegt, der dem Tagesspiegel vorliegt. Die Entlastungswirkung für die Wirtschaft – gemessen an den Mindereinnahmen des Staates durch die Maßnahmen – steigt demnach auf 32,4 Milliarden Euro bis 2028. Im ersten Entwurf hatte sie noch bei 25,4 Milliarden Euro gelegen.

Diese Erhöhung um sieben Milliarden Euro liegt weitgehend an zwei zusätzlichen steuerlichen Maßnahmen, die nun im revidierten Entwurf enthalten sind. Die eine ist die Einführung einer befristeten degressiven Abschreibungsmöglichkeit für die Bauwirtschaft.

Mit der Abschreibungsmöglichkeiten für Wohngebäude will die Regierung ihrem bisher verfehlten Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr näherkommen. Sie könnte den Staat rund eine halbe Milliarde Euro pro Jahr kosten. Außerdem wird – ebenfalls befristet – die Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter verbessert.

Nach dem Eklat vor der Kabinettssitzung vor zwei Wochen hatte Lindner durchblicken lassen, dass er den Entwurf für das Wachstumschancengesetz nicht abspecken werde, sondern in der ursprünglichen oder aber einer erweiterten Form nochmals ins Kabinett einbringen werde.

Mehr für Wohnungsbau

Die Abschreibungen für Wohngebäude gehen auf eine Forderung von Wohnungsbauministerin Klara Geywitz (SPD) zurück. Die Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter hatte Habeck ursprünglich bereits gutgeheißen, war aber bei den Grünen auf Bedenken gestoßen.

Der Gesetzentwurf Lindners sieht außerdem eine Stärkung der steuerlichen Forschungsförderung, verbesserte steuerlichen Verlustabzüge und die Einführung einer Freigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung vor.

Bundesrat muss zustimmen

Geplant ist eine Investitionsprämie, eine gewinnunabhängige steuerliche Investitionszulage für Klimaschutz-Investitionen zur Steigerung der Energieeffizienz. Der Schwellenwert zur Befreiung von der Abgabe von vierteljährlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen soll von 1000 Euro auf 2000 Euro verdoppelt werden.

Die Mindereinnahmen in Höhe von 32,5 Milliarden Euro (sie sind eine Schätzung) teilen sich Bund, Länder und Kommunen. Auf den Bund entfallen dabei bis 2028 etwas mehr als zwölf Milliarden Euro. Die Länder hätten 11,4 Milliarden Euro zu tragen, die Kommunen gut neun Milliarden. Das Gesetz kann nur mit der Zustimmung des Bundesrats in Kraft treten.

FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer sagte dem Tagesspiegel mit Blick auf den Entwurf: „Wir dürfen hier aber nicht haltmachen, denn Steuern, Abgaben und Bürokratie sind grundsätzlich zu hoch.“ Mit dem Wachstumschancengesetz sei der erste Schritt getan, aber weitere müssten folgen. „Wenn wir die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands auf allen Ebenen erhöhen, schaffen wir mehr Aufstiegschancen, sichere Arbeitsplätze und damit mehr Wohlstand für alle.“

Ende des Streits?

Nach monatelangen internen Streitigkeiten will Scholz die Ampel-Regierung bei der Kabinettsklausur in Meseberg wieder auf Kurs bringen. Als zentrale Themen der bis Mittwoch dauernden Beratungen nannte er die Stärkung der Wirtschaft, Bürokratieabbau und Digitalisierung. Scholz sieht eine „sehr erfolgreiche Leistungsbilanz“ seiner Regierung. Es sei „natürlich gut, wenn alle mit ihren Kommunikationsstrategien dazu beitragen“, sagte er. 

In dem Zehn-Punkte-Papier der drei Koalitionsspitzen steht das von Lindner eingebrachte Zukunftsfinanzierungsgesetz an zweiter Stelle. In ihm geht es um bessere Bedingungen für Start-ups. Zur Entbürokratisierung von Vergabeverfahren und Genehmigungen wird vermerkt, dass der Bund sich derzeit mit den Ländern auf einen „Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“ zu verständigen versucht.

Zusätzlich dazu will Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) in Meseberg Eckpunkte für ein Bürokratieentlastungsesetz vorlegen, das Teil des Wirtschaftspaketes sein soll.

Die Einführung eines Industriestrompreises – von Habeck schon länger und seit Montag auch von der SPD-Bundestagsfraktion gefordert – steht nicht in dem Papier. Der Begriff findet sich dort gar nicht, wohl aber der Satz: „Klar ist, dass eine Dauersubvention keine Lösung ist.“ Das lässt Spielraum für eine zeitlich begrenzte Lösung. „Alle Entscheidungen sind im Lichte der zukünftigen Strompreise und des Strommarktdesigns zu treffen.“

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