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Der FDP-Politiker Johannes Vogel hat noch Einwände bei der Kindergrundsicherung.

© picture alliance/dpa/Michael Kappeler

FDP stellt neue Bedingungen: Beschluss der Kindergrundsicherung könnte sich weiter verzögern

Johannes Vogel, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP, stellt neue Bedingungen für die Kindergrundsicherung. Somit geht das Warten womöglich weiter.

Die FDP hat den gerade erst befriedeten koalitionsinternen Streit um die Kindergrundsicherung neu entfacht. Johannes Vogel, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, hat für das weitere Gesetzgebungsverfahren neue Bedingungen formuliert.

Insbesondere geht es ihm um die Frage der Erwerbsanreize. „Wer arbeitet, muss immer mehr haben als jemand, der das nicht oder weniger tut“, sagte Vogel am Donnerstag. In den kommenden Wochen würden zu diesem Thema Ergebnisse einer wissenschaftlichen Kommission erwartet, die von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil beauftragt worden sei – wie im Koalitionsvertrag verabredet .

Der Zeitplan gerät weiter unter Druck

Es gehe darum, im gesamten Sozialstaat die Arbeitsanreize zu verbessern. „Wir können die Kindergrundsicherung erst dann im Bundestag beschließen, wenn auch die Ergebnisse dieses Forschungsauftrages vorliegen und eingearbeitet sind“, sagte Vogel. Zuerst hatte die FAZ berichtet.

Damit gerät der bereits jetzt sehr knappe Zeitplan für die Kindergrundsicherung weiter unter Druck. Weil unter dem Dach der Bundesagentur für Arbeit mit enormem Aufwand Software programmiert werden muss, steht ohnehin infrage, ob die Kindergrundsicherung wie von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) gewünscht zu Beginn des Jahres 2025 eingeführt werden kann. Die Arbeit an der Software kann erst beginnen, wenn endgültig klar ist, wie die Kindergrundsicherung im Detail ausgestaltet ist.

Außerdem verknüpft Vogel die gewünschte Einigung bei der Kindergrundsicherung mit einer Entlastung für Steuerzahler. Die Regelsätze im Bürgergeld seien zuletzt aufgrund der hohen Inflation deutlich gestiegen. Vogel fordert, analog müssten zum 1. Januar 2024 auch der steuerliche Grundfreibetrag und der Kinderfreibetrag stärker steigen als bisher geplant. Darüber hinaus regt er einen „Tarif auf Rädern“ an, bei dem Freibeträge und Steuersätze automatisch an die Preisentwicklung angepasst werden.

Drittens macht Vogel klar, dass sich die Koalition noch Zeit für inhaltliche Debatten nehmen muss – wohl auch vor dem Hintergrund, dass bestimmte Punkte im bisherigen Dauerstreit untergingen. „An Lisa Paus’ Gesetzentwurf haben wir als Parlamentarier noch viele offene Fragen, etwa ob Bürokratie wirksam abgebaut wird, die neue Administration und Behördenaufteilung so wirklich funktioniert und ob die Digitalisierung und das Kinderchancenportal ehrgeizig genug vorangetrieben werden“, sagte er.

Geplant ist bisher ein Beschluss im Bundestag Mitte Dezember oder Mitte Januar sowie im Bundesrat Anfang Februar. Allerdings ist die Ampel-Koalition im Bundesrat auf Stimmen aus Ländern mit Regierungsbeteiligung der Union angewiesen. Das könnte sich noch als große Hürde für das Projekt erweisen, umfangreiche Änderungen an den bisherigen Plänen bis hin zu einer Blockade sind denkbar.

So reagieren SPD und Grüne

Bei den Koalitionspartnern trafen Vogels Äußerungen am Donnerstag auf ein gemischtes Echo. Die SPD-Familienpolitikerin Leni Breymaier sagte dem Tagesspiegel: „Wir alle, Familienpolitiker, Sozialpolitiker und Finanzpolitiker, arbeiten intensiv an der Kindergrundsicherung. Sie ist kein einfaches Unterfangen. Für die Weltuntergangsstimmung von Herrn Vogel besteht allerdings keinerlei Anlass. Alle wollen, dass die Kindergrundsicherung gelingt, auch die FDP. Sie nun infrage zu stellen ist nicht klug.“

Grünen-Bundestagsabgeordnete Nina Stahr

© picture alliance/dpa/Annette Riedl

Aus Kreisen der Grünen-Bundestagsfraktion hieß es, die FDP scheine vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen am Sonntag nervös. Offiziell äußerte sich Nina Stahr, federführende Abgeordnete für die Kindergrundsicherung. „Natürlich werden wir uns im parlamentarischen Verfahren die Punkte aller Ampelparteien anschauen und diese untereinander besprechen, das ist in jedem Gesetzgebungsverfahren so üblich und wird natürlich auch dieses Mal so sein“, sagte sie. Stahr zeigte sich optimistisch: „Wir haben uns als Ampel auf die Kindergrundsicherung als wichtiges sozialpolitisches Projekt geeinigt und ich bin zuversichtlich, dass wir das jetzt gemeinsam weiter vorantreiben.“

Die Grundsatzeinigung der Koalition hatten Familienministerin Paus, Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) Ende August gemeinsam vorgestellt. Nach monatelangem Ringen um die Rahmendaten hatte sich Lindner weitgehend durchgesetzt mit seiner Linie, dass es keine umfassende Erhöhung der Transferleistungen geben wird.

In der Kindergrundsicherung sollen verschiedene staatliche Leistungen gebündelt werden, insbesondere Kindergeld und Kinderzuschlag sowie Bürgergeld und Sozialhilfe für Kinder. Die Union und in Teilen auch die Kommunalen Spitzenverbände fürchten, die Kindergrundsicherung werde zu gigantischem bürokratischen Aufwand ohne reale Verbesserungen für Familien führen.

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