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02.11.2022, Israel, Jerusalem: Der Vorsitzende der Likud-Partei und ehemalige israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gibt neben seiner Frau Sara Netanjahu eine Erklärung ab, nachdem die Auszählung der israelischen Parlamentswahlen 2022, der fünften Parlamentswahl in nur dreieinhalb Jahren, abgeschlossen ist. Die konservative Likud-Partei hat bei den israelischen Parlamentswahlen den Prognosen zufolge, die sich auf Exit Polls stützen, die Nase vorn. Foto: Ilia Yefimovich/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa / Ilia Yefimovich

Zurück an der Macht: Netanjahu bildet die nächste Regierung Israels

Staatspräsident Herzog beauftragte den 73-Jährigen mit der Regierungsbildung. Bei der Parlamentswahl hatte das rechts-religiöse Parteienlager, das Netanjahu unterstützt, eine Mehrheit erzielt.

Er hat es noch einmal geschafft. Nach 17 Monaten in der Opposition kehrt Israels früherer Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zurück an die Macht. Staatspräsident Yitzhak Herzog beauftragte den 73-Jährigen gestern mit der Regierungsbildung. Bei der Parlamentswahl am 1. November hatte das rechts-religiöse Parteienlager, das Netanjahu unterstützt, eine Mehrheit von 64 der 120 Mandate erzielt.

Ein „Premierminister für alle“ werde er sein, versprach Netanjahu gestern. Obgleich es unter Israelis Meinungsverschiedenheiten gebe, seien sie alle Brüder, „bestimmt dazu, Seite an Seite zu leben“.

Dass der versöhnliche Tonfall seine Gegner beruhigt, ist jedoch nicht zu erwarten. Im Gegenteil: Netanjahus voraussichtlichen neuen Partner haben sich mit radikalen Forderungen gemeldet, die das Potenzial haben, das tief polarisierte Land weiter zu spalten – und Israels Beziehungen zur Außenwelt zu beeinträchtigen.

Wegen anti-arabischer Hetze verurteilt

Zweitstärkste Kraft in der mutmaßlichen neuen Koalition wird der Religiöse Zionismus mit 14 Mandaten sein. Dessen Vorsitzender Bezalel Smotrich bezeichnet sich als „stolzer Homophober“; seine Nummer Zwei, Itamar Ben-Gvir, wurde in der Vergangenheit wegen anti-arabischer Hetze verurteilt.

Die beiden fordern eine weitreichende Reform des israelischen Justizsystems. Bislang kann der Oberste Gerichtshof des Landes Beschlüsse des Parlaments für ungültig erklären, wenn diese den Grundgesetzen widersprechen. Dieses Privileg des Gerichtshofs wollen Smotrich und Ben-Gvir abschaffen. Rechtsexperten vom Israel Democracy Institute, einer liberalen Denkfabrik, warnen vor einer „Tyrannei der Mehrheit“.

Überdies beansprucht Smotrich das Amt des Verteidigungsministers für sich. Smotrich ist ein leidenschaftlicher Unterstützer der umstrittenen Siedlungen im Westjordanland und fordert ein härteres Vorgehen gegenüber den Palästinensern.

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Sitze hat die neue Regierung

Ein Vertreter der israelischen Armee warnte kürzlich unter dem Schutz der Anonymität davor, ihm das Verteidigungsministerium zu überlassen. Die Lage im Westjordanland sei sehr sensibel, sagte der Mann gegenüber der Jerusalem Post. Smotrich könnte dort „eine Eskalation herbeiführen. Das ist eine echte Bedrohung“.

Zudem könnte die neue Regierung die für Israel so wichtige Beziehung zu den USA beeinträchtigen. Der demokratische US-Senator Robert Menendez, eigentlich als Unterstützer Israels bekannt, soll Netanjahu gewarnt haben, Smotrich und Ben-Gvir als Minister einzusetzen, wie die Nachrichtenseite Axios berichtete.

Doch die Pläne der Religiösen Zionisten richten sich nicht nur gegen Palästinenser. Gegenüber einem israelischen Radiosender verkündete Ben-Gvir gestern eine weitere Forderung: Wenn es nach ihm geht, sollen Menschen, die in einer liberalen jüdischen Gemeinde zum Judentum übergetreten sind, nicht mehr vom israelischen Staat als jüdisch anerkannt werden. Damit dürften sie nicht mehr von dem Recht auf Rückkehr Gebrauch machen, dass Juden aus aller Welt das Recht auf Einwanderung nach Israel gewährt.

Allein streng orthodoxe Konversionen soll der Staat zukünftig akzeptieren. Mit dieser Forderung dürfte Ben-Gvir die große Mehrheit der jüdischen Diaspora gegen sich aufbringen. In den USA etwa haben die liberalen jüdischen Strömungen erheblich mehr Mitglieder als die orthodoxen.

In der Vergangenheit waren nicht-orthodoxe Übertritte für Netanjahu durchaus akzeptabel: Seine zweite Frau Fleur Cates konvertierte in einer liberalen US-Gemeinde. Ob er sich daran erinnert in einem Moment, da die Rückkehr an die Macht zum Greifen nahe ist, bleibt indes abzuwarten.

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